Syrischer Asylbewerber in München:Rettungseinsatz an einem Baukran

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Dramatische Szenen bei hitzigen Temperaturen: Nach stundenlangem Bangen wurde gestern ein Asylbewerber von einem Münchner Kran geborgen. Er hatte gedroht, sich in die Tiefe zu stürzen, wenn seine Familie nicht zu ihm nach Deutschland kommen darf.

Ein Asylbewerber, der seine Familie nach Deutschland holen will, hat am Montag stundenlang auf einem Kran hoch über München ausgeharrt. Der Syrer habe angekündigt, sich in die Tiefe zu stürzen, wenn seine Frau und seine Kinder nicht nach Deutschland nachkommen dürften, teilte die Polizei mit. Beamte eines Sondereinsatzkommandos (SEK) überwältigten ihn am späten Abend und brachten ihn in Sicherheit.

Bei Temperaturen von 30 Grad blieb der 31-Jährige mehrere Stunden in über 20 Metern Höhe - seit dem frühen Morgen ohne Essen und vor allem ohne Wasser. Alle Angebote habe er abgelehnt, sagte der Sprecher. In der Sommerhitze war deshalb zu befürchten, dass der Mann irgendwann zusammenbrechen würde. Ein Rettungswagen stand bereit. Sprungkissen konnten nicht ausgelegt werden - unter dem Kran sind Wohnhäuser und eine Baustelle.

Nach Informationen der SZ war der Mann seit zwei bis drei Wochen im Flüchtlingsheim an der Baierbrunner Straße untergebracht gewesen, in den vergangenen Tage lebte er in der Bayernkaserne - getrennt von seiner Familie, die derzeit in Ägypten ist. Seine Frau wartete am Montag mit mehreren Kindern des Paares vor der Deutschen Botschaft in Kairo.

Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte, dass die Familie dort ein Visum beantragt hat. Um das durchzusetzen, kletterte der Mann nach Angaben der Polizei vor 7 Uhr morgens auf den Kran an einer Baustelle an der Ecke Wolfratshauser Straße/Boschetsrieder Straße. Die Einsatzkräfte sperrten das Gelände für den Verkehr ab, Psychologen und Dolmetscher verhandelten auf Arabisch mit dem Mann - vergeblich. Nach Angaben der Münchner Polizei wurde er gegen 23.30 Uhr von SEK-Beamten in der Kranführerkabine überwältigt, in die er sich zurückgezogen hatte. Er leistete erheblichen Widerstand, blieb aber unverletzt.

Anmerkung der Redaktion: Wir haben uns entschieden, in der Regel nicht über Selbsttötungen oder Versuche dessen zu berichten, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Die Berichterstattung gestalten wir deshalb bewusst zurückhaltend, wir verzichten weitgehend auf Details. Der Grund für unsere Zurückhaltung ist die hohe Nachahmerquote nach jeder Berichterstattung über Suizide.

Wenn Sie sich selbst betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge. Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.

© Süddeutsche.de/dpa/dgr/ffu/tba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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