Symbolik:Schweine mischen überall mit

Es geht ums Fressen und ums Provozieren, um Empörung und Belustigung: Was sich mit der Sau alles anstellen und ausdrücken lässt.

Schwein gehabt!

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(Foto: N/A)

Die Welt ist doch gerecht, zumindest im Schlaraffenland, wie es sich Pieter Bruegel der Ältere (1525-1569) ausmalt. Auf dem wohl berühmtesten Anti-Diät-Gemälde der Kunstgeschichte, das heute in der Alten Pinakothek hängt, ist ein rösch durchgebratenes Spanferkel den drei Fresssäcken, die da verdauend unterm Baum schnarchen, offensichtlich gerade noch rechtzeitig vom Teller gesprungen und trippelt nun rasch aus dem rechten Bildhintergrund. Für seine weitere Zukunft aber möchten wir nicht die Hand ins Feuer legen, denn wie schrieb doch Hans Sachs 1530 in seinem Gedicht "Schlauraffenland" über die Schweine dort: "Jedes hat ein Messer im Rück', damit schneid't man sich ab ein Stück`". czg

"Gut' Sau"

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(Foto: oh)

Die Sau beim Schafkopfen ist genaugenommen eine Provokation. Sie sticht zum Beispiel den gleichfarbigen König und ist mehr als doppelt so viele, spielentscheidende Punkte wert wie dieser. Und das im Königreich Bayern, in dem das Spiel vermutlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand. Vielleicht ist das ja auch der Grund, warum die Könige auf den Spielkarten gar so teilnahmslos schauen. Wer lässt sich als Herrscher schon gerne von einem spärlich bekleideten Armor (Herz-Sau), einem prostenden Jungen auf einem Holzfass (Eichel-Sau), einem Blumengesteck (Gras-Sau) und einem Wildschwein, das bei der Treibjagd von einem Hund angefallen wird (Schellen-Sau), übertrumpfen. Außerdem entscheidet sich bei einem regulären "Rufspiel" durch die Farbsauen, wer mit wem zusammenspielt. Mit Glück trifft man die richtige Sau, mit Pech nicht. Daher fürs kommende Jahr: "Gut' Sau". kors

Saufrisch

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wenn Thomas Eder von "zweimal g'schoben" spricht, dann geht es nicht ums Eisstockschießen, sondern um die Kunst des Bratens. Der 35-Jährige sorgt seit sieben Jahren zusammen mit Franz Schmuck als Besitzer der Traditionsgaststätte "Weinbauer" in Altschwabing dafür, dass in der Küche stets ein guter Schweinbraten im Ofen bruzzelt. Besser: dass zweimal am Tag eine Drei-Kilo-Schweineschulter in den Ofen geschoben wird - und so wird, wie sie sein soll, zart und krustig. Über Nacht wird das besondere Stück Sau mariniert. Wie, das wird nicht verraten, sei aber, wie Eder sagt, das Wichtigste überhaupt. Dann bei 160 Grad 90 Minuten braten, und am Schluss noch mal zwanzig Minuten bei 240 Grad. Sechs bis acht Braten - nur echt mit Krautsalat - verschwinden täglich in den Bäuchen der Gäste. Und wenn was übrig bleibt, macht man im Weinbauer einfach kalten Braten für den Brotzeitteller draus. Immer "frisch schieben" ist ein bisserl das Credo von Thomas Eder. Die Folge: Er selbst isst einmal die Woche einen Schweinebraten. Und die andere Tage Semmelknödel "mit Soß'". Ach ja, es dreht sich in der Küchen noch um einen ander Sau: das Spanferkel. Auch das wird, um mit Eder zu sprechen, täglich "g'schoben". Saufrisch. ole

In schweinischer Gesellschaft

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(Foto: Matthias Horn)

Schweinkram auf den Münchner Bühnen, für die Sensiblen unter den Kulturbürgern nimmt das zuletzt ja ein wenig überhand. Was mögen sie wohl dazu sagen, wenn nun im Marstall auch noch echte Säue zu Akteuren werden? Dramaturgisch ist das vom Text abgedeckt, heißt das Stück doch "Der Schweinestall". Geschrieben hat es Pier Paolo Pasolini, der seiner Zeit ja als perverse Sau und Nestbeschmutzer galt. Womöglich weil er konsequent hinter den Vorhang seiner Gesellschaft blickte. In seinem Stück nun sind die eigentlichen Schweine die Saubermänner, Kriegsgewinnler, Mörder, Nazis. Die nächsten Vorstellungen sind am 4., 11. Und 13. Januar, Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr im Marstalltheater. Tickets unter Telefon 21 851 940. czg

Saualt

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(Foto: Tierpark Hellabrunn / Daniela Hierl / oh)

Wenn schwere Schweine mehr Glück bringen als leichte, sollte man sich an Aliantan halten, unser Glücksschwein aus Hellabrunn. Der stolze Eber brachte beim letzten Wiegen im Februar immerhin 174,4 Kilo auf die Waage, wird 2017 bereits 17 Jahre alt und ist damit eines der betagtesten Bartschweine in einem Zoo überhaupt - saualt halt. Da darf man schon mal herzhaft gähnen. Die Rasse stammt aus Südostasien, Aliantan aber lebt Zaun an Zaun mit Tapiren, Faultieren und Panzernashörnern. An Silvester wird er wohl nicht feiern, sondern den Jahreswechsel einfach verschlafen - und an Neujahr wühlen, als wäre nix passiert. re

"Rennsau"

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(Foto: Florian Peljak)

Wer der "Rennsau" hinterherjagt, landet mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwann auf dem Mariahilfplatz. Bekanntlich locken dort Maidult, Kirchweihdult und Jakobidult jährlich viele Tausend Besucher an. Was nicht ganz so viele Münchner wissen dürften: Eine Besonderheit der Jakobidult war das Scharlachrennen, das alljährlich von 1448 bis 1692 vor dem Karlstor abgehalten wurde. Das Pferderennen, vom bairischen Herzog Albrecht III. und der Stadt gemeinsam ausgeschrieben, hat seinen Namen von dem für den Sieger ausgesetzten ersten Preis - ein großes Stück scharlachroten, wertvollen, englischen Tuches. Aber auch der Letzte Reiter, der als letzter das Rennen beendete, ging nicht leer aus: Er bekam als Trostpreis ein Schwein, das als die bekannte "Rennsau" in die Umgangssprache einging. Zum letzten Mal wurde das Scharlachrennen 1786 veranstaltet, bis 1810 die Münchner Bürgerschaft dieses Rennen anlässlich der Vermählung des Kronprinzen Ludwig, des späteren König Ludwig I., mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen wieder aufleben ließen. Womit man beim Oktoberfest wäre: Bevor die "Rennsau" mit dem Scharlachrennen endgültig verschwand, fing sie der berühmte Sprachforscher Johann Andreas Schmeller aber noch ein. In seinem Bayerischen Wörterbuch schreibt er: "Ich habe Rennsau, Rennfärkel nur als Scheltworte gegen Kinder oder Weibspersonen, die zuviel herumlaufen, gehört". gru

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