Susanne Klatten:Der Coup der Dilettanten

Ein schlechter Versuch: Vier Männer aus dem Ruhrpott wollten die Milliardärin Susanne Klatten erpressen - jetzt wurden sie verurteilt.

Christian Rost

Vielleicht hatte sich die Polizei einen Scherz erlaubt mit den vier Erpressern, vielleicht stand aber wirklich gerade kein BMW M5 Sportwagen zur Verfügung, wie die Fahnder später behaupteten. Jedenfalls parkte zur geplanten Geldübergabe am Morgen des 15. Juli in der Düsseldorfer Straße in Duisburg kein nagelneuer M5, wie es gefordert worden war, sondern ein schwarzer Mercedes am Straßenrand.

Susanne Klatten

Ein erneuter Verusch, Susanne Klatten zu erpressen, wurde am Münchner Schöffengericht verhandelt.

(Foto: Foto: AP)

Im Kofferraum unter dem Reserverad waren 800.000 Euro deponiert. So viel und dazu den Wagen hatte Vladen M. von der Milliardärin Susanne Klatten verlangt, damit er nicht vermeintlich intimes Bildmaterial der BMW-Großaktionärin an die italienische Presse weitergab.

Den Wagen samt Geld holte dann niemand ab: Ob's am Fabrikat lag, dass der 43-jährige M. und seine Komplizen den Mercedes einfach stehen ließen und auf das Geld verzichteten? Den vier autovernarrten Männern aus dem Ruhrpott, drei sind gelernte KFZ-Mechaniker, wäre das glatt zuzutrauen. Oder ob ihnen mulmig wurde ob ihres dilettantisches Planes?

So jedenfalls blieb die Erpressung "im Versuch stecken", wie Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sagte, und das erwies sich letztlich als vorteilhaft für die vier Duisburger. Am Dienstag kamen drei Angeklagte am Münchner Schöffengericht mit Bewährungsstrafen davon. Nur Vladen M. muss als Drahtzieher der Erpressung dreieinhalb Jahre in Haft.

Trotz etlicher Telefonüberwachungsprotokolle und belastender Aussagen seiner Komplizen dauerte es am Dienstag Stunden, M. zu einer einigermaßen wahrheitsgemäßen Darstellung zu bewegen. Demnach war der wegen Diebstahls und Erpressung 17 Mal vorbestrafte Mann allein auf die Idee gekommen, im "Fall Klatten" als Trittbrettfahrer tätig zu werden.

In Erpresserbriefen an das Büro Klatten log er, im Besitz kompromittierender Bilder und Videos zu sein, auf denen angeblich Klatten und Helg Sgarbi zu sehen seien. Der Schweizer hatte bekanntlich zu der Milliardärin eine Liebesbeziehung aufgebaut, sie um mehrere Millionen Euro betrogen und anschließend mit intimen Aufnahmen von den Treffen erpresst.

Im März wurde Sgarbi, dem auch andere vermögende Frauen zum Opfer gefallen waren, zu sechs Jahren Haft verurteilt. Die verbüßt er in der Justizvollzugsanstalt Landsberg. Über den Verbleib des Geldes schweigt der Schweizer. Auch Teile des intimen Videomaterials sind offenbar verschwunden.

"Wie ein ganz normaler Porno"

Dies wollte sich der Duisburger Kleinkriminelle zunutze machen. M. schrieb an das Büro Klatten mehrere Briefe, die wegen ihrer Geschwätzigkeit und den sagenhaften Grammatik- und Rechtschreibfehlern kaum ernst zu nehmen gewesen wären, wenn sich nicht kurz zuvor der ebenfalls unglaubliche Fall Sgarbi abgespielt hätte. Aus Furcht, M. könnte zufällig doch über Videoaufnahmen verfügen, schaltete Klatten die Polizei ein.

Zunächst ging M. vorsichtig vor, achtete darauf, keine Fingerabdrücke auf den Briefen zu hinterlassen und besorgte sich eine Chipkarte fürs Handy, damit die Anrufe nicht zurückverfolgt werden konnten. Das gelang der Polizei aber doch, und so dauerte es nicht lange, bis die Beamten des bayerischen Landeskriminalamtes und des Duisburger Polizeipräsidiums M. und seinen Helfern auf die Spur kamen - und alle weiteren Gespräche mithörten.

"So ein Video hat es nie gegeben"

Zupass kam den Fahndern, dass sich M. am Telefon lebhaft und oft über die weitere Vorgehensweise bei der Erpressung austauschte. Vor allen seinen Kumpel Ingo J., einen 46-jährigen Arbeitslosen, weihte er in seine Pläne ein.

Weil J. das "Geschwätz" seines Freundes aber nicht richtig ernst nahm und sich am Tag der Geldübergabe lieber zu Hause in seiner Wohnung verkroch, wurde er nur wegen Beihilfe verurteilt. Die Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten wurde zur Bewährung ausgesetzt. Nedeljko M., ein Schrottplatzarbeiter, und Andreas L., auf 400-Euro-Basis für einen Sicherheitsdienst tätig, spielten als Handlanger nur Nebenrollen. Jeweils ein Jahr Haft, ausgesetzt zur Bewährung, lautete folglich das Urteil.

M. selbst wurde am Tag der geplanten Geldübergabe von Spezialkräften der Polizei aus einer Duisburger Eisdiele herausgeholt. Statt sich den Mercedes samt Geld zu besorgen, hatte er sich doch lieber dafür entschieden, den Geburtstag seiner Frau zu feiern, "damit zu Hause der Haussegen nicht schief hängt".

Das ominöse Videomaterial mit Susanne Klatten, das er je nach Aussage von einem Gefängnisinsassen oder von Unbekannten in einem Duisburger Café bekommen haben will, existiert wohl überhaupt nicht. Zwar hatte M. Szenen aus dem angeblichen Film bei der Polizei detailverliebt geschildert. Helg Sgarbi, der dazu befragt wurde, meinte aber: "So ein Video hat es nie gegeben." Ein Polizist sagte als Zeuge aus: "M.s Beschreibung passt auf einen ganz normalen Porno."

Ein anderer Klatten-Erpresser, ein 50-Jähriger aus Bochum, ist erst im September vom Amtsgericht München zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

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