Studieren in München:Studenten und ihr Problem mit dem Geld

Miete, Essen und dann noch das Semesterticket - studieren ist teuer. Aber mit etwas Einfallsreichtum kommt man über die Runden. Zumindest irgendwie.

Von Jakob Wetzel und Sarah Beham

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Glück gehabt - Franziska Bernreiter bleiben 400 Euro zum Leben

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Quelle: Alessandra Schellnegger

"Ich habe Glück gehabt", sagt Franziska Bernreiter. Seit drei Jahren wohnt die 23-Jährige, die an der TU im neunten Semester Lehramt für Berufsschulen studiert, mit einem Mitbewohner am Frankfurter Ring auf knapp 60 Quadratmetern. Mit Wlan, Strom, Heizung und so weiter bezahlen die beiden gemeinsam 800 Euro, jeder von ihnen steuert die Hälfte bei.

"In der Wohnung hat vorher ein Verwandter gewohnt, als der auszog, konnten wir sofort einziehen, das war wirklich Glück." Davor habe sie ein Jahr lang in Vaterstetten gewohnt, erzählt Bernreiter.

Eigentlich aber stammt sie aus Zwiesel. Erst einige Wochen vor dem Studienbeginn erfuhr sie, dass sie in München genommen wird, "deshalb habe ich gleich die erstbeste Wohnung genommen und mir gedacht, zur Not kann ich ja nach ein paar Monaten wieder umziehen". Die Suche hat dann doch knapp ein Jahr gedauert. In der Zeit pendelte die 23-Jährige täglich nach München. "Leider gab es damals noch kein Semesterticket. Das spart mir jetzt sehr viel Geld."

Wegen ihrer Fächerkombination muss sie zwischen der Innenstadt, dem Olympiapark, Garching und Weihenstephan hin- und herpendeln. Zum Leben bleiben Bernreiter nach Abzug der Miete noch etwa 400 Euro im Monat. "Ich finde, das ist eigentlich relativ viel", sagt sie. Einen Teil bekomme sie von ihren Eltern, den Rest verdient sie selbst mit einem Job beim Münchner Studentenwerk auf 400-Euro-Basis. "Und es gibt ja viele Möglichkeiten, um zu sparen."

Es sei in München zum Beispiel relativ einfach, günstig an gebrauchte Möbel zu kommen. Wenn man sich die Sachen selbst abhole, könne man über Kleinanzeigen oder Ebay schon für zehn oder 20 Euro ein Bett, einen Schrank oder ein Sofa bekommen. "Man muss sich halt ein Auto ausleihen, am besten von Freunden." Und kleinere Möbelstücke wie ein Kästchen fürs Bad könne man auch mal in der U-Bahn mitnehmen.

Woran sie nicht gespart hat, ist ihr Laptop. "Wenn man gut und zügig studieren will, braucht man einfach gute Hardware." An der Uni gehe nicht mehr viel auf Papier, Vorlesungsunterlagen werden oft online zur Verfügung gestellt. "Und das immer nur in der Uni herunterladen zu können, das stelle ich mir schwierig vor."

Jakob Wetzel

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Heute nur was Kleines - Markus Meidinger musste sein Studium sogar unterbrechen

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Quelle: Natalie Neomi Isser

Markus Meidinger wohnt bei seinem Vater in einer Dreizimmerwohnung in Neuperlach. "Eine eigene Wohnung in München wäre für mich unbezahlbar", sagt der 27-Jährige, der an der LMU im fünften Semester Wirtschaftspädagogik studiert. Selbst in einer WG würde es finanziell eng werden. "Ich habe mir zum Studienbeginn mehrere Wohnungen angesehen, aber es hat nie geklappt, und meistens lag es am Geld." Bis zu 350 Euro pro Monat hätte er bezahlen können.

Das sei eine Summe, die man durch einen Praktikanten- oder Werkstudentenjob neben dem Studium noch aufbringen könne, meint Meidinger. Aber in dieser Preiskategorie gab es nur Wohnungen weit draußen, außerhalb des S-Bahn-Bereichs, "das war für mich nicht mehr interessant, da ich sonst Arbeit und Studium aufgrund der Fahrtzeit nicht mehr unter einen Hut bekommen hätte". Denn um sich sein Studium leisten zu können, muss der 27-Jährige arbeiten gehen.

Er hat einen Werkstudentenjob bei einem Fernsehsender, eine Zeit lang hatte er zwei Jobs. Nach dem zweiten Semester musste Meidinger mit seinem Studium sogar für ein halbes Jahr pausieren, um Geld zu verdienen. "Ich bin eben ein klassisches Arbeiterkind, der erste in meiner Familie, der studiert, und schlage mich so durch." Bafög bekomme er keines, obwohl sein Vater knapp 60 Prozent seines Gehalts nur für die Wohnung ausgeben müsse und ihn kaum unterstützen könne. "Wenn man alle meine laufenden Kosten wie Handy, U-Bahn oder Zeitung abzieht, bleiben mir im Monat etwa 120 bis 150 Euro zum Leben", rechnet er vor.

Zu schaffen sei das alles nur, wenn man sich einen festen Wochenplan mache, wie viel man ausgeben kann. Da müsse man die Ansprüche eben zurückschrauben und sagen: Es gibt halt heute nur was Kleines, das man selber kocht, und man geht nicht mit den Arbeitskollegen essen - "obwohl ich im Sender einen sehr netten Chef habe, der mir manchmal das Mittagessen bezahlt". Eingekauft wird nicht in der Innenstadt, sondern am Stadtrand. In der Nähe gebe es einen Penny-Markt, der Waren stark reduziert anbiete, bevor sie ablaufen. "Dann schaut halt die Banane nicht so schön aus, aber essen kann man sie trotzdem."

Jakob Wetzel

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Pendeln zur Vorlesung - Eva-Maria Seher wohnt bei ihren Eltern in Weilheim

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Quelle: Natalie Neomi Isser

Studieren in München? Ja. Denn in die Innenstadt und die Architektur, in die grünen Plätze und die Universität hat sie sich verliebt. Eva-Maria Seher studiert Philosophie an der LMU und mag die Stadt und die Münchner: "Auch wenn viele es nicht so sehen, ich finde die recht lässig. Es gibt schon auch überhebliche, aber ich habe bisher nur nette Menschen getroffen." Aber wohnen in München? Nein.

Zu teuer, sagt die 20-Jährige, die in Weilheim lebt. "Ich pendle dreimal in der Woche zur Uni. Insgesamt sind das eineinhalb Stunden Fahrzeit." Das Wohnen bei den Eltern sei einfach praktischer, findet Seher. "Ich habe viel weniger Kosten, da ich keine Miete bezahlen muss und daheim essen kann." Wenn sie den ganzen Tag an der Uni verbringt, macht sie sich schon mal eine Brotzeit daheim und nimmt sie mit.

Auf Coffee-to-go verzichtet sie: "Ich versuch' das zu vermeiden, sonst summieren sich dieses Kleinigkeiten." Auch beim Shoppen spart die Studentin. "Ich bin ein Freund von Flohmärkten oder Secondhandläden, da gehe ich regelmäßig hin und stöbere rum." Sie selbst hatte auch schon einen Stand auf einem Flohmarkt, hat alte Spiele, Barbies, Bücher und Schmuck verkauft.

Neben ihrem Studium arbeitet Seher jeden zweiten Samstag und zweimal unter der Woche in einem Café in Weilheim - auf Minijobbasis. Mit dem gesparten Geld fährt die 20-Jährige dann in den Urlaub. Im vergangenen Jahr war sie in den Semesterferien in Berlin und Hamburg. Doch auch im Urlaub geht es nicht ohne Sparen. Übernachtet wird in günstigen Hostels, gereist wird mit Fernbussen oder Billigfliegern.

Sarah Beham

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WG im Wohnheim - Elena Rudolph zahlt nur 200 Euro für ein Zimmer

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Quelle: Natalie Neomi Isser

Elena Rudolph hat lange überlegt, ob sie in München Germanistik und Philosophie studieren soll: "Ich hab das davon abhängig gemacht, ob ich einen Wohnheimplatz bekomme", sagt die 21-Jährige. "Weil mich meine Eltern finanziell unterstützen und meine Miete bezahlen, wollte ich nicht zu viel von ihnen annehmen." Rudolph hatte Glück: Sie ist in einer Sechser-WG in Schwabing untergekommen, zahlt 200 Euro für ihr Zimmer. "Das ist eine Art Studentenwohnheim der evangelischen Kirche, man engagiert sich im Wohnheim, richtet Dinner aus oder organisiert Events." 300 Euro Bafög bekommt sie, nebenbei arbeitet Rudolph, "sonst kannst du dir München nicht leisten".

Sie kellnert, macht Promotion: Flyer verteilen, als Mickey Mouse verkleidet Kinder bespaßen oder für Kunden von Autofirmen Autos erklären. Außerdem ist sie in ihrem Wohnheim als Tutorin tätig: "Man kriegt ein bisschen Geld, aber nicht der Rede wert, 20 Euro im Monat für drei Stunden in der Woche. Von ihrem Lohn bezahlt Rudolph Bücher, Fahrkarten, Laptop, Freizeitgestaltung und Essen. "Die einzelnen Sachen finde ich nicht so teuer, aber die Gesamtsumme macht's." Deswegen fährt sie oft mit dem Fahrrad statt mit der U-Bahn. Sie geht auf Flohmärkte und peppt alte Sachen selber auf: "Ich habe eine braune Kommode weiß gestrichen, die passt jetzt perfekt in mein Zimmer."

Beim Essen spart die Vegetarierin nicht. Sie wolle kleine Läden unterstützen - direkt gegenüber vom Wohnheim sei ein kleiner Familienbetrieb, der seine Lebensmittel von Münchner Gärten beziehe. "Da kaufe ich super gerne ein, aber da kostet alles doppelt so viel wie bei Penny."

Sarah Beham

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Auf keinen Fall weg - Patrick Grabanyi kommt dank Stipendium über die Runden

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Quelle: Natalie Neomi Isser

München verlassen? Das will Patrick Grabanyi auf keinen Fall, wo doch all seine Freunde hier leben. Wenn da nicht dieses Aber wäre: "Es ist echt teuer", sagt der 27-jährige Philosophie- und Soziologiestudent. Natürlich habe er überlegt, in einer anderen Stadt zu studieren, doch am Ende hatten Berlin, Hamburg oder Freiburg keine Chance gegen München. "Es geht schon irgendwie, mit viel Arbeit", sagt Grabanyi. Neben seinem Studium arbeitet er im Café Kosmos. Bei Caterings steht er hinter der Bar und teilt Getränke aus. 400 Euro bekommt er dafür im Monat, doch das alleine würde nicht ausreichen.

Mit seinem Stipendium der Hans-Böckler-Stiftung kann er sich die Miete für seine Wohnung leisten, die er sich mit seiner Freundin teilt. "Das Stipendium, 910 Euro im Monat, sichert mir mein Leben." Nur zwei- bis dreimal in der Woche isst er Fleisch, denn Gemüse komme schon günstiger. Außerdem verzichtet Grabanyi auf den teuren Kaffee in der Stadt, der "bei drei bis vier Euro liegt", und macht ihn sich lieber selbst zu Hause. Für ein Bier geht er aber natürlich schon raus - in Kneipen, die billig sind: "Als Münchner Student ist es aber blöd, abends ein Bier trinken zu gehen, das vier Euro kostet."

Ein weiterer Spartipp: Möbel und andere Dinge bei Ebay verkaufen oder kaufen. "Meine Freundin und ich wollten uns vor Kurzem ein neues Sofa bei Ikea kaufen. Das war uns aber zu teuer, und bei Ebay haben wir das gleiche Sofa für viel weniger Geld gefunden. Mit Sparen und Arbeiten genießt er sein Studentenleben hier in München - auch wenn es teurer ist als in Berlin oder anderswo.

Sarah Beham

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...und noch zwei Zahlen

Studenten im Hörsaal

Quelle: dpa

105000 Studierende sind zum Sommersemester 2016 an den großen drei Münchner Hochschulen immatrikuliert: Knapp 49 000 an der Ludwig-Maximilians-Universität, knapp 39 000 an der Technischen Universität und etwa 17 000 an der Hochschule für angewandte Wissenschaften. Zum Teil waren die Einschreibungen am Freitag noch nicht abgeschlossen.

973 Euro hatten Studenten in München laut der letzten Sozialerhebung des Studentenwerks im Jahr 2012 monatlich zur Verfügung. Frauen waren dabei mit 1005 Euro im Schnitt besser gestellt als Männer. 356 Euro gingen bei den Befragten im Monat für Miete und Nebenkosten drauf, 188 Euro für Essen, 135 für ein Auto, 58 für Kleidung und 79 Euro für Freizeitgestaltung.

© SZ/axi
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