Studie zum Krankenstand:Gesund, gesünder, München

Studie zum Krankenstand: Mit dem Fahrrad an die Isar, Sonne und bloß kein Handy: Wer in München lebt ist potentiell gesünder als andere.

Mit dem Fahrrad an die Isar, Sonne und bloß kein Handy: Wer in München lebt ist potentiell gesünder als andere.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Studie einer Krankenkasse kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Der Krankenstand in München ist weit niedriger als im Bundesdurchschnitt. Nur in einem Landkreis ist die Quote noch besser.

Von Stephan Handel

Ist es das Verdienst des Oberbürgermeisters? Der bayerischen Staatsregierung? Ist die Isar schuld, das Voralpenland oder der Nockherberg? Die Menschen in München jedenfalls sind gesünder als der im Rest Bayerns, und als die im übrigen Deutschland sowieso - zu diesem Ergebnis kommt der Gesundheitsreport, den die Krankenversicherung DAK in jedem Jahr aus ihren Patientendaten destilliert.

Etwa 106.000 Menschen in der Stadt und dem Landkreis München versichert die DAK. Bei ihnen gab es im Jahr 2012 einen Krankenstand von 2,7 Prozent - das bedeutet: Von 1000 Versicherten sind jeden Tag 27 krankgeschrieben. Nicht erfasst in dieser Statistik sind Kinder, Rentner und Menschen, die nicht angestellt sind. Die Zahlen sind dennoch vergleichbar - denn für die gleiche Gruppe ergibt sich bayernweit ein Krankenstand von 3,4 Prozent, im Bund waren im vergangenen Jahr jeden Tag 3,8 Prozent der Beschäftigten krankgeschrieben.

Sehr viel gesünder als in München lässt sich in Bayern kaum leben - nur im Landkreis Starnberg liegt der Krankenstand noch niedriger, 2,3 Prozent, wofür die dort ansässigen Schönheitschirurgen wahrscheinlich eher nicht verantwortlich sind. Für die Flughafen-Region, also die Landkreise Erding und Freising, weist der Report eine Quote von 3,3 Prozent aus, Fürstenfeldbruck und Dachau liegen bei 3,2 Prozent, ebenso Traunstein und das Berchtesgadener Land.

Im Oberland sind pro Tag 2,9 Prozent der Angestellten krank. Bayernweit am schlechtesten geht es den Menschen in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld, die nicht nur mit den Unverständlichkeiten des unterfränkischen Dialekts geschlagen sind, sondern auch mit einer Krankenquote von 4,2 Prozent.

An der Spitze der Erkrankungen, die zur Arbeitsunfähigkeit führen, liegen traditionsgemäß jene des Muskel- und Skelett-Systems - zu dem auch der Rücken inklusive der Bandscheiben gehört - und die des Atmungssystems. Stark im Kommen ist die Gruppe der psychischen Erkrankungen, was zum einen daran liegen mag, dass - Stichwort Burn out - die Stigmatisierung dieser Beeinträchtigungen langsam zurückgeht, weshalb Ärzte wie Patienten es nun eher wagen, die wirkliche statt einer Verlegenheits-Diagnose auf die nötige Bescheinigung zu schreiben.

Zum anderen sind diese Erkrankungen fast immer langwierig und deshalb verantwortlich für eine hohe Zahl an Fehltagen, wie überhaupt nur 3,7 Prozent aller Arbeitsunfähigkeits-Fälle fast die Hälfte alle Fehltage generieren. Insgesamt stieg die Zahl der wegen psychischer Erkrankungen Arbeitsunfähiger in Bayern seit dem Jahr 2000 um 62, im Bund gar um 85 Prozent, während die Gesamtzahl der Krankschreibungen im gleichen Zeitraum um drei Prozent zurückging.

Einfaches Rezept

Als Ursache für die steigende Zahl psychischer Erkrankungen werden immer wieder die steigenden Anforderungen im Beruf genannt. Auch das wollte die DAK untersuchen und hat als Indikator dafür die Pflicht des Angestellten genommen, auch außerhalb der Arbeitszeiten erreichbar zu sein.

Überraschendes Ergebnis: Fast die Hälfte aller 373 Befragten, 44,5 Prozent, gaben an, nie oder fast nie nach Feierabend vom Chef kontaktiert zu werden, 26, 9 Prozent werden seltener als einmal pro Woche solcherart belästigt, und 15,5 Prozent sagten, der Arbeitgeber kenne ihre private Telefonnummer gar nicht. 26,1 Prozent bekommen keine dienstlichen Mails. Diese Zahlen korrelieren also nicht mit dem hohen Anstieg psychischer Erkrankungen. Allerdings wiesen 24 Prozent jener Befragten, die ständig erreichbar waren , depressive Symptome auf.

So scheint es für die geistige und körperliche Gesundheit ein einfaches Rezept zu geben: In München leben, oder höchstens noch in Starnberg. Und nicht ans Telefon gehen, auch nicht, wenn der Oberbürgermeister dran wäre.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: