Studie zum "Finale dahoam":Lukrative Spiele

Allianz Arena am Tag des Uefa Champions League Finales 2012.

So sah die Fröttmaninger Arena im Mai 2012 aus, als sie Austragungsort des Champions-League-Finales war.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Sollte München Spielort der EM 2020 werden, darf die Stadt sich freuen: Laut einer Studie hat das Champions-League-Finale 2012 in der Fröttmaning Arena der lokalen Wirtschaft 52 Millionen Euro gebracht. Profitiert hat auch der Steuerzahler.

Von Kassian Stroh

Sportlich gesehen war der 19. Mai 2012 ein schwarzer Tag für München. An jenem Samstagabend verlor der FC Bayern das Finale der Champions League, daheim, in seinem eigenen Stadion. Wirtschaftlich betrachtet hingegen war dieses Spektakel ein großer Erfolg für die Stadt und ihr Umland. Zu diesem Schluss kommt zumindest das private Luzerner Forschungsinstitut Rütter+Partner.

Für den europäischen Fußballverband Uefa hat es eine Studie erstellt, die die ökonomischen Folgen des Endspiels beschreibt. Auf 52 Millionen Euro beziffern die Autoren das Plus für die Wirtschaft allein im Großraum München. Nur wegen 90 Minuten Fußball plus Verlängerung und Elfmeterschießen und all des viertägigen Brimboriums, das die Veranstalter drumherum auf die Beine stellten.

Für diese Zahl haben die Wirtschaftswissenschaftler nicht nur die Ausgaben der Uefa als Veranstalterin und des örtlichen Organisationskomitees betrachtet, sondern auch alles, was Sponsoren, Medien und Vereine an Geld in München gelassen haben - und vor allem die Besucher. Die nämlich sind für etwa zwei Drittel dieses wirtschaftlichen Effekts verantwortlich, wie es in der Studie heißt, die noch nicht veröffentlicht wurde, der Süddeutschen Zeitung aber vorliegt.

Im Schnitt gab jeder Besucher 445 Euro aus

81.200 Menschen sollen München wegen des Endspiels besucht haben, weil sie Karten fürs Stadion hatten oder weil sie zu einem der offiziellen Public Viewings gingen. Im Schnitt ließ jeder von ihnen 445 Euro in der Region, wie Rütter+Partner durch Fan-Befragungen in München selbst und nach der Heimkehr herausgefunden haben will. Das meiste davon - die Erkenntnis überrascht wenig - ging für die Unterkunft drauf, nämlich 174 Euro. Denn 60 Prozent der Besucher blieben über Nacht, im Schnitt dann sogar zwei Nächte lang. Am Ende hätten in München und Umland gut 103.000 Übernachtungen verbucht werden können, rechnet die Studie vor. Das übrige Geld gaben die Besucher vor allem für Verpflegung und Verkehrsmittel aus, und immerhin 31 Euro im Schnitt für Souvenirs und Merchandising-Artikel.

Auch die deutsche Wirtschaft insgesamt nimmt die Studie unter die Lupe. Und sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Finale der deutschen Volkswirtschaft sogar 92 Millionen Euro gebracht habe, wenn man alle direkten Ausgaben und indirekten Auswirkungen auf das Einkommen der Menschen berücksichtige. Das habe auch spürbare Effekte auf den Arbeitsmarkt: Insgesamt habe das Finale so viel Arbeit gebracht, wie es der Jahrestätigkeit von 980 Vollzeitbeschäftigten entspreche, 755 davon in München. Allerdings schränkt die Studie gleich ein, dass das nicht zusätzliche Jobs in diesem Umfang bedeute, da manche Arbeit von ohnehin existierendem Personal erledigt worden sei.

Auch die Stadt hat von dem Finale dahoam profitiert

So genau diese Zahlen errechnet sein mögen, sie dürften nur Näherungen bleiben. Der wirtschaftliche Effekt derartiger Großereignisse lässt sich nicht exakt beziffern. Schon allein wegen der Tatsache, dass die Luzerner Studie die Menschen, die nach München kamen, um einfach so während des Spiels in der Stadt zu sein, gar nicht berücksichtigt. Gänzlich unplausibel erscheinen ihre Ergebnisse freilich nicht, denn auch im Wirtschaftsreferat der Stadt wurde kurz vor dem Finale aufgrund von Erfahrungswerten errechnet, dass die anreisenden Fans dem Einzelhandel, der Gastronomie und dem Transportgewerbe gut 50 Millionen Euro zugute kommen ließen, wie Referatssprecher Wolfgang Nickl erläutert. Das ist ziemlich genau die Größenordnung, auf die auch die Luzerner Forscher gekommen sind.

Interessant sind deren Ergebnisse vor allem, da vor fast jeder Entscheidung über Sportgroßveranstaltungen heftig debattiert wird, inwieweit eine Ausrichterstadt davon profitiert. In Ermangelung konkreter Zahlen ziehen die Befürworter dann meist das Argument heran, schon allein der Werbeeffekt für die jeweilige Stadt rechtfertige den Aufwand. Der freilich ist in dem Rütter+Partner-Papier noch gar nicht berücksichtigt.

Da die Uefa die Studie bislang nicht veröffentlicht hat, kommentieren oder erläutern die Autoren weder ihr Vorgehen noch die Ergebnisse. Auf seiner Internetseite lässt das Institut aber keinen Zweifel daran, warum Organisationen wie die Uefa ein Interesse an konkreten Zahlen haben: Im Zentrum der öffentlichen Diskussionen stehe "häufig der hohe finanzielle Aufwand, der mit der Ausrichtung der Events einhergeht und der nicht zuletzt in großen Teilen von der Bevölkerung des Austragungslandes getragen werden muss", heißt es da.

Deshalb sei der "Bedarf an empirischen Daten gewachsen, die die ökonomische Wirkung der Fußball-Großereignisse messen". Anders aber als bei einer Bewerbung um Olympische Spiele beispielsweise hat München bei Fußballspielen den Vorteil, dass dafür nichts gebaut werden muss, kein neues Stadion, keine Straßen, keine U-Bahn-Linien. Die Kosten sind also weit geringer, der positive Effekt der Veranstaltungen entsprechend größer.

Steuereinnahmen von elf Millionen Euro

Im Falle der nun in Gang gebrachten Bewerbung um Europameisterschaftsspiele rechnet die Landeshauptstadt mit Kosten von grob 7,5 Millionen Euro - für ein Fanfest, Gratis-MVV-Tickets der Stadionbesucher, ein Rahmenprogramm und dergleichen mehr. Dass sich diese Ausgaben lohnen, davon gab sich Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) bereits im Februar überzeugt, als die Bewerbungspläne erstmals öffentlich präsentiert wurden.

Selbst im Stadtrat, in dem viele Sportmuffel säßen, habe keiner den wirtschaftlichen Ertrag des Champions-League-Finales 2012 angezweifelt, sagte Ude seinerzeit. Und der sei bei einer Europameisterschaft noch viel höher. Die bisherigen Kosten für die EM-Bewerbung hat im Übrigen allein der FC Bayern München getragen, dem das Stadion in Fröttmaning gehört.

Für das Finale 2012 musste die Landeshauptstadt etwa 1,5 Millionen Euro hinlegen, die Kosten des Freistaats für den Einsatz der Polizei natürlich nicht mitgerechnet. Aber auch da hat die Uefa dank der Studie von Rütter+Partner nun ein gutes Argument an der Hand: Die kommt zu dem Ergebnis, der öffentlichen Hand habe das Finale Steuermehreinnahmen in Höhe von elf Millionen Euro gebracht.

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