Süddeutsche Zeitung

Studie:So verstrahlt ist München

  • Ein Wissenschaftler hat den Sommer über die Strahlung von Mobilfunkantennen, Smartphones oder Wlan-Routern erfasst - und konnte keine bedenklichen Strahlungen feststellen.
  • Am größten ist demnach die Belastung, die vom eigenen Smartphone ausgeht.

Von Laura Kaufmann

Wer in diesem Sommer mitten auf dem Marienplatz einen Mann sah, der um den Hals einen knallgelben Apparat mit dickem Bommel an der Antenne trug, der mag verdutzt geschaut haben. Aber Christian Bornkessel war mit seinem Spektrumanalysator nicht im Auftrag der Ghostbusters unterwegs. Das Gerät erfasst die Strahlung von Mobilfunkantennen, Smartphones oder Wlan-Routern: eben die Strahlung, der jeder Münchner in seinem Alltag ausgesetzt ist. Die Ergebnisse von Bornkessels Messungen sind jetzt ausgewertet - der Forscher konnte keine bedenklichen Strahlungen feststellen.

Am größten ist demnach die Belastung, die vom eigenen Smartphone ausgeht. Aber selbst wenn das Gerät beim Telefonieren direkt an den Kopf gehalten wird, beträgt die Strahlung immer noch weniger als zehn Prozent des bedenklichen Grenzwertes, je nach Typ etwa 8,5 Prozent. "Mit nur einem Zentimeter Abstand liegt die Strahlung schon zwei Drittel unter dem Wert, der bei direktem Kopfkontakt gemessen wird", sagt Bornkessel. Außerdem sei bei diesen Messungen von einer Maximalauslastung des Handys ausgegangen worden, die selten zuträfe. Schon bei gutem Empfang regelt sich die Sendeleistung eines Handys stark herunter.

Die durchschnittliche Strahlung, die der Wissenschaftler an den Münchner Versuchsorten ausmachen konnte, liegt weit unter den Handy-Messwerten. In vier verschiedenen Wohnungen kam Bornkessel bei Messungen auf eine minimale Belastung. In der Wohnung mit dem niedrigsten Wert, an der Bavariastraße gelegen, sorgte das schnurlose Festnetztelefon für den Großteil der Immission, nicht etwa der Wlan-Router. Diese Wohnung liegt im Erdgeschoss, ist durch Bäume und andere Gebäude gut abgeschirmt. Die Wohnung mit dem höchsten Wert liegt 700 Meter vom Olympiaturm entfernt im dritten Stock: Auf dem Olympiaturm sind starke Rundfunksender installiert. Die Fenster standen offen, der Großteil der Immission fiel auf die Rundfunksendeanlage.

In einer Berufsschule nahe des Olympiaturms ergab sich der höchste Messwert, als der Lehrer eine Klasse dazu aufforderte, mit den Smartphones gleichzeitig im Internet zu surfen. Auch im Großraumbüro der Feuerwehrwache ließen sich keine höheren Werte feststellen, genauso wenig wie im Lesesaal im Olympiadorf. Niedrig waren auch die Werte in ICE und U-Bahn.

Woran Mobilfunkgegner zweifeln

Selbst wenn Bornkessel keine bedenklichen Werte feststellen konnte, wird dieses Ergebnis Mobilfunkgegner kaum überzeugen können. Denn die Skeptiker, die in zahlreichen Initiativen organisiert sind, zweifeln die von der internationalen Strahlenschutzkommission empfohlenen Grenzwerte ohnehin an. Bornkessel empfiehlt Verunsicherten, sich eine Freisprechanlage für das Handy zu kaufen. Und nachts den Wlan-Router auszuschalten - auch wenn das laut seiner Ergebnisse kaum einen Unterschied macht.

Beauftragt hatte den Wissenschaftler der TU Ilmenau das Informationszentrum Mobilfunk e.V., Träger des Vereins sind Mobilfunknetzbetreiber. Außerdem hat das Referat für Gesundheit und Umwelt die Studie mitgetragen und Bornkessel neben typischen Orten wie dem Marienplatz auch in die Wohnungen von Bürgern geschickt, die sich Sorgen um die Strahlung dort machen. Die Stadt habe man auch einbezogen, um den Eindruck zu minimieren, die Studie könne einseitig sein, sagte die Geschäftsführerin des Mobilfunkvereins Dagmar Wiebusch.

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SZ vom 29.10.2015/infu
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