Studie der Hochschule München:"Die glauben oft, wenn sie nur gute Noten schreiben, steht ihnen alles offen"

Studie der Hochschule München: Im Hintergrund ein provozierendes Plakat: Zu wem gehört der Kinderwagen, zu ihm oder zu ihr? Professorin Elke Wolf hat die Untersuchung initiiert.

Im Hintergrund ein provozierendes Plakat: Zu wem gehört der Kinderwagen, zu ihm oder zu ihr? Professorin Elke Wolf hat die Untersuchung initiiert.

(Foto: Robert Haas)
  • Die Frauenbeauftragten der Hochschule München treiben eine Kampagne voran, um die Studenten für Geschlechterstereotype und ihre Bedeutung zu sensibilisieren.
  • In einer Studie wollten sie herausfinden, wie realistisch junge Männer und Frauen denken, wenn sie über Chancen, Ziele und auch über Geld sprechen.
  • Heraus kam, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern noch immer groß sind - und auch die Klischees noch eine wichtige Rolle spielen.

Von Jakob Wetzel

"Der Aha-Effekt wird kommen, definitiv", sagt Elke Wolf. Zum Beispiel dann, wenn im Beruf schon wieder der männliche Kollege befördert wird und von den Kolleginnen keine einzige überhaupt erst in Betracht gezogen, geschweige denn gefragt worden ist. Absolventinnen würden immer wieder von solchen Erlebnissen erzählen, sagt Wolf. "Die suchen händeringend nach Angeboten."

Den Studentinnen und Studenten dagegen sei das kaum präsent. "Die glauben oft, wenn sie nur gute Noten schreiben, steht ihnen alles offen. Dass das nicht so ist, merken sie erst später." Wenn sie Seminare und Workshops zur Gleichstellung anbiete, stoße sie daher eher auf eine Abwehrhaltung, sagt sie. Doch das wolle man jetzt ändern.

Elke Wolf ist Professorin für Volkswirtschaftslehre und Frauenbeauftragte der Hochschule für angewandte Wissenschaften. Seit November treibt sie mit den übrigen Frauenbeauftragten an der Hochschule München eine Kampagne voran, um die Studenten für Geschlechterstereotype und ihre Bedeutung zu sensibilisieren.

In den ersten Wochen hingen sie knallrote Plakate, die auf Rollenklischees aufmerksam machen sollten, in die Gänge. Darauf waren Symbole zu sehen, die stark mit nur einem Geschlecht assoziiert werden, ein Kinderwagen etwa oder ein Sportwagen, darüber prangte der Slogan der Kampagne: "His or hers?" (Seins oder ihres?)

Am Mittwochabend hatte Wolf nun zur Auswertung einer großen Umfrage unter den 18 000 Studierenden an der Hochschule eingeladen. 3200 ausgefüllte Fragebögen gingen ein - für Hochschulverhältnisse sei das ein großartiger Rücklauf, sagt Wolf. Im Einzelnen bestand die Umfrage aus vielen komplexen Fragen - Elke Wolf aber liest fünf große Linien heraus. Und auch wenn sich die Ergebnisse zuweilen unterschiedlich deuten lassen, eines zeigen sie: Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind noch immer groß.

Mancher steckt im Klischee fest

Die Kampagne läuft bis November 2018. In den nächsten Wochen wollen Wolf und ihre Kolleginnen die Ergebnisse immer wieder aufgreifen. Es wird nicht nur neue Plakate geben; im April ist auch ein Improvisationstheater geplant, in dem Rollenbilder und Klischees thematisiert werden. Später ist neben Seminaren und Workshops unter anderem eine Buchvorstellung vorgesehen. Sie hoffe, dass auch andere Hochschulen und Universitäten das Thema neu aufgreifen, sagt Wolf - zur Vorstellung der Ergebnisse hatten sich zumindest auch externe Vertreterinnen angekündigt.

Und in der eigenen Hochschule wolle man anregen, sich in der Weiterbildung und auch in der Lehre stärker als bisher mit Gleichstellungsfragen zu beschäftigen, nicht nur in sozialpolitischen Disziplinen, sagt Wolf. Auch in technischen Fächern könne man sich schließlich mit Gewinn zum Beispiel damit auseinandersetzen, dass Männer und Frauen Produkte unterschiedlich nutzen und verschiedene Anforderungen stellen. "Es wäre wichtig, die Studenten entsprechend sensibilisiert ins Leben zu schicken."

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