Süddeutsche Zeitung

Studenten zur Präsidentenwahl:Geld versus Geist

Das Votum des Hochschulrats war eindeutig: Bernd Huber ist neuer alter Präsident der LMU. Eindeutig gespalten hingegen sind die Reaktionen der Studenten am Tag danach - sueddeutsche.de hat sich umgehört.

Kathrin Haimerl

Er galt als klarer Favorit der Studenten: Julian Nida-Rümelin (im Bild rechts). Doch bei der Wahl hat sich am Dienstagabend Amtsinhaber Bernd Huber klar gegen den Philosophie-Professor durchgesetzt - mit nur einer Gegenstimme im Hochschulrat. Nida-Rümelin hatte sich im vergangenen Jahr während der Studentenproteste spontan entschieden, für das Amt zu kandidieren. Der SPD-Politiker gilt als scharfer Kritiker der Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master im Zuge der Bologna-Reform. Der Konvent der Fachschaften, das oberste Vertretungsgremium der Studentenschaft, hatte sich mit deutlicher Mehrheit für den früheren Kulturstaatsminister ausgesprochen. Die Entscheidung für Amtsinhaber Huber fällt im Vorfeld einer Woche, die für die Münchner Uni erneut turbulent werden dürfte: Münchner Aktivisten haben zum Bildungsstreik aufgerufen und planen vor der LMU ein sogenanntes Bildungscamp. Viele Forderungen aus dem Wintersemester stehen weiter auf der Agenda, darunter die Abschaffung von Studiengebühren und freier Zugang zur Bildung in jeder Form. Die Stimmung am Campus der Münchner Uni (LMU) am Tag nach der Wahl: Gespalten. Viele sind mit den Studienbedingungen zufrieden. Doch manche halten die Wahl Hubers für "falsch", einer gar für "bedenklich".

Studenten zur Präsidentenwahl

Daniela Kraus, 21, studiert Jura im 2. Semester

"Die Entscheidung ist falsch. Die Ziele von Bernd Huber sind nicht angemessen. Ich habe nicht das Gefühl, dass er etwas für die Uni tun will. Besonders hat mich geärgert, dass er uns die Kosten für die Besetzung des Audimax aufgedrückt hat. 100.000 Euro Renovierungskosten! Julian Nida-Rümelin hingegen habe ich als sehr offenen und sympathischen Menschen kennengelernt, der den Ehrgeiz hat, etwas verändern zu wollen. Er hätte auf jeden Fall frischen Wind in die Unipolitik gebracht."

Studenten zur Präsidentenwahl

Jonathan Walzer, 22, studiert Evangelische Theologie im 3. Semester

"Ich bin eigentlich ganz zufrieden mit der Hochschulleitung: An der theologischen Fakultät bekommen wir die Vorlesungsskripten umsonst. Natürlich wäre ich froh, wenn ich keine Studiengebühren zahlen müsste. Ich kann es aber auch verstehen, dass wir uns diesen Luxus auf Dauer nicht leisten können. Deswegen halte ich die prinzipielle Ablehnung mancher Studenten für überzogen. Von unserem Präsidenten würde ich mir künftig ein höheres Maß an studentischer Mitbestimmung wünschen. Zudem sollte er transparent machen, wofür die Studiengebühren verwendet werden. Und er sollte ein Semesterticket für den MVV einführen. Das ist der größte Standortnachteil der Münchner Uni."

Studenten zur Präsidentenwahl

Franziska Amtstätter, 21, studiert im 4. Semester Jura

"Ich halte die Wiederwahl von Herrn Huber für die richtige Entscheidung. Denn ich finde, dass Herr Huber seine Sache die vergangenen Jahre sehr gut gemacht hat. Insbesondere hat er den wissenschaftlichen Bereich weiter gebracht. Zudem haben wir unter seiner Amtszeit den Elitestatus erreicht. Ich hoffe, dass er sich für eine Senkung der Studiengebühren einsetzt. An unserer Fakultät haben wir so viel Geld, dass es oftmals in Baumaßnahmen gesteckt wird."

Studenten zur Präsidentenwahl

Kai Reinke, 31, Bachelor Politologie, 2. Semester

"Ich war nicht gerade begeistert davon, wie sich Bernd Huber bei den Bildungsstreiks im Wintersemester verhalten hat. Ich finde, er hat seine Machtposition komplett ausgespielt. Es geht um seine Verhandlungsmethoden. Er hat sich mit seiner Reaktion so lange Zeit genommen, da kann es nicht angehen, dass er den Studenten die Pistole auf die Brust setzt. Als Student fühle ich mich von ihm nicht ernst genommen."

Studenten zur Präsidentenwahl

Melanie Stadelmann, 20, studiert Bachelor Soziologie im 2. Semester

"Ich bin schon ganz zufrieden mit der Unileitung. Allerdings würde ich mir mehr Transparenz wünschen, wenn es um die Verwendung der Studiengebühren geht. Man merkt nicht so richtig, wofür die Gelder verwendet werden. Zum Beispiel muss ich nach wie vor für die Reader in den Vorlesungen zahlen. Außerdem wäre es schön, wenn künftig in meinem Studiengang Nachschreibeklausuren angeboten würden."

Studenten zur Präsidentenwahl

Briaxis Fernandez, 20, studiert im 6. Semester Magister Neuere Deutsche Literatur

"Es ist traurig, dass Bernd Huber wiedergewählt wurde. Unter Julian Nida-Rümelin hätte sich manches geändert. Er hätte auf jeden Fall mehr politischen Druck ausgeübt. Ich hatte den Eindruck, dass Herr Huber bei der Einführung der Studiengebühren gegenüber der bayerischen Staatsregierung eine sehr schwache Position hatte. Zudem hätte ich mir gewünscht, dass ein Geisteswissenschaftler unser neuer Uni-Präsident wird."

Studenten zur Präsidentenwahl

Sarah Rickmann, 24, studiert im 8. Semester Sonderschullehramt

"Ich bin nun mit meinem Studium schon fast fertig, habe aber nicht bemerkt, dass sich durch die Einführung der Studiengebühren viel verändert hätte. Meine Verbesserungsvorschläge für die neue Hochschulleitung: Wir brauchen mehr Seminarräume. Ich würde mir für künftige Studenten erhoffen, dass sie nicht mehr in den Vorlesungen auf dem Boden sitzen müssen."

Studenten zur Präsidentenwahl

Markus Kopriwa, 23, studiert Bachelor Politologie und Soziologie im zweiten Semester

"Im Großen und Ganzen bin ich mit der Hochschulleitung zufrieden: Ich finde, an der LMU wird einiges richtig gemacht. Zum Beispiel bekommen wir in den Politikveranstaltungen die Skripten geschenkt. Das kenne ich auch anders: Ich habe zuvor in Weihenstephan studiert, da mussten wir zum Teil drei Monate auf Studienunterlagen warten. Außerdem waren dort die Vorlesungen völlig überfüllt. Was ich mir für die Zukunft wünschen würde: Ein Semesterticket für den MVV."

Studenten zur Präsidentenwahl

Bettina Prukker-Losonczi, 21, studiert Bachelor Geographie und Soziologie, 2. Semester

"Ich wünsche mir von der neuen Hochschulleitung für die Zukunft eine Reduzierung der Studiengebühren. Außerdem sollen die Studiengebühren in den jeweiligen Fakultäten sinnvoller eingesetzt werden. Zum Beispiel bräuchten wir dringend neue Computerräume. Oder eben spezifisch in den einzelnen Studiengängen. Warum etwa finanziert man für uns Geographen keine Lizenzen für Computerprogramme, die wir für unser Studium brauchen könnten?"

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