Studieren in München:Unterstützung für Studenten mit Kindern

Olympiadorf: Das studentische Hilfswerk unterstützt Kindertagesstätten, damit Studentinnen mit Kindern studieren können.

Die großen Seifenblasen sind spannend genug, dass die Eltern beim Jubiläumsfest im Olympiadorf in Ruhe einen Ratsch halten können.

(Foto: Florian Peljak)
  • Das Studentenwerk unterstützt den Trägerverein organisatorisch und auch finanziell.
  • 2015 wurden die Krippen mit rund 500 000 Euro bezuschusst.
  • Im Stadtzentrum kann die Wartezeit zwar ein Jahr betragen, im Münchner Norden oder Süden sind aber oft sofort Plätze frei.

Von Franziska Gerlach

Jetzt erst recht, hat sich Wiebke Wulf gedacht. Damals, als sie schwanger wurde. "Jetzt will ich erst recht studieren, um meinem Kind mehr bieten zu können," sagt die heute 28-Jährige und nimmt ein kleines Mädchen mit geschminktem Löwengesicht auf den Arm. Wulf streicht ihr eine Strähne aus dem Gesicht, Mutter und Tochter haben dasselbe rotblonde Haar. Matilda war nicht geplant, Wulf zieht sie alleine groß.

Als die Kleine ein halbes Jahr alt ist, nimmt sie ein Studium der Gesundheits- und Pflegewissenschaften auf, zehn Stunden pro Woche arbeitet sie außerdem in ihrem früheren Beruf als Krankenschwester. Unmöglich? Nein. Es ist aber auch nur deshalb möglich, weil Matilda einen Platz in der Kita "Herzerl" an der Lazarettstraße hat. "Ohne die ginge es nicht."

Gerade hat auf dem Gelände des Olympischen Dorfes eine Band zu spielen begonnen. Ein Junge mit gelbem Schnuller wippt zur Musik, zwei Mädchen drehen sich im Kreis. Am späten Freitagnachmittag ist die Feier zum 25. Geburtstag des Vereins Studentische-Eltern-Kind-Initiativen in vollem Gange.

Die Hüpfburg wackelt, beim Bierkisten-Rutschen herrscht Hochbetrieb, die Eltern sitzen auf einen Ratsch zusammen - der offizielle Teil mit Reden und Dankesworten von Margit Weber, Frauenbeauftragte der bayerischen Universitäten, und Kultusminister Ludwig Spaenle ist vorüber.

Ein schlüssiges Konzept für die Kinderbetreuung fehlte

Mit seinen 21 Kindertagesstätten trägt der Verein wesentlich dazu bei, Studenten und Hochschulmitarbeitern mit Kindern das Leben zu erleichtern. Das Studentenwerk unterstützt den Trägerverein organisatorisch und auch finanziell, 2015 wurden die Krippen mit rund 500 000 Euro bezuschusst.

"Wir bauen momentan aber nicht mehr aus, sondern investieren eher in die Qualität des Personals", sagt Ingo Wachendorfer, Sprecher des Studentenwerks. Mit 500 Betreuungsplätzen sei man gut aufgestellt. Im Stadtzentrum kann die Wartezeit zwar ein Jahr betragen, im Münchner Norden oder Süden sind aber oft sofort Plätze frei.

Davon konnte Anfang der Siebziger noch nicht die Rede sein. Zwar wünschten sich immer mehr Menschen, Familie und Studium zu vereinen. Ein schlüssiges Konzept zur Unterstützung aber fehlte. "Studentinnen konnten sich wegen der Geburt eines Kindes erst gar nicht, dann längstens ein Jahr beurlauben lassen", sagt Beate Mittring, Geschäftsführerin des Trägervereins und Leiterin der Abteilung "Studieren mit Kind" beim Studentenwerk. Die Eltern taten da etwas sehr Naheliegendes: Sie schlossen sich zu Initiativen zusammen und wechselten sich mit der Betreuung des Nachwuchses ab.

1973 überließ das Studentenwerk ihnen erstmals Räume an der Leopoldstraße, von 1974 an entstanden im Olympiadorf und in der Studentenstadt die ersten, studentischen Einrichtungen. Nachdem im Jahr 1988 die Kinderbetreuung laut Bayerischem Hochschulgesetz als Aufgabe der Studentenwerke definiert und somit auch eine finanzielle Förderung gegeben war, kam es in München zu einer regelrechten Gründungswelle.

Der Trägerverein übernimmt heute die Suche nach qualifizierten Erziehern

Allein von 1988 bis 1990 eröffneten 13 studentische Eltern-Kind-Initiativen. 1991 gründeten das Studentenwerk und die Vorstände von sieben dieser Krippen den Trägerverein - als Entlastung für die Eltern, die sich besser auf ihr Studium konzentrieren können sollten.

Der Trägerverein übernimmt heute vor allem die Suche nach qualifizierten Erziehern und organisiert Fortbildungen für die Mitarbeiter, in wichtige Entscheidungen werden die Eltern freilich eingebunden. Insgesamt aber habe sich "der Charakter der Elterninitiativen" in den vergangenen Jahren sehr verändert, sagt Mittring. Statt der Eltern nehmen sich inzwischen meist externe Firmen der Raumpflege an, und nur bei "Hänsel & Gretel" in Milbertshofen kochen Väter und Mütter noch selbst.

Für Theresa Leissle, die dort ihren Sohn untergebracht hat, ist das auch eine Folge des verschulten Bachelor-Studiums. Die angehende Umweltingenieurin nimmt sich gerne drei halbe Tage im Monat Zeit für Dienste in der Krippe, sie schätzt an der Initiative gerade den Austausch mit den anderen Eltern, das Netzwerk. Eines aber ist klar: Studieren mit Kind, das ist trotz verbesserter Betreuungsmöglichkeiten eine Herausforderung.

Wenn Wiebke Wulf ihre Tochter um 15 Uhr von der Krippe abholt, bleibt zum Lernen meist keine Zeit. Sie würde sich trotzdem wieder so entscheiden. Für Matilda, und für das Studium. Und allen, die sich mit der Frage plagen, ob sich Kind und Universität vereinbaren lassen, rät sie: "Nicht zu lange überlegen. Sonst findet man nur einen Grund, es nicht zu machen."

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