Studenten in München:Abenteuer Semesterferien

Ein Praktikum in Bangladesch, jobben als "Teilzeit-Onkel" oder einen Rennwagen konstruieren: Dass Studenten in den Semesterferien nur auf der faulen Haut liegen, stimmt schon lange nicht mehr. Wir haben Münchner Studierende gefragt, was sie derzeit so machen.

Kristina Milz

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"Der Weg aus der Armut ist manchmal nur eine Nähmaschine weit entfernt", sagt Laura Weinhold, Magister-Studentin mit den Fächern Politikwissenschaft, Jura und BWL - ihr Studienschwerpunkt liegt auf der Internationalen Politik. In diesen Semesterferien geht die 24-Jährige für einige Wochen nach Bangladesch - dort macht sie ein Praktikum bei der mittlerweile berühmten Grameen Bank. Mit einem Dolmetscher im Gepäck wird sie dann im direkten Gespräch mit den Einheimischen erfahren, was die Menschen zum Überleben brauchen - und sei es nur ein für uns ganz alltäglicher Gegenstand, der dort ganze Zukunftsperspektiven schaffen kann.

Die Grameen Bank vergibt sogenannte Mikrokredite und richtet sich speziell an die arme und benachteiligte Bevölkerungsschicht. Muhammad Yunus, Gründer des Instituts und Vorreiter des Mikrofinanz-Gedankens, wurde 2006 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

"Von wegen Exceltabellen ausfüllen oder Kaffee kochen ... Für mich bietet dieses Praktikum die Möglichkeit, meinem Studentenleben für einige Zeit den Rücken zu kehren und mich neuen Herausforderungen zu stellen. Ich möchte versuchen zu verstehen, wie Menschen in anderen Ländern leben, welche Probleme sie haben und ob beispielsweise Mikrokredite diese lösen können", erklärt die Studentin ihr Vorhaben. Auch das Land, dessen Kultur und Menschen interessieren Laura Weinhold, die sich lange mit Bangladesch auseinandergesetzt hat. "Unvorstellbare Armut und eine hohe Analphabetenrate erwarten mich dort", weiß die Studentin. Das kann auch belastend sein, doch ihr sei es wichtig, den Blick ab und an zu wechseln und neue Herausforderungen anzunehmen.

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"Simoooon! Ich will heute an deiner Hand gehen!", "Wer darf heute den Bollerwagen ziehen? ...Und morgen?" oder die schlichte Feststellung: "Ich muss auf's Klo." Das sind Sätze, die Simon Heimrath momentan jeden Tag hört. Und das unzählige Male. Mit 28 Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren macht er sich gerade auf den Weg vom Kindergarten in einen nahegelegenen Wald in Gräfelfing; drei weitere Betreuer sind nötig, um der ausgelassenen Bande gerecht zu werden.

Der 26-jährige Politikwissenschaftsstudent nutzt die Semesterferien, um Geld zur Finanzierung seines Studiums anzusparen. Dabei ist es ihm aber nicht egal, womit er seine Zeit verbringt: "Die Kids sind lustig und mein Job ist abwechslungsreich. Außerdem bin ich gern draußen", erklärt der Student seine Arbeit als "Teilzeit-Onkel". Drei Wochen lang betreut er die Kindergruppe im Rahmen des Vereins "Eltern-Kind-Programm". Der wichtigste Part für die Kleinen ist dabei das Herumtoben im Wald. "Den Spielplatz mit Schaukel und allem drum und dran haben wir selbst gebaut", sagt Simon Heimrath nicht ganz ohne Stolz - eine willkommene Abwechslung zum Lesestudium.

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Von wegen Semesterferien - Richard Alt schreibt gerade in der Münchner Arnulfstraße bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young seine Abschlussarbeit. Der 25-Jährige studiert Wirtschaftsrecht und widmet sich in der vorlesungsfreien Zeit den "Ausgewählten Problemfeldern bei Outbound-Reorganisationen in den Europäischen Wirtschaftsraum, Umwandlungssteuererlass 2011".

"In meiner Abschlussarbeit untersuche ich die steuerlichen Rahmenbedingungen für den Umbau von Konzernen in Deutschland und Europa. Welche Möglichkeiten sind für die Unternehmen gegeben? Wo liegen neue Chancen? Wo sind Risiken abzusehen? Und was hat sich geändert?", erklärt der Student den sperrigen Titel seiner Arbeit. Die Globalisierung der Märkte und der zunehmende Wettbewerb stelle die Unternehmen ständig vor neue Herausforderungen. Mit seiner kritischen Auseinandersetzung will Richard Alt eine realistische Bestandsaufnahme der aktuellen Situation liefern und Möglichkeiten aufzeigen.

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Elsa Herrmann studiert Germanistik und Geschichte im vierten Semester. In den Ferien arbeitet sie in einer IT-Firma. "Ich möchte auch gern in anderen Bereichen Erfahrungen sammeln", erklärt die 21-Jährige.

Gerade arbeitet sie an einer Dokumentation zu einem Verwaltungsprogramm für Websites. "Dass ich fachfremd bin, kommt mir da sogar zugute. Diese Dokumentationen sind für Leute bestimmt, die den Umgang mit dem Programm erst lernen müssen," sagt die Studentin. Deshalb müsse man ihnen viele Dinge auch erst einmal erklären, die für IT-Kenner selbstverständlich seien. "Für die IT-ler gehört das sozusagen zum Allgemeinwissen, während ich alles bis ins kleinste Detail erkläre", zwinkert die angehende Geisteswissenschaftlerin.

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Georg-Friedrich Graf studiert im zehnten Semester Fahrzeug- und Motorentechnik an der TU München und ist Vorsitzender des Vereins "TUfast" - eine studentische Initiative, die sich bei internationalen Wettbewerben der "Formula Student" engagiert. Teams verschiedener Universitäten treten dann mit ihren selbstgebauten Rennwägen gegeneinander an.

"So einen Rennwagen zu entwerfen, selbst zu bauen und dann auch noch auf der Rennstrecke zu testen, kostet natürlich einiges an Zeit. Ich habe in den Semesterferien immer fast vollständig für das Projekt gearbeitet", erzählt Georg-Friedrich. Zu Beginn der vorlesungsfreien Zeit nahm der Student an einem der wichtigsten deutschen Wettbewerbe auf dem Hockenheimring teil (Bild). Beide Rennwägen der "TUfast" haben es unter die ersten fünf Plätze geschafft.

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Für die Münchner Studentinnen Franziska Holzer (Tourismusmanagement, rechts im Bild) und Andrea Wagner (Wirtschaftsingenieurwesen, links) hat das neue Semester schon längst wieder begonnen. Die beiden befinden sich für ein Auslandssemester in Australien - dort sind die Vorlesungszeiten verschoben. "Dass ich keine Ferien hatte, hat mich natürlich nicht gerade begeistert", sagt Franziska Holzer - die Aussicht auf fast vier freie Monate nach dem Semester in Australien, bevor das neue in München wieder losgeht, mache es aber einfacher, fügt die 22-Jährige zwinkernd hinzu.

"Das Studium ist ganz schön anstrengend in Australien, vor allem weil ich auch fachfremde Kurse belege", erzählt die Tourismus-Studentin. Am Wochenende gönnt sie sich mit ihrer Freundin Andrea aber auch mal eine Auszeit - wie hier auf dem Bild in Brighton Beach (Melbourne) vor den bei Touristen so beliebten bemalten Häuschen. "Landschaftlich ist Australien ganz anders als Deutschland. Das war auch einer der Hauptgründe, warum ich unbedingt hierher wollte", erzählt Franziska. Bereut hat sie die Entscheidung noch nicht; die Studentin fühlt sich sehr wohl im Land der Kängurus - "Alles, was ich in Deutschland von den Australiern gehört habe, ihre Offenheit und lockere Lebenseinstellung - das waren nicht nur Klischees, das hat sich wirklich bestätigt", freut sie sich.

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Ihre Mutter stammt aus Japan, ihr Vater ist Deutscher - die Studentin Emiko Liggefeldt wird oft auf ihren Vornamen angesprochen. Und dieser japanische Name ist nicht leicht zu erklären. "Wenn man das auf unsere Schrift überhaupt übertragen kann, dann bedeutet das "E" Bild, "mi" heißt Schönheit und "ko" heißt Kind. Und mein Name ist eine Mischung aus diesen Worten", lacht die 20-jährige Ethnologie-Studentin. In den Semesterferien bereitet sie sich auf ein Auslandsjahr in Japan vor.

Emiko Liggefeldt ist trotz ihrer Wurzeln nicht zweisprachig aufgewachsen. Japanisch musste sie deshalb erst an der Uni lernen und auch sonst fällt so einiges an Verwaltungskram an, bevor es nach Fukuoka auf der südlichsten Insel Japans namens Kyushu losgehen kann. Emiko hat ein Stipendium für eine dort ansässige Frauen-Universität ergattert - dort soll das weibliche Führungspersonal Japans akquiriert werden. Die ausländischen Studentinnen sprechen mit den Japanerinnen Englisch, im Gegenzug gibt es für die internationalen Gäste Japanisch- und Kulturkurse.

© sueddeutsche.de/wib
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