Streit um Variobahn:Neue Tramzüge stehen ungenutzt im Depot

Die Regierung von Oberbayern und die Münchner Verkehrsgesellschaft streiten über die Zulassung der Variobahn. Dabei werden die Trambahnen dringend gebraucht.

M. Völklein

Sie sind neu, 30 Meter lang, 40 Tonnen schwer und jede einzelne kostet 2,9 Millionen Euro. Im Tramdepot der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) warten derzeit drei Züge vom Typ Variobahn auf ihren Einsatz. Doch noch immer liegen nach Darstellung der Regierung von Oberbayern die nötigen Sicherheitsnachweise nicht vor. Die technischen Aufseher verweigern den Bahnen daher die Zulassung.

MVG präsentiert neue Straßenbahn, 2009

2009 wurde von der MVG die neue Variobahn präsentiert.

(Foto: Stephan Rumpf)

In einem SZ-Interview hatte MVG-Chef Herbert König zuletzt die Verantwortung dafür der Regierung gegeben: "Die Mitarbeiter der Regierung von Oberbayern haben erhebliche Ermessensspielräume", sagte König. "Für uns ist es sehr ärgerlich, dass Millionenwerte ungenutzt herumstehen."

Nun reagiert die Bezirksregierung in einer scharf formulierten Stellungnahme. Bei der Zulassung gehe "es nicht um Ermessensspielräume", schreibt Sprecher Heinrich Schuster, "sondern um die seit langem von der MVG eingeforderten absolut unerlässlichen Sicherheitsnachweise". Der Streit entzündet sich an verschiedenen technischen Nachweisen und Gutachten, die die Aufseher verlangen. Kompliziert wird das Ganze, weil jede Bahn für jedes Netz einzeln zugelassen werden muss.

In Bochum sind Variobahnen seit längerem im Einsatz; auch in München und Nürnberg fuhren sie bereits ein Jahr lang mit einer vorläufigen Betriebserlaubnis - jedoch unter Verantwortung der Verkehrsbetriebe. Im Juli nahmen die MVG wie auch die Verkehrsbetriebe in Nürnberg die Bahnen dann wieder vom Netz, "im Vorgriff auf eine drohende Stilllegung", so Schuster.

Denn nach Darstellung der Bezirksregierung fehlen Nachweise, "dass die Variobahn über alle Brücken fahren darf sowie ob die Bahn zum Beispiel am Nockherberg bei Regen sicher zum Halten gebracht werden kann". Für die Aufseher sei "die Sicherheit der Fahrgäste nicht verhandelbar", so Schuster weiter.

Die MVG findet dagegen, die Aufseher würden immer wieder neue Nachweise und Gutachten fordern. Die Abnahmeanforderungen seien lange im Vorhinein mit den Aufsehern besprochen gewesen, heißt es bei der MVG: "Leider hat es dann einen personellen Wechsel gegeben und in der Folge erheblich veränderte Anforderungen." Dies spiele im übrigen nicht nur bei der Variobahn eine Rolle, sondern auch bei den modernisierten Zügen vom Typ R2.2, von denen ebenfalls zwei ungenutzt im Depot stehen und deren Zulassung stockt. Auch hier fordern die Aufseher weitere Gutachten.

Die R2.2-Hersteller hätten daher bereits finanzielle Nachforderungen gestellt, so die MVG. Gegenüber der Verkehrsgesellschaft hätten die Hersteller darauf hingewiesen, dass die von der Regierung geforderten Unterlagen "in der Menge und in der Komplexität erheblich von den bisherigen Projekterfahrungen nach oben abweicht". Derzeit sei man damit beschäftigt, die geforderten Nachweise zusammen zu stellen - "in enger Abstimmung" mit den Aufsehern", so die MVG.

Die MVG benötigt die Trambahnen dringend, um ihre Fahrgäste zu befördern. Derzeit kann sie den Ausfall der Züge noch kompensieren, weil auf der Linie12 gebaut wird. Busse ersetzen dort die Bahnen. Bis Mitte November dauert die Baustelle noch an, dann braucht die MVG mehr Züge. Zudem hat sie bis Ende 2011 zehn weitere Variobahnen bestellt.

Und noch ein anderes Projekt stockt: Eine Variobahn wurde mit einem Akku ausgestattet und steht derzeit im Werk in Potsdam. Sie soll zeigen, dass man den Englischen Garten durchqueren kann, ohne eine Oberleitung bauen zu müssen. Zuvor aber will die MVG die Akku-Tram testen. Das Problem ist bloß: Ohne Zulassung ist auch kein Testbetrieb möglich.

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