Streit um Sonntagsöffnung:Verdi ruft Verkäufer zum Streik auf

  • Die Gewerkschaft Verdi läuft Sturm gegen die geplante einmalige Sonntagsöffnung am 14. Juni in der Münchner Innenstadt und ruft nun sogar zum Streik auf.
  • Verdi sieht in dem verkaufsoffenen Sonntag einen "Kniefall" vor den Innenstadt-Lobbyisten.
  • Die Stadtspitze weist die Kritik zurück, die SPD ist gespalten. Denn innerhalb der Partei ist das Thema Sonntagsöffnung umstritten.

Von Andreas Glas und Katja Riedel

Erst kamen harte Worte, nun folgen harte Taten: Die Gewerkschaft Verdi läuft Sturm gegen die geplante einmalige Sonntagsöffnung am 14. Juni in der Münchner Innenstadt - und ruft nun sogar zum Streik auf. Denn die Pläne für einen verkaufsoffenen Sonntag zum Stadtgründungsfest seien ein Kniefall vor den "Innenstadt-Lobbyisten" auf Kosten der Arbeitnehmer. Die Stadtspitze weist die Kritik zurück, die SPD ist gespalten.

Erstmals seit der Fußball-WM 2006 sollen nach dem Plan von CSU und SPD im Stadtrat am 14. Juni wieder an einem Sonntag die Innenstadtläden öffnen. Der Anstoß dazu kam von der Händler- und Gastronomenvereinigung City Partner - sehr zum Unmut von Verdi. Die Gewerkschaft verbindet nun den Protest gegen den Tag mit den Tarifverhandlungen im Einzelhandel und kann deshalb zum Streik aufrufen. "Wir sind seit 1. Mai nicht mehr in der Friedenspflicht und so in der Lage, gegen die geplante Sonntagsöffnung zu streiken", sagte der Münchner Verdi-Handelsexperte Georg Wäsler. Dabei gehe es nicht um die Öffnung an einem einzigen Tag, sondern ums Prinzip: "Die Händlervereinigung City Partner und die Konzerne wie Kaufhof wollen seit Jahren, dass das Ladenschlussgesetz verwässert wird", sagte Wäsler. Seit 1989 habe jede Verlängerung dazu geführt, dass weitere Schritte folgten. Die Mitarbeiter des Einzelhandels arbeiteten bereits jetzt ein Drittel länger als früher.

Sonntagsöffnung sei "verräterisch"

Sollte der Stadtrat an diesem Mittwoch tatsächlich der Sonntagsöffnung zustimmen, kündigte Wäsler "heiße Wochen" an. Schließlich müssten die Betriebsräte den Listen mit den Beschäftigten zustimmen, die am 14. Juni arbeiten wollen. Gebe es dann keine Einigung, müsste eine Einigungsstelle angerufen werden - und das könne dauern. Zeit, auf die Verdi setzt, denn das Tempo, mit der die Politik die Sonntagsöffnung durchsetzen wolle, empfinde er als "verräterisch", so Wäsler.

An diesem Freitag sollen deshalb die Beschäftigten im Einzelhandel der Münchner Innenstadt ihre Arbeit niederlegen. Von der Schwanthalerstraße aus wollen die Streikenden zum Stachus ziehen, dort soll es dann eine Kundgebung gegen den "Schuss aus dem Hinterhalt" geben, als den Verdi die Initiative der CSU/SPD-Stadtregierung wertet.

Bayernweite Tarifauseinandersetzung "halte ich für völlig daneben"

Der Vorwurf empört die City Partner. "Wir verwehren uns ganz entschieden, dass verantwortungsbewusste Unternehmen der Innenstadt mit solchen Slogans angegriffen werden", sagt Geschäftsführer Wolfgang Fischer. "Dass eine bayernweite Tarifauseinandersetzung aufgebauscht wird, um gegen die einmalige Münchner Sonntagsöffnung zu protestieren, halte ich für völlig daneben."

Auch der Zweite Bürgermeister und Wirtschaftsreferent Josef Schmid (CSU) weist die Verdi-Kritik zurück. "Für Begriffe wie "Hinterhalt" und "Schuss" habe ich kein Verständnis", konterte Schmid. "Die Sonntagsöffnung sei ein Serviceangebot für die Münchner. "Die Reaktion von Verdi ist für mich unverständlich und völlig unverhältnismäßig."

Innerhalb der SPD ist das Thema Sonntagsöffnung umstritten. Die Stadtratsfraktion ist dafür. Doch als beim Parteirat am vergangenen Mittwoch die SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) einen Antrag gegen den verkaufsoffenen Sonntag stellte, stimmte die Mehrheit der führenden Münchner SPD-Mitglieder dem zu - und positionierte sich damit gegen ihre Genossen im SPD-Stadtrat. Die planen weiterhin, am Mittwoch im Stadtrat für die Ladenöffnung zu stimmen. Das bestätigte Fraktionschef Alexander Reissl der SZ am Montagabend. Auch er steht in der Kritik von Verdi: Er hatte betont, dass am Stadtgründungstag vor allem Freiwillige arbeiten sollten. "Damit beruhigt er nur sein sozialdemokratisches Gewissen", heißt es auf dem Flugblatt, mit dem die Gewerkschaft für den Protest trommelt.

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