Streit um "Obazda":Käse vor Gericht

Über die Frage, ob Obazda ein bayerisches Kulturgut ist, lässt sich streiten. Die Landesvereinigung der Milchwirtschaft will den Brotzeitkäse als bayerisches Produkt schützen lassen. Ein Betrieb aus Baden-Württemberg legte Widerspruch ein.

Michael Tibudd

Saal II des Bundespatentgerichts an der Cincinnatistraße ist ein nüchterner Raum in einem nüchternen Gebäude, in dem es häufig um sehr nüchterne technische Feinheiten geht - was marken- und patentrechtliche Streitereien eben so an sich haben. An diesem Donnerstag wird das anders sein: Es geht dann um so etwas wie ein Kulturgut, zumindest aber um eine Köstlichkeit - und vor allem um die Frage, ob diese Köstlichkeit eine bayerische zu sein hat. Die Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft als Molkereienlobby im Freistaat will erreichen, dass Obazda EU-weit als "geschützte geographische Angabe" eingetragen wird. Das hätte zur Folge, dass der besonders im Biergarten beliebte Käsemix nur dann Obazda heißen darf, wenn er in Bayern hergestellt wurde.

Eine Portion Obzda in einem Biergarten

Besonders im Biergarten wird der Obazde als Teil der Brotzeit geschätzt.

(Foto: Marco Einfeldt)

Obazda ist ein urbayerisches Produkt", sagt Maria Linderer, Chefin des Molkereienverbandes, und ein solches gelte es zu schützen - "sonst stellen ja irgendwann die Chinesen bayerischen Obazdn her." Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte einem entsprechenden Antrag des Verbandes aus dem Jahr 2006 bereits stattgegeben. Allerdings legte ein Betrieb nicht etwa aus Fernost, sondern aus Baden-Württemberg Einspruch ein, weswegen das Patentgericht nun entscheiden muss. Pikanterweise hat das Unternehmen "Pflaum's feine Frische", das den bayerischen Exklusivanspruch bekämpft, seinen Sitz in Leutkirch im Allgäu - nur wenige Kilometer vom Freistaat entfernt. Die Angelegenheit ist also auch deswegen äußerst spitzfindig, zumal Pflaum erst vor gut acht Jahren von München ins außerbayerische Allgäu umgezogen ist. "Wir haben schon immer Obazdn gemacht", sagt Firmensprecher Michael Schreck. "Für uns würde ein Erfolg des bayerischen Verbandes einen großen wirtschaftlichen Schaden bedeuten."

Immerhin - aus dem Umland bekommt Pflaum nun sogar ein wenig Unterstützung: Auch dem in Grasbrunn ansässigen Feinkostunternehmen Kugler geht der Plan der Landesvereinigung zu weit. Geschäftsführer Oliver Kugler ärgert, dass der Verband auch bei der Rezeptur enge Grenzen setzen will. "Viele Leute mögen zum Beispiel keinen Kümmel", sagt Kugler - einen großen Teil der 220 Tonnen Obazdn, die sein Betrieb im Jahr herstellt, macht er deswegen ohne das Gewürz. Die Landesvereinigung besteht hingegen auf Gewürzen als Teil des Rezepts, zu dem darüber hinaus auch noch Camembert, Brie, Limburger oder Romadur sowie Frischkäse, Butter und Rahm gehören. "Nachahmerprodukte mit nicht typischen Zutaten sollen sich nicht Obazda nennen können", heißt es ganz grundsätzlich. Nicht typisch sind demnach auch Konservierungsstoffe, mit denen Feinkostfirmen wie Kugler ihren Obazdn länger haltbar machen. Aus Sicht der Milchwirtschaft darf das ausschließlich durch Erhitzen geschehen.

Zwei Varianten sind denkbar am Donnerstag: Das Patentgericht akzeptiert den Einspruch der Allgäuer Firma. Den bayerischen Obazdn hätte damit das Schicksal der Münchner Weißwurst ereilt - 2009 scheiterten Münchner Metzger mit dem Versuch, die Spezialität schützen zu lassen. Lehnt das Gericht den Einspruch ab, könnten die Gegner der Schutzbezeichnung in letzter Instanz den Europäischen Gerichtshof anrufen. Bis zu einer Entscheidung kann es dann Jahre dauern. "Und wir werden sicher kämpfen", heißt es aus dem beinahe bayerischen Leutkirch.

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