Streit um Landtagskandidat:Wahldebakel bei den Piraten

Piratenpartei in München, 2012

Piraten in München: Mitglieder der Piratenpartei schipperten 2012 mit Schlauchbooten von Schäftlarn nach Großhesselohe.

(Foto: Claus Schunk)

Ein ehemaliges CSU-Mitglied soll für die Kür zum Landtagskandidaten der Piraten Parteimitglieder eingeschleust haben. Für den einstigen JU-Chef im Münchner Süden, ist die Situation nicht neu: Er wurde schon einmal beschuldigt die Mehrheitsverhältnisse vor einer Wahl beeinflusst zu haben.

Von Dominik Hutter

Bei der Piratenpartei wird wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten die Wahl des Milbertshofener Landtagskandidaten wiederholt. Der Münchner Parteivorstand ist davon überzeugt, dass die Abstimmung durch eingeschleuste Parteimitglieder, die nur pro forma im Viertel gemeldet sind, zugunsten des Siegers Dominic Falter beeinflusst wurde.

Dem früheren CSU-Mitglied, der derzeit die Piraten im Bezirksausschuss 19 vertritt, wurde der Kandidatenstatus bereits aberkannt, die Wahl wird am Donnerstag wiederholt. Falter selbst sieht sich als Opfer einer Polit-Intrige. Frühere CSUler würden bei den Piraten kritisch beäugt - es gehe darum, ganz bewusst einen Kandidaten zu verhindern.

Für Falter, den einstigen JU-Chef im Münchner Süden, ist die Situation nicht neu: Er war einer der Protagonisten einer beispiellosen Schlammschlacht im früheren CSU-Ortsverband Thalkirchen, bei dem sich im Jahr 2008 die Konkurrenten um das Vorstandsamt gegenseitig beschuldigten, mit eingeschleusten Neumitgliedern die Mehrheitsverhältnisse beeinflussen zu wollen. Die Stimmung in dem Ortsverband war anschließend so miserabel, dass er aufgelöst und der benachbarten CSU Solln zugeschlagen wurde.

Falter beharrt darauf, dass die zu seinem Unterstützerkreis gerechneten Neumitglieder inzwischen aktive CSUler seien, während der Fraktion der Gegenseite die Mitgliedschaft verweigert wurde. Der Jungpolitiker stand allerdings auch schon 2003 im Verdacht, seine Kandidatur für das Vorstandsamt des RCDS, der Studenten-Organisation der CSU, mit Hilfe von Neumitgliedern beeinflusst zu haben. Die angefochtene Wahl wurde später vom Bundesschiedsgericht des RCDS für korrekt erklärt.

Bei der Wahl des Landtagskandidaten für den Stimmkreis 104 im November war Münchens Ober-Piraten aufgefallen, dass mehrere akkreditierte Parteimitglieder erst unmittelbar vor der Versammlung in den Stimmkreis gezogen sind - und dass sie einst gemeinsam mit Falter im Vorstand der Jungen Union (JU) saßen. Bei einer Vor-Ort-Überprüfung der angegebenen Wohnadressen überkam ein Vorstandsmitglied dann "erhebliche Zweifel an der Wohnsituation dreier Akkreditierter", so der Bericht des Kreisvorstands, der am Montagabend beschlossen wurde.

Die nach dem ersten Wahlgang erforderliche Stichwahl ging nach Auskunft von Münchens Piraten-Chef Holger van Lengerich 7 : 7 aus und wurde schließlich per Los entschieden. Dominic Falter hatte Glück - er zog den Buchstaben O, während sein Konkurrent das S aus einem Beutel mit Scrabble-Würfeln fischte. Sieger war, wessen Buchstabe weiter vorne im Alphabet auftaucht.

Dieses Losverfahren ist in den Augen des Vorstands ein weiterer Grund für die Wiederholung der Wahl, da der Inhalt des Beutels vor der Ziehung nicht präsentiert worden sei. Zudem habe man irrtümlich ein eigentlich stimmberechtigtes Piraten-Mitglied abgewiesen, dessen Stimme angesichts des knappen Wahlausgang aber maßgeblich gewesen wäre. In den Augen van Lengerichs sind das ausreichend Gründe, die Wahl zu annullieren - was der Landesvorstand schließlich auch vollzogen habe. Damit am Donnerstag nicht erneut Zweifel an der Stimmberechtigung der Wahlteilnehmer auftauchen, müssen diesmal auf Nachfrage Mietverträge vorgewiesen werden können.

"Ich gehöre eben nicht zur Clique"

Falter hält die angeblichen Unregelmäßigkeiten für konstruiert, um doch noch dem Favoriten des Parteivorstands zur Landtagskandidatur zu verhelfen. Zum Vorwurf, bewusst mit Hilfe von Neumitgliedern Einfluss aufs Wahlergebnis genommen zu haben, erklärte er: "Ich habe nicht wahrgenommen, dass ich irgendetwas anderes gemacht hätte als andere." Es sei normal, Unterstützer um sich zu sammeln und für die eigene Person Werbung zu machen - er sei selbst von dem Ergebnis überrascht gewesen. "Meines Wissens wohnen alle Akkreditierten im Stimmkreis 104", erklärte Falter.

Dass einige Teilnehmer der Wahl früher der JU angehört haben, hält der Bezirksausschuss-Politiker nicht für verwunderlich. Bei den Piraten gebe es zahlreiche Aktivisten, die früher in anderen Parteien organisiert waren. Das Vorgehen des Landesvorstands, ohne detaillierte Untersuchungen einen Kandidaten abzulehnen, sei ein "massiver Eingriff, der mit Demokratie nicht mehr viel zu tun hat".

Zumal am Wahlabend trotz Nachfragen des Wahlleiters niemand Einwände vorgebracht habe. Falter rechnet damit, dass bei der Versammlung am Donnerstag ein völlig anderes Ergebnis herauskommt als im November. "Ich gehöre eben nicht zur Clique."

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