Süddeutsche Zeitung

Streit um Gedenkort für Olympia-Attentat:"Das ist unser Schlittenberg"

Anwohner wehren sich gegen den geplanten Gedenkort für das Olympia-Attentat von 1972. Mehr als 300 Menschen im Olympiadorf haben ihren Protest über eine Unterschriftenliste deutlich gemacht. Eine Petition soll an den Landtag gehen.

Von Thomas Kronewiter

Erstaunt und erschrocken" sind viele Olympiadörfler über den geplanten Gedenkort zur Erinnerung an die Opfer des Olympia-Attentats. Erstaunt und erschrocken nicht bloß über die Standortwahl, sondern auch über das Konzept des Tirschenreuther Büros Brückner & Brückner, das den Ideenwettbewerb vor zwei Wochen gewonnen hat. Und empört über die Art der Kommunikation, insbesondere die fehlende Einbindung der Anwohner.

Denn erfahren haben die meisten Olympiadorf-Bewohner aus der Zeitung, dass wesentliche Eckpunkte des Gedenkorts bereits festgezurrt sind. Ihren Unmut über das Verfahren bekunden die Nachbarn auf einer Unterschriftenliste: Mehr als 300 Menschen haben innerhalb weniger Tage unterzeichnet. Zudem soll eine Petition an den Bayerischen Landtag eingereicht werden.

Für den Protest gibt es mehrere Gründe

Ihren Ursprung hat die Bewegung gegen das Olympia-Attentatsdenkmal in der Person von Jennie Niedermaier. Die Olympiadörflerin hat sich die Architektenentwürfe im Jüdischen Museum angesehen, hat an Ort und Stelle nachgemessen und war sich dann sicher: "Das ist unser Schlittenberg." Der von ihr verfasste Begleitbrief zur Liste, den Kultus- und Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle erhalten soll, trägt denn auch die Überschrift "Nein zur Bebauung des Connollyberges".

Gründe für den Protest gibt es mehrere: Neben der Verärgerung, nicht eingebunden worden zu sein, mokieren sich Nachbarn über eine weitere "Zubetonierung" des Parks und über die offene und deshalb vermeintlich vandalismusanfällige Form. Nach dem Konzept soll der Gedenkort, ein "symbolischer Einschnitt" in einen Hügel auf einer Anhöhe am Kolehmainenweg, südlich des Dorfes und nördlich der Tennisanlage, ständig zugänglich, also nicht abgeschlossen sein.

Gegner sind nicht gegen die Idee an sich

Nicht hergeben wollen andere den "Dreh- und Angelpunkt der angrenzenden Connollywiese", die im Sommer Picknick- und Spielplatz, im Winter Rodelhügel sei. Und es gibt Widerstand, weil der Gedenkort nach Auffassung mancher Betroffener zu nah an der Wohnbebauung geplant sei. Wichtig ist den Gegnern der Gedenkstätte, dass sie nicht gegen die Idee an sich sind, sondern gegen die gewählte Form und den Standort.

Die Proteste haben mittlerweile die SPD-Landtagsabgeordnete Ruth Waldmann erreicht. Auch sie bedauert den Ausschluss der Anwohner. Nun versucht sie, kurzfristig einen Informationstermin im Olympischen Dorf anzubieten. Kultusminister Spaenle will zudem selbst in die November-Sitzung des Bezirksausschusses Milbertshofen-Am Hart kommen. Denn auch den Lokalpolitikern geht es wie den Bürgern: Sie haben vom Abschluss des Wettbewerbs nur aus der Presse erfahren. "Nicht gut" findet das Gremiumschef Alfred Hummel-Haslauer (SPD).

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Quelle:
SZ vom 08.10.2014/ahem
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