Streit beim Nahverkehr:Neue Bahnen für das Abstellgleis

Trambahnen Typ Avenio im Depot an der Einsteinstraße

Sie bleiben vorerst im Depot: zwei von insgesamt acht "Avenio"-Trambahnen, sie stehen im MVG-Betriebshof an der Einsteinstraße.

(Foto: Florian Peljak)
  • Seit Samstag stehen acht Fahrzeuge der neuesten Straßenbahn-Generation im Depot.
  • Aufseher der Bezirksregierung hatten eine vorläufige Zulassung nicht verlängert.
  • Der Auslöser: Das Verhältnis zwischen MVG und der Bezirksregierung ist angeblich "zerrüttet".

Von Marco Völklein

Die SPD-Rathausfraktion und der Fahrgastverband "Aktion Münchner Fahrgäste" haben massive Kritik an der Regierung von Oberbayern wegen des Ärgers um die Trambahnen vom Typ Avenio geübt. Die Aufseher der Bezirksregierung hatten die vorläufige Zulassung für die Trambahnen, die bis Ende Juli befristet war, nicht verlängert. Daher stehen seit Samstag die acht Fahrzeuge der neuesten Straßenbahn-Generation im Depot.

SPD-Stadtrat Jens Röver erklärte, "das Gebaren der Aufsichtsbehörde ist mit rationalem Menschenverstand nicht mehr nachzuvollziehen". Ständig würden neue Gutachten und Nachweise gefordert. "Das Streben nach einer möglichst großen Sicherheit ist grundsätzlich richtig", befand Röver. "Man kann es damit aber auch eindeutig übertreiben."

Warum die Zulassung nicht verlängert wurde

Die Aufseher warfen der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) vor, die angeforderten Unterlagen zunächst gar nicht und dann erst nach mehrmaliger Aufforderung am 30. Juli, also einen Tag vor Auslaufen der Genehmigung, vorgelegt zu haben. Diese würden nun durch Sachverständige geprüft. "Je nach Inhalt wird weiter zu entscheiden sein", sagte eine Sprecherin der Bezirksregierung. Eine Prognose, bis wann eine unbefristete Betriebsgenehmigung erteilt wird, sei "deshalb derzeit nicht möglich".

Bei den Unterlagen geht es laut Regierung um das "Instandhaltungs-" und das "Fahrerhandbuch". Anders als von der MVG dargestellt, handele es sich dabei nicht um Formalien, sondern um "sicherheitsgerichtete Anwendungsbedingungen, bei deren Einhaltung ein sicherer Betrieb der Fahrzeuge erst gegeben ist". Die MVG blieb indes bei ihrer Darstellung: Die Aufforderung, die beiden Handbücher vorzulegen, sei erst "vor wenigen Tagen" ergangen. Die Behörde habe also "nachträglich und extrem kurzfristig" die Unterlagen nachgefordert.

Neben der Rathaus-SPD ging auch Andreas Nagel von der "Aktion Münchner Fahrgäste" die Regierung scharf an. Er sprach von einem "Kasperltheater, für das uns jegliches Verständnis fehlt". Sicher sei eine technische Aufsicht nötig, die von der Münchner Behörde verlangten Nachweise überschritten allerdings jedes Maß. Hinzu komme, dass das Verhältnis zwischen MVG und Aufsehern "offenbar völlig zerrüttet ist". Die Frage sei, "ob da die richtigen Leute am richtigen Platz sind".

Welche Projekte noch vom Streit betroffen sind

Zumal die MVG-Oberen mit den Aufsehern nicht nur bei den Avenio-Trams über Kreuz liegen. In der Vergangenheit gab es mehrmals Streit um die Zulassung von Trambahnen, aktuell hakt es zudem bei der Zulassung der neuen U-Bahnen vom Typ C2. Diese hatte die MVG 2010 bei Siemens geordert, mittlerweile sind etwa drei Viertel der 21 bestellten Züge produziert. Auch erste technische Probleme wie Undichtigkeiten an den Türen wurden behoben. Dennoch steht ein Großteil der fertigen U-Bahnen auf einem Siemens-Gelände am Niederrhein - sie warten auf den Zulassungsbescheid der Bezirksregierung. Ursprünglich wollte die MVG die ersten C2-Bahnen bereits im Dezember 2013 losfahren lassen.

Woran es genau hakt, lässt sich von Außen schwer beurteilen. Beide Seiten erklärten, man stehe "in konstruktivem Kontakt" (Bezirksregierung) beziehungsweise "im permanenten Austausch" (MVG). Laut Regierung ist es an der MVG, "unter anderem den fehlenden Lichtraumnachweis" vorzulegen. Wo aber liegt das Problem konkret?

Nach SZ-Informationen gibt es Streit darum, wie dieser Nachweis zu erbringen ist: Die MVG will angeblich unter anderem "Klötzchenfahrten" vornehmen. Dabei werden Styroporplatten an die Züge geklebt, die damit durch die Röhren rauschen. Bleiben die Platten unversehrt, ist klar, dass der Platz im Tunnel, der "Lichtraum", ausreicht. Den Aufsehern genügt dieser Nachweis aber angeblich nicht. Sie fordern offenbar zusätzliche Berechnungen. Fahrgastvertreter Nagel fordert, es müsse "nun Schluss sein mit dieser Geheimnistuerei". Man müsse klar sagen, welche Seite für welche Verzögerungen verantwortlich sei. "Und diese Probleme bitte aus der Welt schaffen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: