Streit bei der Feuerwehr:Brand-Briefchen

Gasexplosion in einem Mietshaus in München, 2015

Sicherheitsstandards seien herabgesenkt, Fahrzeuge müssten außer Dienst genommen werden, lauten die Anschuldigungen der Feuerwehr-Gewerkschaft.

(Foto: Hess)

Die Gewerkschaft geißelt in einem Schreiben die verfehlte Personalpolitik - der Chef der Feuerwehr entkräftet die Vorwürfe

Von susi wimmer

Die Feuerwehr-Gewerkschaft schlägt Alarm: Sie spricht von überlasteten Feuerwehrmännern in München, von weniger Einsatzkräften und der Reduzierung von Feuerwehrfahrzeugen und kommt zu dem Schluss, dass die Stadt damit "den Sicherheitsstandard für die Bürgerinnen und Bürger senkt". In einem Brandbrief an Oberbürgermeister Dieter Reiter geißelt die Gewerkschaft eine "verfehlte Personalpolitik bei der Branddirektion" und legt noch einen Katalog mit Forderungen drauf. "Wenn der Brief vor zwei Jahren gekommen wäre, hätte ich es noch verstanden", sagt der Chef der Münchner Berufsfeuerwehr trocken. Doch jetzt ist Oberbranddirektor Wolfgang Schäuble ob der Attacke in dem Brief "etwas verblüfft".

Um das Dilemma, in dem die Berufsfeuerwehr steckt, zu verstehen, muss man etwas zurückgehen. Zum 1. Januar 2014 nämlich entschloss man sich, die Arbeitszeit der Retter von 54 auf 52 Stunden pro Woche zu reduzieren. "In der Realität heißt das, dass ich gut 80 Mitarbeiter mehr brauche, um den Sicherheitsstandard zu gewähren", sagt Schäuble. Tatsächlich genehmigte der Stadtrat im vergangenen Jahr rund 200 neue Stellen und die Feuerwehr startete eine Ausbildungsoffensive, um die Stellen zu besetzen. In diesem Jahr sollen noch einmal 136 neue Mitarbeiter hinzukommen, ebenso in den Jahren 2017 und 2018. Allein München kann die vielen neuen Mitarbeiter nicht ausbilden, so werden etliche Interessenten mittlerweile in Augsburg geschult, um dann später in München ihren Dienst absolvieren zu können. Und eines räumt Schäuble auch unumwunden ein: Die seit 2014 offiziell geltende Arbeitszeitverkürzung ist noch nicht bei seinen rund 1450 Feuerwehrmännern angekommen. Weil eben noch die neuen Kräfte angelernt werden müssen, arbeitet seine Truppe in Absprache mit dem Personalrat weiterhin 54 Stunden - und bekommt die Überstunden ausbezahlt.

Die Gewerkschaft indes kritisiert, dass einige Feuerwehrfahrzeuge wegen Personalmangels außer Dienst genommen worden seien und andere Fahrzeuge im "Springersystem" benutzt werden. Die Änderung des Funktionskonzeptes der Berufsfeuerwehr hätte "direkten Einfluss auf die gesetzlich geforderte Gefahrenabwehr der Landeshauptstadt München", so schreibt der Vorstand der bayerischen Feuerwehr-Gewerkschaft. Und zudem habe die Berufsfeuerwehr wegen akuten Personalmangels noch fünf Kollegen zur Werksfeuerwehr der Technischen Universität München ausgeliehen.

"Die Sicherheit in München ist Null gefährdet", setzt Wolfgang Schäuble dagegen. Er bestätigt, dass Sonderfahrzeuge mit Besatzungen, die mehrfach bereit gehalten werden, nun reduziert wurden. "Zum einen benötigen wir das Personal bei der Ausbildung, zum anderen können so hin und wieder Überstunden abgebaut werden." Durch die Reduzierung könnte es passieren, dass ein Wespennest jetzt nicht innerhalb einer Stunde, sondern erst nach drei Stunden weggeräumt werden kann. "Aber das stellt für mich jetzt kein Sicherheitsproblem dar."

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