Süddeutsche Zeitung

Streik:"Wir haben Wertschätzung verdient für unsere Arbeit"

Bei der Demonstration der Bahngewerkschaft vor der DB-Betriebszentrale gibt sich der GDL-Vize-Bundesvorsitzende Norbert Quitter kämpferisch

Von Andreas Schubert

150 Menschen können ganz schön laut sein. So viele in der Bahngewerkschaft GDL organisierte Streikende haben am Dienstag vor der Betriebszentrale der Deutschen Bahn (DB) in der Richelstraße demonstriert. Die Trillerpfeifen durften bei der Kundgebung nicht fehlen.

Dienstag war der zweite Tag des bis zum Mittwochmorgen dauernden Ausstands der Gewerkschaft Deutscher Lokführer, zu der unter anderem auch Fahrdienstleiter und Zugbegleiter gehören. Die DB konnte in dieser Zeit nur einen Notfahrplan aufrecht erhalten, bei dem nur etwa ein Viertel aller Fernzüge fuhren und nur etwa 40 Prozent der Regional- und S-Bahn-Züge. Und wie es aussieht, wird auf die DB und die Fahrgäste noch eine dritte Streikrunde zukommen. Daran ließen am Dienstag die Redner bei der Kundgebung nur wenig Zweifel. Uwe Böhm, bayerischer Bezirksvorsitzender der Gewerkschaft, erklärte, man demonstriere nicht zuletzt vor der Münchner DB-Zentrale, weil hier auch der Konzernbevollmächtigte Klaus-Dieter Josel sein Büro habe. "Der könnte ja mal in Berlin anrufen und sagen, wie die Stimmung in München ist", sagte Böhm.

Kämpferisch wäre wohl das richtige Wort, das die Stimmung beschreibt. Denn von den zentralen Forderungen von 3,2 Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von 28 Monaten, einer Corona-Sonderzahlung von 600 Euro und der ablehnenden Haltung zur Kürzung der Betriebsrenten rückt die GDL nicht ab. Die Lohnerhöhung sei ein notwendiger Inflationsausgleich, sagte Böhm. Norbert Quitter, stellvertretender GDL-Bundesvorsitzender, erklärte, die GDL sei eine Gewerkschaft, die sich nicht kleinreden lasse und bereit sei zu kämpfen. Er kritisierte zudem, dass auch die Infrastruktur der Bahn an vielen Stellen zu schlecht sei. Vor allem aber kritisierte er das Vorgehen der Bahn, die einen Corona-Bonus in Aussicht gestellt habe, aber keine Summe genannt habe. Dieses Angebot sei ein "Brandbeschleuniger" gewesen, so Quitter. Wenn die Bahn kein neues Angebot abgebe, dürfe man sich nicht wundern, wenn es zu einem dritten Streik komme. "Wir haben Wertschätzung verdient für unsere Arbeit und dafür stehen wir hier und kämpfen", so Quitter.

Wertschätzung ist ein Stichwort, das man im Gespräch mit den Streikenden immer wieder hört. Vor allem deshalb, weil man während der Pandemie, als andere im Home-Office blieben, trotzdem im Einsatz war und den Verkehr am Laufen gehalten habe. Eine Solidaritätsadresse mit demselben Tenor gab es auch von Reiner Baumgartner, der als Trambahnfahrer bei der Münchner Verkehrsgesellschaft arbeitet und im Namen der Gewerkschaft Verdi sprach: "Wir waren es, die vor der Pandemie da waren, die während der Pandemie da waren - und wir werden immer da sein", sagte er.

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SZ vom 25.08.2021
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