Reaktionen auf Warnstreik:"Die DB-Angestellten nutzen ihre Position aus"

Reaktionen auf Warnstreik: Nur sehr wenige Passanten verirrten sich am Montagmorgen an den Hauptbahnhof.

Nur sehr wenige Passanten verirrten sich am Montagmorgen an den Hauptbahnhof.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

München steht still: Verdi und die Eisenbahngewerkschaft haben zum Streik aufgerufen - und alle öffentlichen Nahverkehrsmittel sind betroffen. Wie Fahrgäste auf die ausfallenden Verkehrsverbindungen reagieren.

Von Jana Jöbstl und Benjamin Probst

Eine menschenleere Ankunftshalle am Münchner Hauptbahnhof kann man so nur nachts beobachten? Nicht an diesem Montag: Da stehen um acht Uhr morgens neben zwei Kamera-Teams nur ein paar vereinzelte Touristen, die sich wohl verirrt haben. Ansonsten ist die Bahnhofshalle leer. Nicht nur die Züge, auch S- und U-Bahnen, Tram und viele Busse stehen an diesem Morgen still.

Was halten die Menschen in München von dem Streik? Zeigen sie Verständnis? Und wie kommen sie an diesem Großstreik-Tag von A nach B?

"Ich kann den Streik schon verstehen"

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(Foto: Jana Jöbstl)

Christoph Litzel (31): "Weil ich wusste, dass die Bahn bestreikt wird, hat mich ein Kollege mit dem Auto bis nach München gefahren. Er ist direkt weiter zur Arbeit, ich fahre jetzt mit dem Bus nach Meran in den Urlaub. Es gab also zum Glück eine vernünftige Alternative. Insgesamt bin ich trotzdem sieben Stunden länger unterwegs. Einmal wegen des frühen Aufstehens und dann wegen der längeren Fahrt. Ich kann den Streik schon verstehen. Dass die Arbeitgeber kein besseres Angebot machen, kann ich nicht nachvollziehen. Trotzdem ist der Streik auf dem Weg in den Urlaub natürlich unbequem. Hoffentlich klappt die Rückfahrt besser."

"Zum Glück muss ich erst morgen wieder arbeiten"

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(Foto: Jana Jöbstl)

Denis Bachnick (24): "So ein Streik ist natürlich immer doof, wenn er einen selber trifft. Weil ich im Gesundheitswesen arbeite, finde ich es aber wichtig zu streiken. Auch für mich in Bozen außerhalb von Deutschland sind Streiks ein Thema. Von Berlin aus bin ich mit dem Bus nach München gefahren. Jetzt muss ich erst mal schauen, ob nicht vielleicht doch ein Regionalzug fährt oder ob sich eine Mitfahrgelegenheit nach Bozen ergibt. Ich kann mir vorstellen, dass ich bestimmt drei Stunden länger unterwegs sein werde. Zum Glück muss ich erst morgen wieder arbeiten, ich bin also noch im Zeitplan."

"Ich bleibe jetzt noch einen Tag länger in München"

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(Foto: Jana Jöbstl)

Jamie Adams (22): "Dass heute Streik ist, habe ich erst auf dem Bahnsteig gemerkt. Ich war mit der Royal Navy beim Skifahren und wollte eigentlich eine Rundreise nach Florenz machen. Bei uns in England gibt es auch immer wieder Bahnstreiks. Das Ganze ließe sich gut lösen, wenn die Regierung in England die Gehälter anheben würde. Das gilt auch für unser Gesundheitssystem. Insofern ist der Streik in München für mich zwar unbequem, aber ich finde ihn gerechtfertigt. Für die Angestellten sind Streiks schließlich die einzige Lösung. Ich bleibe jetzt noch einen Tag länger in München, aber es gefällt mir hier. Die Verzögerung ist also nicht wirklich schlimm."

"Wenn wir so streiken würden wie die Bahn, sähe es für die Patienten sehr schlecht aus"

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(Foto: Jana Jöbstl)

Matthias Fröhlich (62): "Ich habe generell kein Verständnis für den Streik. Vor meiner Rente habe ich in der Altenpflege gearbeitet. Wenn wir so streiken würden wie die Bahn, sähe es für die Patienten sehr schlecht aus. Die DB-Angestellten nutzen also ihre Position aus. Ich will nur eine Freundin in Oberhaching besuchen, aber die S-Bahnen fahren erst ab 15 Uhr wieder. Normalerweise wäre ich schon dort. Zum Glück ist sie eine Langschläferin, da wird sie mir die Verspätung nicht ganz so übel nehmen. Ich überlege mir jetzt erst mal, wo ich die Zeit absitzen kann und etwas Gutes zu essen finde."

"Langfristig ist der Streik nicht gut"

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(Foto: Jana Jöbstl)

Fenke Fürst (26) und Malin Gerke (26): "Statt den geplanten neun Stunden werden wir jetzt wohl 27 Stunden unterwegs sein. Wir sind schon am Sonntag von Hamburg und Düsseldorf nach München gefahren - extra einen Tag früher. Wir hatten gehofft, dass vielleicht die österreichische Bahn fährt, dem ist jetzt nicht so. Immerhin, den halben Weg in den Ski-Urlaub haben wir geschafft. Mal schauen wie es jetzt weitergeht. Beim Streik sind wir zwiegespalten. Einerseits ist er das einzige Druckmittel für die Angestellten, andererseits bekommen die Passagiere sicher keine Lust vom Auto auf den Zug zu wechseln. Langfristig ist das nicht gut."

"Selbst während der Corona-Pandemie war auf den Bahnsteigen mehr los als heute"

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(Foto: Jana Jöbstl)

Shukri Ido, 29: "Ich würde den Streik verstehen, wenn er sich denn lohnen würde. Für ein oder zwei hundert Euro mehr oder weniger verstehe ich das nicht. Ich arbeite am Hauptbahnhof. Selbst während der Corona-Pandemie war auf den Bahnsteigen mehr los als heute. Da gab es immerhin noch den ein oder anderen Zug, der ein- und ausfuhr. Normalerweise fahre ich mit der U-Bahn zehn Minuten zur Arbeit, heute musste ich das Auto nehmen. Das steht jetzt vor dem Bahnhofseingang, mal schauen, ob ich einen Strafzettel bekomme. Heute Früh bin ich noch gut zur Arbeit gekommen. Am Abend lande ich wahrscheinlich im Berufsverkehr, da plane ich schon mit 1,5 Stunden Fahrzeit."

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