Süddeutsche Zeitung

Streik bei der Abfallversorgung:Münchens Müll bleibt liegen

Überfüllte Tonnen, geschlossene Wertstoffhöfe: Rund drei Viertel der Münchner Müllmänner haben am Freitag gestreikt. Ihr Ziel ist ein verbesserter Gesundheitsschutz, denn die Beschäftigten müssen seit einiger Zeit Einschnitte hinnehmen.

Michael Tibudd

Rund drei Viertel der Münchner Müllmänner haben am Freitag gestreikt. In weiten Teilen des Stadtgebiets wurden deswegen keine Mülltonnen ausgeleert. Lediglich im Münchner Norden rückten die Müllwerker nach Angaben des Abfallwirtschaftsbetriebes (AWM) weitgehend nach Plan aus, insgesamt waren nur 36 der geplanten 149 Müllautos unterwegs.

Auch die Container in den Wertstoffhöfen blieben voll, so dass der Streik auch Folgen für den Samstag und Montag hat: An beiden Tagen bleiben alle Wertstoffhöfe in der Stadt geschlossen, weil die Container erst nach- und ausgeleert werden. Die Tonnen, die am Freitag voll blieben, sollen im Lauf der kommenden Woche geleert werden.

Die Gewerkschaft Verdi hatte die Müllfahrer und Mülllader für den Freitag zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Die Gewerkschaft wollte damit Druck ausüben in Verhandlungen mit dem AWM. Ziel ist ein verbesserter Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Bislang verweigerte der städtische Betrieb aber offenbar Verhandlungen.

"Wir wollen eine definitive Gesprächszusage", sagt der zuständige Verdi-Sekretär Erich Brändle. Der AWM soll nach dem Willen von Verdi und Mitarbeitervertretern eine Gefährdungsanalyse für jeden Arbeitsplatz erstellen und bei Bedarf die Sicherheit erhöhen.

"Kümmert euch um die Menschen im AWM - es geht uns schlecht", sagte denn auch die Verdi-Vertreterin im Betrieb Sigrid Pickhardt bei der zentralen Streikkundgebung am Freitagvormittag am Stachus. "Wir sind unterbesetzt, müssen buckeln und haben viel Stress", sagte Pickhardt. "Viele haben Angst, ob sie ihre Rente noch gesund bekommen."

Ein Ärgernis für viele ist eine Neuregelung bei den Arbeitszeiten, die seit diesem Frühjahr in Kraft ist: In Wochen mit Feiertagen müssen die Müllwerker jetzt immer samstags arbeiten - durch einen Feiertag verschiebt sich der Rhythmus der Touren in der Stadt seither um genau einen Tag nach hinten.

Viele Jahre zuvor hatten die Fahrer und Lader die ausgefallenen Touren der Feiertage im Lauf der restlichen Woche wieder hereingeholt, durch Mehrarbeit von ein bis zwei Stunden am Tag. "Das war kein Problem, man hat das gut geschafft", sagt einer der Protestierenden am Stachus, der an diesem Tag eine Tour im Münchner Osten bestreikt. "Jetzt fehlt uns in Wochen mit Feiertagen der komplette Samstag zur Erholung." Die Beschäftigten fordern denn auch einen Anspruch auf zwei freie Tage am Stück pro Woche.

Darüber hinaus beklagen die Beschäftigten die Kürzung diverser Zuschläge in den vergangenen Jahren - und sie sind verärgert über die Preispolitik, mit welcher der AWM in den vergangenen Jahren positive Schlagzeilen verursacht hat. In der Tat senkte die Werkleitung die Müllgebühren zuletzt dreimal hintereinander. "Für die Leute wird der Müll billiger, und uns streichen sie die Zuschläge", sagt ein Müllfahrer. Für zusätzliche Missstimmung sorgt das seit 2008 geltende Verbot, Geldgeschenke anzunehmen - gerade zu Weihnachten hatten viele Münchner ihren Müllmännern gerne Trinkgeld gegeben.

Das Kommunalreferat der Stadt, zu dem der AWM gehört, ist ob des Warnstreiks "verwundert": Man könne gerade beim Arbeitsschutz und bei der Gesundheitsförderung auf "überdurchschnittliche Standards und Angebote" verweisen, hieß es am Freitag. Zumindest der Arbeitgeberverband VKU habe diese auch schon ausgezeichnet. Es gebe Kurse wie Rückentrainings oder Schulungen für körperschonendes Arbeiten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1133059
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 20.08.2011/sonn
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.