Süddeutsche Zeitung

Strauß-Prozess:Nullen, Namen und Notizen

Vor Verschwinden der Festplatte wurden offenbar doch einige Daten rekonstruiert.

Von Hans Holzhaider

Ein unscheinbarer Notizzettel könnte sich im Steuerprozess gegen Max Strauß als das erste Beweisstück entpuppen, das geeignet ist, einen konkreten Bezug zwischen dem ältesten Sohn des früheren bayerischen Ministerpräsidenten und jenem ominösen Schweizer Nummernkonto "Maxwell" herzustellen, auf dem der Rüstungslobbyist Karlheinz Schreiber 5,2 Millionen Mark gebunkert hatte.

Strauß ist angeklagt, dieses Geld, das aus Provisionszahlungen für Panzer- und Flugzeuggeschäfte der Firmen Thyssen und Airbus stammte, nicht versteuert zu haben. Er selbst beteuert, er habe von dem Konto nichts gewusst und nie über das Geld verfügt.

Spezialist vernommen

Am Dienstag vernahm das Gericht den Computerspezialisten Bernd Wißner, dem die Augsburger Staatsanwaltschaft im Januar 1996 die Festplatte aus einem bei Max Strauß beschlagnahmten Laptop zur Auswertung übergeben hatte. Wißner stellte fest, dass die Festplatte kurz zuvor neu formatiert worden war - nach Angaben von Strauß war das geschehen, weil sie von einem Virus befallen war.

Der Virus, sagte Wißner, sei von einer harmlosen Sorte gewesen. Trotzdem sei es sachgerecht gewesen, die Festplatte neu zu formatieren. Er habe auf der Festplatte eine einzige, große Datei gefunden, die circa 2000 private Adressen enthielt. Diese Datei wurde dreifach auf Sicherungs-CDs übertragen. Der gesamte restliche Speicherplatz sei mit Nullen überschrieben gewesen, vermutlich durch Anwendung des Programms "wipe".

"Warum macht man das üblicherweise?", fragte Staatsanwalt Christoph Wiesner. "Um irgendwelche Sachen zu überdecken, die vorher da waren", antwortete der Sachverständige.

Weil die Staatsanwaltschaft allzu gern wissen wollte, was das für Sachen waren, schaltete Wißner die Firma "Convar" in Pirmasens ein. Die teilte mit, sie habe nur einige winzige Datenfragmente finden können, die aber "keine zusammenhängende Information" ergeben hätten. Wißner gab die Festplatte deshalb noch an Spezialisten Hans-Jörg Diers in Germering weiter. Danach wurde sie nie mehr gesehen, was bis heute Anlass zu den schönsten Spekulationen gibt.

Ominöse Notizzettel

Weitere Nachforschungen bei der Firma Convar allerdings förderten mehrere Notizzettel zutage. Auf einem war vermerkt, es hätten doch drei Dateinamen auf der Festplatte rekonstruiert werden können. Sie lauteten "master", "GEORG" und "Max???".

"Master" war der Rubrikname des Maxwell-Kontos, bevor Franz Josef Strauß starb. Wenn dieser Name tatsächlich in einem Laptop von Max Strauß gespeichert gewesen wäre, wäre das ein belastendes Indiz erster Güte. Der Mann aber, von dem sich das Gericht näheren Aufschluss über die handschriftliche Notiz erhofft, erschien gestern nicht.

In Ruhe warten

Ralph Hensel, Europa-Manager der Firma Convar, befinde sich derzeit in Schottland und habe die Zeugenladung nicht erhalten, erfuhren die Richter auf telefonische Anfrage.

Max Strauß kann sich jetzt zwölf Tage lang in Ruhe auf den mit Spannung erwarteten Zeugenauftritt von Dieter Holzer vorbereiten. Die nächsten beiden Verhandlungstage setzte das Gericht mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand des Angeklagten aus.

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SZ v. 17.3.2004
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