Straßenverkehr:Die Stadt rüstet auf im Kampf gegen Temposünder

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Ein Autofahrer, durch den Sucher eines Lasermessgerätes der Polizei. (Foto: dpa)
  • Das Kreisverwaltungsreferat soll drei zusätzliche Autos für Tempokontrollen bekommen, die mit moderner Lasertechnik ausgerüstet sind.
  • Außerdem sollen neue Messgeräte zum Einsatz kommen, die einen ganzen Tag lang das Tempo von Autos überwachen.
  • Das soll der Stadtrat noch vor der Sommerpause beschließen.
  • In einer Studie wurde München kürzlich zur "Metropole der Temposünder" erklärt.

Von Heiner Effern, München

Die Stadt will mit neuen Blitzern und einer effektiveren Strategie härter gegen Raser vorgehen. In den Jahren 2017 und 2018 soll das Kreisverwaltungsreferat (KVR) drei zusätzliche Kontrollautos erhalten, die mit moderner Lasertechnik ausgestattet sind. Dazu plant die Stadt den dauerhaften Einsatz von neuen Messgeräten, die 24 Stunden oder länger unauffällig das Tempo auf den Straßen kontrollieren.

Diese blitzen Raser nicht, ermöglichen aber ein genaues Bild, wo am dringendsten und am effektivsten Überwachungen durchzuführen sind. Darüber hinaus will das KVR im Jahr 2018 Blitzer anschaffen, die es auf Anhängern mobil über die Stadt verteilt aufstellen kann.

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Der Blitzmarathon mag eine öffentlichkeitswirksame Schaufenster-Veranstaltung sein, aber Tatsache ist: Dort, wo kontrolliert wird, sinkt die Zahl der Verstöße.

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Diese neue Strategie will KVR-Chef Thomas Böhle noch im Juli vom Stadtrat beschließen lassen. "Das wäre ein absoluter Fortschritt. Ich stehe voll dahinter", sagt der Kreisverwaltungsreferent. Besonders von den neuen Dauermessgeräten verspricht er sich viel. "Wir wissen dann genau, zu welcher Zeit wo besonders schnell gefahren wird." Diese werden installiert und können dann ohne Wartung und Personal neuralgische Punkte über einen beliebigen Zeitraum überwachen. Dadurch könne die Stadt ihre Blitzer viel gezielter einsetzen, sagt Böhle.

Auch Wünschen von Bürgern nach mehr Kontrollen etwa auf Bürgerversammlungen könnte man besser nachkommen. "Wir können dann gefühlten Überschreitungen mit objektiven Messungen nachgehen." Das gilt besonders für Nachtstunden, in denen wenige Autos unterwegs sind. Das KVR kontrolliert im Moment grundsätzlich tagsüber, um Schulen, Kitas oder Seniorenheime zu schützen.

Die Initiative der Stadt hat auch mit den negativen Schlagzeilen zu tun, die München nach einer Studie des Instituts für Unfallforschung der Versicherungswirtschaft anhaftet. An 49 Standorten installierten dessen Kontrolleure im April 2016 Messgeräte, die einen Tag liefen und alarmierende Ergebnisse im deutschlandweiten Vergleich erbrachten. München sei "die Metropole der Temposünder", erklärte damals Instituts-Chef Siegfried Brockmann.

Dessen Sicht auf den Münchner Verkehr ist allerdings auch deshalb dramatischer als die von Stadt oder Polizei, weil seine Forscher jeden Fahrer registrierten, der unabhängig vom Tempolimit fünf Stundenkilometer zu schnell fuhr. Der Gesetzgeber räumt Fahrern deutlich großzügigere Toleranzgrenzen ein, abgestuft nach Straßen und Geschwindigkeit.

Auch die Polizei bekennt sich in einer Stellungnahme zu intensiven Tempokontrollen. Immer noch stirbt jeder zweite Verkehrstote in München wegen überhöhter Geschwindigkeit. Den Vorwurf, die Überwachung aus Personalnot zu vernachlässigen, weist sie zurück. Als Beleg führt sie 237 000 Verstöße gegen Tempolimits an, die sie allein 2016 geahndet hat.

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Die Tempokontrollen in der Stadt haben sich Polizei und KVR schon jetzt nach Vorgaben des bayerischen Innenministeriums aufgeteilt. Grundsätzlich blitzt die Polizei auf Hauptstraßen, die städtischen Kontrolleure überwachen Tempo-30-Zonen. Bei der Polizei verbleiben derzeit noch 22 Messpunkte, an denen sie Tempo 30 überwacht. Diese könnten künftig auf die Stadt übergehen, damit die Polizei ihre Ressourcen noch mehr auf den Hauptrouten einsetzen kann. Insgesamt verantwortet die Stadt im Moment Messungen in 600 Straßen, in 275 stehen regelmäßig die Radarfallen. Zwei Schichten schaffen pro Einsatztag Kontrollen in etwa 30 Straßen.

Fünf Fahrzeuge sind mit Blitzern ausgestattet, ein sechstes soll 2017 dazukommen, zwei dann 2018. Die neuen werden über Lasertechnik verfügen, das Modell der Zukunft, wie KVR-Chef Thomas Böhle sagt: "Wir können damit auch dort kontrollieren, wo es jetzt aus technischen Gründen nicht geht. Denn wir benötigen für die Lasergeräte keine langen Geraden und keine größeren Parkbuchten mehr."

Die Bilanz der städtischen Blitzer im Moment ist zweischneidig. Die Zahl der Verstöße geht zurück, doch immer noch ist jedes zehnte Auto in einer Tempo-30-Zone zu schnell. Dabei fällt vor allem auf, dass das Limit offenbar gezielt und kontrolliert überschritten wird. Nur vier von 100 Rasern haben mehr als 20 Stundenkilometer zu viel auf dem Tacho. Fast 90 Prozent der Geblitzten fahren bis zu 15 Kilometer zu schnell. Doch auch das kann den Bremsweg tödlich verlängern.

© SZ vom 17.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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