Straßenausbau:Teure Rechnung für die Schönheitskur

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Neue Grünstreifen und breitere Gehwege: Wenn Straßen saniert werden, müssen die Anwohner mitzahlen - auch wenn es sich um reine Verschönerungsaktionen handelt. Eine Ausnahme für sozial Schwache gibt es nicht. Die CSU würde diese Regelung gerne kippen, doch Rot-Grün bleibt hart.

Von Dominik Hutter

Wenn vor der eigenen Haustür die Bagger anrücken, wird es für viele Münchner nicht nur laut, sondern auch teuer. 28.000 Euro standen auf der Rechnung an einen Grundstückseigentümer an der Heidemannstraße im Münchner Norden. Im Extremfall, bei Besitzern großer Gewerbeflächen, können auch mal 54.000 Euro fällig werden - die höchste Summe, die das Baureferat bislang als Anliegerbeitrag für den Straßenbau eingetrieben hat.

Die Grundlage für solche Forderungen heißt im Behördendeutsch Straßenausbaubeitragssatzung, und sie ist der CSU ein Dorn im Auge. Denn die Anwohner werden nicht nur für normale Straßensanierungen zur Kasse gebeten, sondern auch für Verschönerungsaktionen. Wenigstens letzteres, so CSU-Stadtrat Georg Kronawitter, solle die Stadt bitte selbst übernehmen. "Das ist nur recht und billig."

Konkreter Auslöser des CSU-Protests waren Pläne der Stadt, die nicht des übertriebenen Reichtums verdächtigen Anwohner der Truderinger Straße an den Kosten für die Aufwertung des Truderinger Ortskerns zwischen Bajuwarenstraße und Schmuckerweg zu beteiligen. Zunächst stießen die Einwände im Planungsausschuss auch beim politischen Gegner auf Verständnis. Das Thema fällt aber grundsätzlich in die Kompetenz des Bauausschusses - und dort bügelte die Stadtratsmehrheit die CSU-Einwände nieder. Denn die Straßenausbaubeitragssatzung sei ganz bewusst so gestrickt, dass auch Verbesserungen im Straßenraum - neue Grünstreifen und Radwege, breitere Gehwege - von den Anwohnern mitbezahlt werden.

SPD-Fraktionschef Alexander Reissl bezweifelt zudem, dass der Unterschied zwischen Erneuerung und Verschönerung allzu viel ausmacht. Schließlich starte die Stadt keine Verschönerungsaktionen in völlig intakten Straßen. Erst wenn man ohnehin sanieren müsse, werde auch über Verbesserungen nachgedacht. Und wie breit dann Fahrbahnen oder Radwege ausfielen, spiele finanziell eine eher untergeordnete Rolle. Reissl verweist darauf, dass die Stadt einst von den eigenen Rechnungsprüfern dazu aufgefordert wurde, die zusätzliche Einnahmequelle anzuzapfen. Und dabei solle es auch bleiben.

Der Stadtrat hat die Satzung im Jahr 2004 beschlossen, zu Jahresbeginn 2005 trat sie in Kraft. Seitdem hat die Stadt laut Baureferat knapp zwei Millionen Euro von den Bürgern kassiert. Dabei ging es um lediglich zwölf Straßenbauprojekte - mitfinanziert von 1857 Zahlern. Die Anlieger müssen stets nur für einen Teil der Zeche aufkommen. Wie hoch der ausfällt, hängt von der Bedeutung der Straße ab. An großen Trassen mit viel Durchgangsverkehr wälzt die Stadt nur 20 Prozent der Kosten auf die Anwohner ab. Entsprechend großzügiger fällt der städtische Anteil aus. In kleinen Anliegerstraßen steigt der Bürger-Obolus jedoch auf bis zu 70 Prozent.

Wie viel jeder einzelne zahlt, hängt von der Grundstücksgröße und vom Baurecht ab. Wer also nur ein bescheidenes Häuschen besitzt, obwohl auf dem Grundstück ein opulenter Palazzo erlaubt wäre, zahlt den Palazzo-Anteil. Betroffen sind ausschließlich Eigentümer. Die Kosten dürfen nicht auf Mieter umgelegt werden.

Allerdings muss auch die Stadt eine strikte Vorgabe erfüllen: Vergammeln lassen gilt nicht. Vernachlässigt die Behörde den turnusmäßigen Unterhalt der Straße, so dass vorzeitig eine Generalsanierung fällig wird, sind die Anwohner aus dem Schneider. Kleinere Reparaturen, etwa von Schlaglöchern, werden ohnehin aus der Stadt-Schatulle beglichen. Die Satzung gilt nur für bestehende Straßen, in Neubaugebieten gelten andere Regelungen.

Dass es nicht jedem gefällt, für eine öffentliche Straße zu löhnen, liegt auf der Hand. Viele Anwohner protestierten gegen die Baustellen-Rechnung, Gerichtsverfahren gab es laut Baureferat aber noch nicht. Insgesamt seien 88 offizielle Widersprüche eingereicht worden, berichtet Behördensprecherin Dagmar Rümenapf. Davon hätten die Betroffenen etwa ein Drittel später wieder zurückgenommen. Der größte Teil der übrigen sei noch bei der Regierung von Oberbayern anhängig, der kommunalen Aufsichtsbehörde.

CSU-Mann Kronawitter hofft trotz der Abfuhr noch immer, die Satzung abmildern zu können. Denn Baureferentin Rosemarie Hingerl hat eine Umfrage in anderen bayerischen Großstädten angekündigt, um herauszufinden, ob mancherorts vielleicht sozial schwächere Anwohner von den Beiträgen ausgenommen werden. Schließlich hat nicht jeder mal eben 28 000 Euro auf der hohen Kante.

© SZ vom 31.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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