Straffällige Kinder:Jung und abgebrüht

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"Ey, kein Witz, Alter": Eine Gruppe Zwölf- und 13-Jähriger bedroht Passanten im Münchner Westpark. Bei der Polizei treten manche Kinder richtig abgebrüht auf - sie wissen, dass sie für Straftaten nicht belangt werden können. Ganz ungeschoren kommen sie aber nicht davon.

Von Florian Fuchs

Manchmal, erzählt Thomas Baumann, sind auch Kinder schon richtig abgebrüht, wenn sie etwas angestellt haben und auf einer Wache sitzen. Der Sprecher der Münchner Polizei weiß von Fällen zu berichten, bei denen die Kinder den Polizisten frech ins Gesicht schauen und ganz deutlich betonen, dass sie noch nicht 14 Jahre alt sind. Sie wissen ganz genau: Unter 14 Jahren können sie für Straftaten nicht belangt werden, sie sind noch strafunmündig.

Es ist der Paragraf 19 des Strafgesetzbuchs, der regelt, dass Kinder unter 14 Jahren schuldunfähig sind. "Egal ob sie eine Kleinigkeit stehlen oder einen Menschen schwer verletzen, sie können dafür nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden", sagt Baumann.

Die Polizei hatte erst am Wochenende wieder einen solchen Fall. Eine Gruppe von Kindern - darunter drei Zwölf- und 13-Jährige - bedrohte Passanten im Westpark mit einem Messer und forderte Geld. Als ein Pärchen die Kinder nicht ernst nahm, blaffte der Wortführer ihn sogar an: "Ey, kein Witz, Alter." Der Mann gab ihm daraufhin 50 Euro. Wenig später nahm die Polizei die Kinder fest - und übergab sie ihren Eltern.

Ganz ungeschoren kommen schuldunfähige Kinder aber auch nicht davon, sie sind von der ersten Tat an auf jeden Fall auf dem Radar der Jugendämter. "Wir arbeiten in solchen Fällen eng mit den Jugendämtern zusammen", sagt Baumann. Die zuständigen Beamten im Sozialreferat schauen sich jeden Einzelfall an und prüfen dann, ob sie den Eltern einen Besuch abstatten und die häusliche Situation begutachten müssen.

90 Jugendliche sind auf einer Liste gespeichert

Bei der Polizei selbst werden die Jugend-Kontaktbeamten aktiv: Sie erfahren von den Vorwürfen, gehen zum Jugendtreff oder in die Schule und sprechen dort mit Lehrern und den Kindern. Um ganz problematische minderjährige Täter kümmert sich bei der Polizei die Arbeitsgruppe Proper (Projekt personenorientierte Ermittlungen und Recherchen) des Kommissariats 23. Wer im Alter von acht bis 20 Jahren innerhalb von sechs Monaten fünf oder mehr Delikte begeht - darunter muss ein Gewaltverbrechen wie etwa Körperverletzung oder Raub sein - der kommt in die Liste. Von diesem Zeitpunkt an werden die Minderjährigen penibel beobachtet. 90 Jugendliche sind bei der Münchner Polizei zurzeit in der Proper-Liste gespeichert - darunter aber nur ein Kind, das jünger ist als 14 Jahre, ein zehn Jahre alter Bub.

Bekanntestes Beispiel in München für jugendliche Intensivstraftäter ist der Fall "Mehmet". Der Jugendliche mit türkischen Wurzeln hatte bereits mit 13 Jahren mehr als 60 Straftaten begangen, bevor er 1998 im Alter von dann 14 Jahren einen Schüler krankenhausreif schlug und ausraubte. Seine Haftstrafe von zwölf Monaten trat er nie an, weil er auf Veranlassung der Stadt abgeschoben wurde.

© SZ vom 12.08.2014 / ffu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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