Stille Örtchen in München:Toiletten-Theater

Die Suche nach einem stillen Örtchen und sauberen WC in der Münchner Innenstadt ist schwierig. Nun will das Kommunalreferat auch noch 34 Anlagen schließen. Die CSU tobt.

Die Suche nach einem stillen Örtchen und sauberen WC in der Münchner Innenstadt ist schwierig. Das weiß jeder, der zum Einkaufen oder Bummeln in der Stadt ist. Nun erregen sich auch Münchner Stadträte heftig über den Toiletten-Notstand, der damit zum Politikum zu werden droht. Anlass dafür ist ein "Strategie-Konzept WC-Anlagen", das das Kommunalreferat am Dienstag vorgelegt hat. Das kommt zu dem Fazit, dass zumindest bei 34 Toiletten über eine Schließung nachgedacht werden solle - wegen mangelnder Nachfrage und zu wenig Besuchern.

Hochbunker in der Blumenstraße in München, 2008

So nett könnten Notdurftanstalten sein: eine Toilettenanlage, gesehen im Hochbunker in der Blumenstraße in München.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Insgesamt gibt es in München 120 öffentliche WCs. "Die Stadt Frankfurt betreibt lediglich 18 Anlagen noch selbst, Hamburg 25, Nürnberg 32. Köln, Berlin und Hannover betreiben keine öffentlichen WC-Anlagen

", vergleicht das Papier aus dem Hause von Kommunalreferentin Gabriele Fridrich. In der Verantwortung ihres Referats sind 73 Anlagen, deren Betrieb jährlich 1,2 Millionen Euro kostet. "Dennoch gehen jedes Jahr unzählige Beschwerden bei der Stadtverwaltung über den Zustand der öffentlichen WC-Anlagen ein, weil sich mit diesem finanziellen Aufwand kein zufriedenstellender Zustand der Anlagen erreichen lässt", heißt es in dem Strategiepapier.

Also hat das Referat eine Bedarfsanalyse betrieben. Ergebnis: Es gibt 34 WC-Anlagen, die im Durchschnitt nur von 160 Nutzern am Tag aufgesucht werden. Die übrigen WC-Anlagen liegen an so zentralen Orten und sind so wichtig, dass sie von fast 80 Prozent aller Toiletten-Besucher genutzt werden. Die Schlussfolgerungen: Wenn das Geld nicht reicht, alle Toiletten in Ordnung zu halten, schließt man die 34 kaum genutzten, um wenigstens die wichtigsten Toiletten sauber zu bekommen. Unter den bedrohten sind einige an prominenten Orten, etwa am Stiglmaierplatz, im Lehel und an der Theresienwiese - letzteres, weil es nur während der Wiesn genutzt wird. "So lassen sich die vorhandenen Mittel dort wesentlich effektiver einsetzen, wo sie tatsächlich benötigt werden", heißt es in dem Papier. Damit blieben Zweidrittel der Anlagen erhalten.

Das sieht die CSU-Fraktion im Stadtrat aber ganz anders. Die vorgeschlagene Lösung "stinke zum Himmel", sagt der kommunalpolitische Sprecher Hans Podiuk und erhebt schwere Vorwürfe: "Die wirklichen körperlichen Grundbedürfnisse der Menschen negiert die Stadt." Außerdem würden die Bedenken der Bezirksausschüsse einfach "weggespült". Richard Quaas, Vorsitzender des CSU-Kreisverbandes München-Mitte spricht von "Skandal" und lehnt auch die Idee des Kommunalreferats ab, die Münchner Gastronomie mit in die Verantwortung zu nehmen. Unter dem Motto "Nette Toillette" sollten Gaststätten ihre WC öffentlich zugänglich machen. Die Wirte sollten nun "die Versäumnisse der Stadt mit ihren Restaurant-Toiletten kompensieren".

Im Juli muss nun der Stadtrat über Fridrichs WC-Pläne entscheiden. Richard Quaas fordert bis dahin neue Ideen, zum Beispiel selbstreinigende Toiletten in Litfaßsäulen. Die Verantwortlichen seien aufgerufen, "im wahrsten Sinne des Wortes über den Rand der Toilettenschüssel zu schauen".kc

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