Süddeutsche Zeitung

Stiftungsprofessuren:Was die TU München in ihrer neuen Filiale in Heilbronn plant

  • Im Wintersemester 2018/19 nimmt der TU-Campus Heilbronn mit der School of Management seinen Betrieb auf.
  • Die ersten zwei Master-Studiengänge heißen "Management" und "Management & Innovation".
  • In sieben Jahren will die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der TU hier etwa 1000 junge Menschen ausbilden.

Von Stefan Mayr

Die Außenanlagen könnten etwas mehr Grün vertragen. Aber ansonsten lässt es sich hier aushalten als Student in Heilbronn. Nicht nur die Mensa ist mit hochwertigem Stäbchen-Parkett ausgelegt, auch der Kellerboden. Nicht schlecht für eine Hochschule. Der sogenannte Bildungscampus liegt in der Nähe des Neckars und nicht weit vom Stadtzentrum. Alle Gebäude wurden 2011 oder später errichtet, mit ihren vielen raumhohen Fenstern sind sie architektonisch ansprechend. Ein Neubau, der alles Umstehende dominiert, wird im Oktober eröffnet: ein zehnstöckiges Hochhaus, in das die Technische Universität (TU) München einziehen wird. Im Wintersemester 2018/19 nimmt der TU-Campus Heilbronn mit der School of Management seinen Betrieb auf.

Zu Beginn werden es weniger als 100 Studenten sein, doch in sieben Jahren will die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der TU hier etwa 1000 junge Menschen ausbilden. Das Studien-Angebot reicht von Bachelor- und Master-Abschlüssen bis hin zur Promotion und wird sich mit viel diskutierten Zukunftsthemen der Betriebswirtschaft beschäftigen: Wandel durch Digitalisierung, Familienunternehmen sowie Firmengründungen und Start-ups.

Die ersten zwei Master-Studiengänge heißen "Management" und "Management & Innovation". Der weiterbildende Master-Studiengang "Management & Innovation" richtet sich an bereits fertig ausgebildete Ingenieure, die noch einen Abschluss in Betriebswirtschaftslehre (BWL) obendrauf satteln wollen. Dieses Studium wird Gebühren kosten. Gebührenfrei ist der Studiengang "Management". Er wendet sich an Bachelor-Absolventen aus Ingenieur- und Naturwissenschaften. Bewerbungen sind von jetzt an möglich. Alle Kurse finden in englischer Sprache statt - "weil wir die Internationalisierung vorantreiben wollen", sagt TU-Präsident Wolfgang Hermann.

Heilbronn ist die sechste Außenstelle der TU; es gibt vier weitere in Bayern (Augsburg, Freising, Garching, Straubing) und Singapur. "Wer Singapur kann, muss auch Heilbronn können", scherzt Herrmann. Die Filiale in Heilbronn wird ihm mit der millionenschweren Unterstützung des Lidl-Gründers Dieter Schwarz und seiner Stiftung ermöglicht; der entsprechende Vertrag wurde am Mittwoch unterzeichnet. 20 Professuren spendet der 78-jährige Multimilliardär. 13 der neuen Lehrstühle werden in seiner Heimatstadt Heilbronn angesiedelt sein, sieben in München.

Die Ausstattung im Heilbronner TU-Hochhaus werde auf höchstem Niveau sein, verspricht Herrmann. Normal bekomme ein Professor zwei Assistenten-Stellen, hier jedoch vier, um die besten zu gewinnen. "Wir sind teuer, Qualität hat ihren Preis."

Wie viel Geld sich der vermutlich reichste Mensch Deutschlands die Zusammenarbeit mit einer der besten Universitäten Deutschlands kosten lässt, darüber haben die Partner Stillschweigen vereinbart. Die Vertreter der Stiftung und der Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel sind jedenfalls glücklich, dass sie die Marke TU mit ihrer weltweiten Strahlkraft gewonnen haben. Sie hoffen, dass jetzt noch bessere Studenten nach Heilbronn gelockt werden. Wenn diese fertig ausgebildet sind, wollen sie natürlich auch den einen oder anderen für die Handelsketten Lidl und Kaufland rekrutieren. Beide gehören der Schwarz-Stiftung zu 99,9 Prozent.

Andererseits will TU-Präsident Herrmann auch von der Niederlassung in Baden-Württemberg profitieren. "Bis vor Kurzem habe ich Heilbronn kaum gekannt", räumt er ein. Aber heute sei er "fasziniert" von der Region. "Eine derartige Hightech-Dichte findet man in Europa kein zweites Mal." Die sogenannte Region Heilbronn-Franken sei auch viel stärker von Familienunternehmen geprägt als München. Deshalb biete der neue Standort neue Chancen zur Erforschung dieses Unternehmenstypus.

Viele dieser Firmen seien kaum bekannt, aber höchst erfolgreich - bis hin zu Weltmarktführern. "Das interessiert die TU München", sagt Herrmann, der mit ihnen nun "Forschungspartnerschaften" eingehen will. Solche Kooperationen mit der Wirtschaft nennt der TU-Präsident "essenziell". Seine Hochschule "wäre ja verrückt, wenn wir solche Chancen nicht annehmen, um die jungen Leute auszubilden". Mögliche Arbeitgeber der Absolventen sind also nicht nur Lidl und Kaufland, sondern auch mittelständisch geprägte Auto-Zulieferer oder Maschinenbau-Firmen. Und auch die großen Autobauer wie Daimler oder Porsche, die nur eine Dreiviertel-Zugstunde entfernt in Stuttgart sitzen.

Den Studenten bietet die wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der TU eine interessante Kombination: Sie bildet Kaufleute aus, die sich auch in technischen Dingen auskennen. "Die Unternehmen wollen Führungskräfte, die auch technisch ticken und die Fachbegriffe der Ingenieure verstehen", sagt Herrmann. Deshalb muss jeder Student schon im Grundstudium ein technisches Fach belegen.

Von 2019 an wird die TU diesen BWL-Bachelor-Studiengang auch in Heilbronn anbieten. Dabei werden die Studierenden allerdings nicht alle Semester am Neckar verbringen: Im ersten Jahr werden in Heilbronn die BWL-Grundlagen gelehrt, im zweiten Jahr ist dann in Garching das technische Grundwissen dran. Dafür sollen an beiden Orten Studenten-Wohnungen errichtet werden. Außerdem wird in Heilbronn auch ein ähnlich kombiniertes Master-Studium angeboten, das sowohl betriebswirtschaftliches als auch juristisches Wissen vermittelt.

Der neue TU-Campus dort ist auch für das Lehr- und Verwaltungspersonal attraktiv: Denn die Kooperation mit der Dieter-Schwarz-Stiftung ist auf unbestimmte Zeit vorgesehen. Formell ist sie zwar zunächst auf 30 Jahre befristet, aber bereits acht Jahre vor Ablauf dieser Zeit soll es Gespräche zur Verlängerung des Vertrags geben. 30 Jahre sind in jedem Falle schon viel länger als üblich, normalerweise laufen Stiftungsprofessuren nach fünf bis acht Jahren aus.

Die Professoren-Stellen werden nun ausgeschrieben und in drei Wellen besetzt. Insgesamt wird die TU in Heilbronn bis 2025 eine dreistellige Anzahl von Jobs schaffen. Heilbronns Oberbürgermeister spricht deshalb von einem "Sechser mit Zusatzzahl". Er freue sich auf die neuen Bürger - und auf die neuen Ortsschilder mit dem Prädikat Universitätsstadt.

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Quelle:
SZ vom 09.02.2018/vewo
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