Überraschend aufgeräumt sei er ihnen vorgekommen in letzter Zeit, sagen jene, die Stellario Fagone näher kennen. Der gebürtige Turiner, der Anfang März seinen Job als kommissarischen Leiter des Münchner Opernchores verlor, hat offenbar Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Wie heißt es doch, eine Tür schließt sich, eine andere geht auf: Anfang Juni übernimmt der 53-Jährige den Posten des künstlerischen Leiters beim Tölzer Knabenchor.
Wie es in einer Presseerklärung heißt, will Fagone die Identität des weltberühmten Chores in punkto Klang wie Repertoire bewahren, aber auch durch moderne Ideen ergänzen. Ziel sei es zudem, nach der Pandemie wieder neue "Tölzer Knaben" zu gewinnen.
Spannend wird unter anderem, ob unter seiner Leitung auch die traditionelle Zusammenarbeit zwischen den Tölzern und seinem früheren Arbeitgeber, der Bayerischen Staatsoper, fortgeführt wird. Fagone, der dort zuletzt nicht nur kommissarisch den großen Opernchor, sondern auch den Kinderchor leitete, war Anfang März fristlos gekündigt worden. Nach 20 Jahren am Haus: Von 2003 bis 2006 war er als Korrepetitor an der Staatsoper engagiert, von 2006 bis 2018 als stellvertretender Chordirektor. Die Suche nach einem neuen Chorleiter soll schon seit geraumer Zeit begonnen haben.
Kündigungsgründe weiter unklar
Über die Gründe der fristlosen Kündigung beziehungsweise konkrete Vorwürfe, die diesen arbeitsrechtlich harten Schritt rechtfertigten, schweigen sich beide Seiten bis heute aus. Hinter den Kulissen allerdings soll es unschöne Szenen gegeben haben. Das Wort "Mobbing" soll gefallen sein, von unterschiedlichen Lagern innerhalb des Chores war die Rede, von Fagone-Fans und solchen, die nicht mit ihm konnten.
Klar auf die Seite Fagones hatten sich die Mitglieder des 80-köpfigen Kinderchores samt Eltern geschlagen. Das legt zumindest ein offener Brief nahe, der seinen Weg in die Öffentlichkeit fand. Darin heißt es unter anderem: "Stellario Fagone ist unser Leiter, Lehrer und hat nach all den Jahren für uns eine väterliche Rolle übernommen." Der Chor habe durch ihn Höchstleitungen erbringen können und so dem Haus nie negative Kritik eingebracht. Im Brief ist von einer "familiären und warmen Atmosphäre" die Rede.
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"Dank ihm freuen wir uns jeden Tag auf die Arbeit im Opernhaus, das für uns alle mittlerweile zu einem zweiten Zuhause geworden ist. Wir können und wollen uns dieses Zuhause ohne Stellario Fagone nicht vorstellen, weil wir ihn unglaublich lieben und wertschätzen." Die Verfasser bezeichneten die Entlassung Fagones als "Ungerechtigkeit", auch wenn sie den Brief nicht als Kritik an der Intendanz der Oper verstanden wissen wollten. Die Kinder könnten nicht begreifen, "wie man einem Menschen, der so viel für uns getan hat und mit dem wir so viel erlebt haben, so etwas antun kann". Der Kinderchor hoffte, dass Stellario Fagone zurückkommen werde.
Dazu wird es nun nicht mehr kommen. Die Frage der SZ, ob es mit Fagone zu einer arbeitsrechtlichen Einigung gekommen sei, ließ die Bayerische Staatsoper am Dienstag unbeantwortet. "Kein Kommentar" hieß es auch, was die Verpflichtung Fagones beim Tölzer Knabenchor angeht.
An seinem neuen Arbeitsplatz erwartet Fagone Wertschätzung. "Er ist eine Institution und schafft es, dass alle mit Lust und echter Freude ihr Bestes geben - als Chorleiter wie als Coach von Stars wie Jonas Kaufmann", erklärt Barbara Schmidt-Gaden, Geschäftsführerin des Tölzer Knabenchors.