Startschuss für die 174. Wiesn:Drei Schläge zum Glück

Bei strahlendem Sonnenschein und weiß-blauem Bayern-Himmel hat Münchens Oberbürgermeister Christian Ude mit einem "O'zapft is!" die Wiesn eröffnet. Auch Edmund Stoiber war dabei - zum letzten Mal als bayerischer Ministerpräsident.

Beate Wild und Christina Maria Berr

Je näher die Stunde rückt, umso mehr Spannung liegt in der Luft. Alle warten aufgeregt auf die zwei berühmtesten Worte des Münchner Oberbürgermeisters: "O'zapft is!".

Ude beim Anzapfen / dpa

Brauchte dieses Mal drei Schläge: Oberbürgermeister Ude beim Anzapfen.

(Foto: Foto: dpa)

Der steht bereits vor dem Schottenhamel-Zelt. Gemeinsam mit dem Münchner Kindl, das den Zug der Wiesnwirte angeführt hat, und den Schottenhamel-Wirten wartet er auf den Einzug.

Nochmal ein schneller Blick auf einen Spickzettel - und dann noch Interviewfragen beantworten: Müssen sich Männer in kurzen Lederhosen die Beine rasieren?, fragt eine Journalistin. "Umgotteswillen!", ruft München 2. Bürgermeister Hep Monatzeder. Dann geht es auch schon rein.

Als zehn Minuten vor zwölf Uhr die Fanfaren-Bläser einsetzen, sind plötzlich alle auf den Bänken und beklatschen den einziehenden Christian Ude mit seiner Entourage euphorisch. Hinter ihm kommt Edmund Stoiber ins Zelt - sein letztes Mal als bayerischer Ministerpräsident beim Anstich.

Das letzte Mal mit zwei waschechten Oberbayern

"Wirklich schade", sagt Ude, dass mit diesem Anstich das Ende der rein oberbayerischen Besetzung in der Anzapf-Box gekommen sei. Künftig werde die Wiesn nicht mehr von zwei waschechten Oberbayern eröffnet, in den nächsten Jahren werde er mit Günther Beckstein auf der Wiesn einen Franken verköstigen müssen. Aber dem werde er "dann gerne auch oberbayerische Lebensart" beibringen. Aus dem Publikum ist Protest zu hören.

Edmund Stoiber, der mit Buhs und Applaus begrüßt worden ist, will sich einen möglichen Abschiedsschmerz nicht anmerken lassen. Immer wieder sagt er, es sei ja kein Abschied von der Wiesn. "Eine Maß kann ich auch nächstes Jahr trinken. Es muss ja nicht die erste sein." Es könne auch die sechste oder siebte haben. Und wenn er nicht mehr in der Kutsche fahren darf, wie komme er dann auf die Wiesn? "Ja mit dem Auto halt", antwortet Stoiber. Einen Parkplatz in Wiesnnähe hat der Ministerpräsident wohl noch nicht suchen müssen.

Moderator Christoph Däumling schlägt dem Oberbürgermeister vor, den möglichen Startschuss von Olympischen Spielen in München mit den Worten "O'zündt is" zu geben.

Dann greift Christian Ude endlich zum Hammer. Er setzt an, schlägt zu - und: Große Verwirrung entsteht unter den anwesenden Medienleuten, waren es nun zwei oder drei Schläge? Doch drei Schläge hat der Oberbürgermeister gebraucht - einen mehr als im vergangenen Jahr.

Das war, was er selbst prognostiziert hatte. Auch Wiesn-Wirt Peter Schottenhamel sagte noch unmittelbar vor dem Einzug ins Zelt, Ude würde drei Schläge brauchen, um sich im nächsten Jahr wieder selbst übertreffen zu können. Edmund Stoiber erklärt: "Eigentlich war es nur ein Schlag. Die anderen zwei waren Sicherheitsschläge."

Ude selbst nimmt's gelassen und schenkt die erste Maß ein, die traditionell der bayerische Ministerpräsident bekommt. Dann wünscht er allen eine friedliche Wiesn - auch eine Oktoberfest-Tradition.

Mit einer Verzögerung von ein paar Minuten setzt schließlich auch die Blasmusik ein. Die Leute bleiben gleich auf den in diesem Jahr neuen Bierbänken stehen und beginnen zu schunkeln. Währenddessen prosten sich Ude und Stoiber zu. Letzterer wirkt etwas ernst und nachdenklich. Ob es vielleicht doch am Abschiedsschmerz liegt?

In den Zelten kein Platz mehr

Kurz nach dem Anstich ertönen über dem Oktoberfest zwölf Böllerschüsse. Das ist das Zeichen für die Wirte der anderen Zelte, dass sie mit dem Ausschank beginnen dürfen. Auch im Schottenhamel-Zelt rennen schon die ersten Bedienungen mit Armen voller Maßkrüge durch das Zelt, um die seit Stunden wartenden, durstigen Gäste endlich mit Bier zu versorgen.

Draußen vor den Zelten ist nicht weniger los. Wer keinen Platz drinnen bekommen hat, braucht nicht traurig zu sein. Bei strahlendem Sonnenschein und weiß-blauem Himmel ist es in den Biergärten vor den Zelten mindestens genauso schön.

Drei Schläge zum Glück

Man bekommt zwar nichts mit von der Musik und der Stimmung, dafür aber eher noch einen Sitzplatz und eine Maß Bier. Auch Peter Schottenhamel findet den Gedanken, in seinem eigenen Biergarten zu sitzen, verlockend. Doch der Wiesnwirt, ganz in seinem Element, bedient gleich selbst ein paar Gäste mit den ersten Bieren.

Derweil ziehen Ude, Stoiber und mit ihnen ein Heer an Medienleuten nach oben in die Ratsboxe. Dort haben bereits etliche Städträte Platz genommen. Waren die Tische der meisten Fraktionen morgens noch leer, sind nun alle Bänke besetzt. Einzig CSU-Stadtrat Helmut Pfundstein war bereits um halb zehn in der Boxe und gab Journalisten Tipps, wie man auch am Samstagnachmittag noch in ein Zelt kommt.

Prominenz in der Ratsboxe

Nun sitzen auch Peter Gauweiler und Alt-Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel an der Balustrade. Und während Ude und Stoiber in aller Ruhe ihr Hendl essen, posiert derweil Margarete Bause, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Landtag, für die Fotografen. Sie will, so scheint es, ihre Parteifreundin und Wiesn-Liebhaberin Claudia Roth, die diesmal nicht da ist, ersetzen.

Mitten unter den Stadträten sitzt auch Schauspieler Axel Milberg mit seiner Frau Judith und das Münchner Original Petra Perle, die sich kurzerhand die Visitenkarte eines Gesprächspartners in den Dirndlausschnitt steckt. Ach, und dann wird auch noch Volksmusikant Florian Silbereisen im Zelt entdeckt. Doch auf der Bühne, da hat an diesem Tag Otto Schwarzfischer das Sagen.

Und während es drinnen zum x-ten Mal an diesem Mittag heißt "ein Prosit auf die Gemütlichkeit", hat sich draußen auch schon Rumgesprochen: Drei Schläge hat er gebraucht, der Ude.

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