Start-up aus München:"Jemand muss die Breze angreifen"

Start-up aus München: Gleicher Geschmack: Caroline Steingruber und Tim Nichols, die auch privat ein Paar sind, stehen auf Porridge.

Gleicher Geschmack: Caroline Steingruber und Tim Nichols, die auch privat ein Paar sind, stehen auf Porridge.

(Foto: David-Pierce Brill)

Caroline Steingruber und Tim Nichols wollen Porridge auf dem deutschen Frühstückstisch etablieren. Da kommt ihnen ein Märchen gerade recht.

Von David-Pierce Brill

Caroline Steingruber und Tim Nichols erzählen gerne Märchen. Besonders das in England beliebte "Goldlöckchen und die drei Bären". Darin betritt das kleine Mädchen Goldlöckchen das im Wald gelegene Haus der drei Bären. Auf dem Küchentisch findet sie drei Schälchen mit Brei. Die erste Schüssel ist ihr zu heiß, die zweite zu kalt, die dritte Schüssel schmeckt dem kleinen Mädchen.

Die beiden Jungunternehmer Steingruber, 31, und Nichols, 34, produzieren diesen Brei und wissen, dass das Märchen gut für das Marketing ihres Produktes, eben jenes Breis passt, den in England alle als Porridge kennen. Ihre Firma haben sie im Land von Hänsel und Gretel nach dem Märchen benannt: "3bears". Das erste Café, das den von Steingruber und Nichols produzierten Porridge auf die Karten nahm, hieß "Schneewittchen". Inzwischen gibt es ihr Produkt in fünf Läden zu kaufen.

Wollen die beiden uns mit ihrem Porridge Start-up ein Märchen auftischen oder meinen sie es ernst? "Jemand muss die Breze angreifen" sagt Steingruber ohne das Gesicht zu verziehen. Nichols geht weiter: "Wir wollen den Frühstücksmarkt revolutionieren." Die Vision der beiden ist es, Porridge nach Deutschland zu bringen und es zu einer Alternative von Breze und Frühstücksei zu machen.

Dabei ist Porridge in Deutschland schon länger als Haferbrei bekannt. "Verkannt", sagen die Porridge-Missionare. Sie wollen, dass die Menschen wieder an den Haferbrei glauben. Ihr Rezept: Geschmacksrichtungen wie "Fruchtige Kokusnuss" und "Zimtiger Apfel". Nicht einfach, gilt der Brei doch als Essen für Kleinkinder. "Wir machen kein Babygericht, wir sind erwachsen", sagt Steingruber.

Steingruber und Nichols treten professionell auf, nennen klare Ziele und wehren sich dagegen, als typisches Start-up bezeichnet zu werden. Hinter dem Märchen-Marketing verbirgt sich ein gut überlegter Plan mit klaren Expansionszielen. Beide hätten über drei Jahre den Markt analysiert und ohnehin funktioniere vieles, was in England auch Erfolg hat. Bisher produzieren beide 1000 Packungen Porridge im Monat, Steingruber hat vor der Gründung Ende vergangenen Jahres in der Marktforschung für die Lebensmittel-Branche gearbeitet, daher ihr Optimismus. Nichols ist Brite und mit Porridge aufgewachsen.

Porridge soll mehr sein als ein Trend

"Wir schaffen es länger als ein Jahr", sagen sie und wollen langfristig Erfolg haben. Sie betonen oft ihre langfristigen Ziele, weil sie kein Trend werden wollen. Von denen sind sie genervt: Acai-Beere hier, Chia Samen da. So ist ihre Arbeit auch eine Sehnsucht nach Kontinuität. "Wir sind keine Hipster, wir wollen ein Produkt für alle machen", sagt Steingruber. Kaufen sollen das Menschen, die sich bewusst ernähren, und Sportler.

Als Halbmarathon-(Steingruber) und Marathon-Läufer (Nichols) wissen beide, wie wichtig die Ernährung ist. Porridge ist der Lebensinhalt der beiden, die geschäftlich Partner und privat ein Paar sind. Wie wirkt sich Porridge auf die Beziehung aus? Obwohl beide sagen, Porridge sei ihr Leben, sind sie nicht besessen: Einmal in der Woche gibt es den Porridge-freien Sonntag, und eine Strafkasse für Porridge-Diskussionen nach Arbeitsende.

Und trotzdem bestimmt Porridge ihr Leben: lange Tage, viel Arbeit im gemeinsamen Home-Office und das ständige Zusammensein. Zum privaten Porridge-Essen kommen Rezept-Besprechungen. Was für die Beziehung zunächst anstrengend klingt, war für beide eine Glücksfall: "Das Geschäft hat frischen Wind in die Beziehung gebracht", sagt Steingruber.

Das Geschäft bringt neue Eigenschaften zum Vorschein

Umgekehrt hilft die Beziehung. Für eine Firmen-Gründung brauche man viel Vertrauen, durch die langjährige Beziehung sei das kein Problem. Sie betonen häufig, dass sie sich sehr gut kennen und so immer wissen, was der andere denkt. Und doch hat sie die Unternehmensgründung gegenseitig neue Seiten erkennen lassen: Nichols bezeichnet seine Verlobte als "Macherin" und Steingruber ihren Partner umgekehrt mit einem Augenzwinkern als "Perfektionisten".

Diese gegensätzlichen Eigenschaften seien aber kein Problem: "Wir versuchen professionell zu sein", sagt Nichols. Beide sind ehrgeizig im Geschäft und sachlich in ihrer Art. Und im Zweifel? Beziehung oder Porridge? "Beziehung, zu 100 Prozent", sagt Steingruber glaubhaft. Vor der Hochzeit im nächsten Jahr wollen beide aber erst einmal die Firma voranbringen. Anfang August startet ein Crowdfunding-Projekt im Internet, das einen Foodtruck finanzieren soll. Ziel sind 15 000 Euro. Der größte Spender wird sie dann nach Schottland zur Weltmeisterschaft im Porridge-Machen begleiten. Steingruber und Nichols werden zwar nicht antreten, aber genügend Gleichgesinnte treffen, die das Märchen von den drei Bären kennen.

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