Süddeutsche Zeitung

Zum 50. Todestag des Schriftstellers:Wider Willen um die Welt

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Fundstücke in der Galerie Wimmer zeigen, dass sich der Literat sein Leben lang mit der Heimat beschäftigte, obwohl es ihm ein Dasein als Weltenbummler bescherte

Von Sabine Bader, Berg

Er ist beileibe nichts Besonderes. Nur ein Teller, von der Güteklasse, wie ihn die Gemeinde heute noch verschenken könnte. Eigentlich hässlich. Dennoch ist er zurecht eines der wichtigsten Exponate der Berger Ausstellung "Das Bier ist gut hier - Oskar Maria Graf kehrt heim nach Berg" anlässlich des 50. Todestags des Schriftstellers. Der Grund: Graf bekam ihn während einer seiner seltenen Besuche in der ehemaligen Heimat. Er saß gerade mit seinem Schriftstellerkollegen Georg Lohmeier vor seinem Elternhaus (heute Oskar-Maria-Graf-Stüberl) in der Berger Ortsmitte, es war der Tag vor seinem 70. Geburtstag, da traten zwei Männer auf ihn zu: der ehemalige Berger Bürgermeister Willi Gastl und Grafs Freund Paul Huber. Und Gastl überreichte ihm als Geburtstags- und Willkommenspräsent in der alten Heimat besagten Teller mit dem Berger Gemeindewappen.

Diese Szene aus dem BR-Filmarchiv, aufgestöbert von den Kuratoren Katja Sebald und Andreas Ammer, ist in der Ausstellung ebenso zu sehen wie ein wandfüllendes Foto des Arbeitszimmers von Graf in New York, das zeigt, dass er den Teller schön drapiert auf dem Regal stehen hatte. Ein Stück Heimat eben. Der Teller sollte übrigens eine der wenigen Auszeichnungen bleiben, die der Literat bekam.

Überhaupt dreht sich die liebevoll konzipierte Ausstellung in der Berger Galerie Wimmer im ehemaligen Brauhaus maßgeblich um das Thema Heimat. So steht der erste Raum ganz im Zeichnen der frühen Lebensjahre des Autors - in Berg. Im zweiten Raum befassen sich die Kuratoren mit Graf in New York. Dort werden erstmals Originalbriefe gezeigt, die Graf aus der Fremde an seinen Freund Paul Huber nach Berg schrieb und in denen er sich unter anderem für die schönen Fotos aus der alten Heimat bedankte.

Mit dem Heimatbegriff hat sich Graf ein Leben lang beschäftigt. Klar, ist er doch quasi zum Weltenbummler wider Willen geworden, zum Heimatlosen: Mit 17 verließ er sein Elternhaus nach einem schlimmen Streit mit seinem älteren Bruder Max und schloss sich den Münchner Bohème-Kreisen an. Dort startete er auch die ersten mehr oder minder erfolglosen Gehversuche als Schriftsteller. Doch auch in München musste er fliehen - nicht vor dem gewalttätigen Bruder, sondern vor den Nazis. Sein Weg führte ihn zuerst nach Brünn in der Tschechoslowakei, dann nach Prag und schließlich 1938 über die Niederlande in die USA, wo er sich im Juli in New York niederließ, um dort sehnsüchtig über die Wellen am Starnberger See und die Farbe des Berger Grases nachzugrübeln.

Die Ausstellungsmacher haben akribisch gesucht und viel gefunden. Fotos, Briefe, Karten, die sie ganz unprätentiös an einer Art Wäscheleine befestigten und die sich durch beide Räume zieht. Etliches stammt aus dem Teilnachlass Grafs in der Münchner Monacensia - übrigens auch besagter Teller. Zu sehen ist unter anderem das Schild des Cafés, das Grafs Bruder Maurus in Berg betrieb, oder das Straßenschild für den Oskar-Maria-Graf-Platz, das nie dort angebracht wurde, weil eine Anliegerin erklärt hatte, sie werde sonst sofort ohnmächtig. Der damalige Bürgermeister hatte ein Einsehen mit der Frau und verbannte das Schild über Jahre in den Rathauskeller. Aufgespürt haben die Kuratoren auch eine Büste von Grafs Mutter Therese im Archiv des Museums Starnberger See. Aus dem Buchheim-Museum stammt die Holzplastik der Bildhauers Hans Schmitt und aus der Feder der Kuratoren der akribische Stammbaum der Familie Graf.

Dass sich die Berger längst mit ihrem berühmten Sohn ausgesöhnt haben, machte Bürgermeister Rupert Monn bei der Ausstellungseröffnung deutlich. Oskar Maria Graf habe seinen verdienten Platz in der Geschichte seiner Heimatgemeinde gefunden, sagte er. "Wir sind stolz auf diesen berühmten Berger."

Die Ausstellung in der Berger Galerie Wimmer, Perchastraße 7, ist noch bis 16. Juli jeweils donnerstags bis sonntags, 14 bis 18 Uhr, zu besichtigen.

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Quelle:
SZ vom 29.06.2017
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