Zugunfall in Seeshaupt:Bahnübergang sollte noch in diesem Jahr Schranken bekommen

Seeshaupt

An diesem Bahnübergang bei Seeshaupt passierte das Unglück.

(Foto: Christian Deussing)
  • In Seeshaupt sind zwei Frauen an einem unbeschrankten Bahnübergang vom Zug erfasst und getötet worden.
  • Die Unglücksstelle will die Bahn eigentlich schon längst besser absichern - eine Halbschranke mit Ampel hätte bald kommen sollen.
  • Auf der Zugstrecke wird außerdem in ein elektronisches Stellwerk investiert.

Von Christian Deussing und David Costanzo

Die Staatsstraße führt direkt am Bahndamm südlich von Seeshaupt entlang. An einer Lichtung zweigt die Straße zur Lauterbacher Mühle ab über einen Bahnübergang ohne Schranken. Auf der eingleisigen Strecke ist nicht viel los. Nur zwei bis vier Züge fahren in der Stunde Richtung Penzberg und zurück. Am Montagnachmittag traf zwei Frauen hier ein "tragischer Schicksalsschlag", wie Bürgermeister Michael Bernwieser sagt. Sie wollten in ihrem Auto aus Richtung der Lauterbacher Mühle auf die Staatsstraße abbiegen. "Die Insassen müssen wohl das Warnlicht übersehen haben." Ausgerechnet in jenem Moment, in dem die Regionalbahn heran rauschte. Die 67-jährige Fahrerin und ihre 83-jährige Beifahrerin, beide aus Gräfelfing, hatten keine Chance.

Der Regionalzug erfasst das Auto mit so einer Wucht, dass er es etwa 200 Meter mitschleift. Die beiden Insassen werden laut Polizei durch den Aufprall des Zuges vermutlich sofort getötet. Das Bild, das sich den Einsatzkräften bietet, ist schrecklich: Das Autowrack steckt halb unter der Lokomotive fest. Auch die Feuerwehrleute sind erschüttert, berichtet der Bürgermeister. Im Zug wird eine 51-jährige Frau aus Schongau leicht verletzt.

Und noch etwas macht Bernwieser betroffen: Die Bahn will den Übergang schon länger besser absichern. Noch in diesem Jahr soll eine Halbschranke mit Ampel in Betrieb gehen, bestätigt ein Sprecher. Das geschehe im Zuge der Modernisierung der Strecke von Tutzing nach Kochel am See. Eine Verkehrsschau zwischen Polizei, Freistaat und Gemeinde habe die Verbesserung ergeben, sagt der Sprecher. Die Bahn investiert 20 Millionen Euro in ein elektronisches Stellwerk. Dann können die Verantwortlichen zentral in Weilheim alle Signale und Weichen per Mausklick schalten - anstelle mehrerer Fahrdienstleiter, die entlang der Strecke Knöpfe und Hebel bedienen. Die Arbeiten sind bereits im vergangenen Jahr angelaufen und sollen im Herbst abgeschlossen sein. Auch am Bahnübergang am "Posten 10" in Penzberg sollen Halbschranken entstehen.

Der 52-jährige Lokführer hatte trotz Notbremsung wohl keine Chance, den Aufprall zu verhindern. Er war aus Richtung Penzberg nach einer lang gezogenen Gleiskurve auf den Bahnübergang zugefahren. Es gebe derzeit "keinerlei Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten des Lokführers", teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II am Dienstag mit. Daher sei auch kein Gutachten angefordert und kein Ermittlungsverfahren gegen den Mann eingeleitet worden.

Auch an der Technik hat es laut Polizei vermutlich nicht gelegen. Das Warnsignal habe funktioniert, berichtete die zuständige Inspektion in Penzberg. Die Polizei wird sämtliche Fakten zum Ablauf des Unglücks sammeln und der Staatsanwaltschaft übergeben. Es dauert aber noch Wochen oder Monate, bis das Ergebnis vorliegt. An dem Regionalzug entstand ein Schaden von etwa 100 000 Euro, am Auto von 5000 Euro. Eingeschaltet sind auch Experten der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung. Bisher gebe es keinerlei Hinweise darauf, dass die Warnblinkanlage nicht funktioniert habe, sagte Sprecher Boris Westhoff der SZ. Trotzdem würde die Sicherheitstechnik an dem Bahnübergang noch genau geprüft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: