ImmobilienmarktNeue Wohnungen mitten in Dießen

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So könnte das Gasthofgelände in Dießen künftig aussehen: Der Architekt Gerold Heugenhauser stellt im Rathaus die Pläne seines Münchner Büros vor.
So könnte das Gasthofgelände in Dießen künftig aussehen: Der Architekt Gerold Heugenhauser stellt im Rathaus die Pläne seines Münchner Büros vor. (Foto: Arlet Ulfers)

Auf dem Areal des ehemaligen Gasthauses „Drei Rosen“ an der Schützenstraße in Dießen sollen geförderte Wohnungen entstehen. Die Pläne stammen aus der Hand der Architekten, die in Utting das Schmucker-Quartier umgestaltet haben.

Von Armin Greune, Dießen

Die Gemeinde Dießen hat ein architektonisches Konzept für den Umbau und die Erweiterung des ehemaligen Gasthofs „Drei Rosen“ gefunden. Demnach ließen sich in dem Haus an der Schützenstraße und in zwei Neubauten südlich davon insgesamt 24 staatlich geförderte Ein- bis Vierzimmerwohnungen unterbringen. In einem nicht offenen Realisierungswettbewerb fiel die Wahl der Jury aus Kommunalpolitikern und Fachleuten unter zwölf Bewerbern auf einen Entwurf der WWA-Architekten Wolfram Wöhr, Gerold Heugenhauser und Aaron Johansen.

Das Münchener Büro ist am Ammersee bestens eingeführt: Es hat bereits für die Dießener Nachbargemeinde Utting Neubauten auf dem Schmucker-Areal geplant. Dort sind bis Dezember 2022 in sechs Häusergruppen 88 Mietwohnungen für Normalverdiener entstanden. Das Quartier gilt dank der attraktiven Architektur mit Holzfassaden und versetzten Pultdächern sowie der gelungenen Anbindung ans Dorf mit Spielplatz und Gemeinschaftsraum als städtebauliches Vorzeigeprojekt. Das Beispiel, wie eine Kommune mit begrenzten finanziellen Mitteln Wohnungen für vergleichsweise günstige Mieten schaffen kann, hat weit über den Ammersee hinaus Interesse bei potenziellen Nachahmern gefunden.

In Utting trat die weniger als 5000 Einwohner zählende Gemeinde mittels eines Kommunalunternehmens selbst als Bauherr auf. Bei einer Gesamtinvestition von 46 Millionen Euro flossen 32 Millionen Euro an Zuschüssen und zinsverbilligten Darlehen, damit wurden 6000 Quadratmeter geförderter Wohnraum geschaffen.

Seit sechs Jahren gehört das Gebäude an der Schützenstraße der Gemeinde.
Seit sechs Jahren gehört das Gebäude an der Schützenstraße der Gemeinde. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Das Modell zeigt, wie der zentrale Bereich in Dießen gestaltet werden könnte.
Das Modell zeigt, wie der zentrale Bereich in Dießen gestaltet werden könnte. (Foto: Arlet Ulfers/Arlet Ulfers)
Auf dem Plan ist die Lage der Gebäude zu erkennen: oben der Gasthof, darunter die beiden geplanten Neubauten.
Auf dem Plan ist die Lage der Gebäude zu erkennen: oben der Gasthof, darunter die beiden geplanten Neubauten. (Foto: Arlet Ulfers)

Das etwa 1700 Quadratmeter große und zentral im Ort gelegene Gasthof-Grundstück hatte die Gemeinde Dießen im Jahr 2018 gekauft, um es dem Zugriff von Spekulanten zu entziehen. Noch ist nicht endgültig entschieden, ob die Kommune das Projekt „Wohnen an der Schützenstraße“ selbst verwirklicht oder es einem Investor überlässt.

Bürgermeisterin Sandra Perzul will den Gemeinderat vom kommunalen Wohnungsbau überzeugen: Nicht umsonst habe man bei den Beratungen der Jury zum Wettbewerb Doris Schmid-Hammer, Sachgebietsleiterin für Wohnungswesen in der Regierung von Oberbayern, hinzugezogen und damit eine Fachfrau für Städtebauförderung. Auch wenn die Realisation an andere Interessenten vergeben würde, wären die Grundzüge der Planung des Wettbewerbssiegers verbindlich, sagte Perzul bei der Vorstellung der prämierten Entwürfe in der vergangenen Woche im Dießener Rathaus. Wie der Juryvorsitzende und Freisinger Architekt Michael Deppisch berichtete, hatte sich die Preisgerichtssitzung einen ganzen Tag von 9 Uhr morgens bis 20 Uhr abends hingezogen. Außer den neun Stimmberechtigten nahmen noch zehn weitere Personen an der Begutachtung der anonymisierten Vorschläge teil.

Wie im Schmucker-Quartier setzen die WWA-Architekten in Dießen auf eine Holzhybridkonstruktion mit Betonelementen. Heugenhauser spricht von einer „durch den Bestand sehr sensiblen Aufgabe“. Unter allen Bewerbern sieht sein Büro die größten Eingriffe in den historischen Gasthof vor: Das Gebäude soll um ein Geschoss aufgestockt und nach Süden hin zu einem fast quadratischen Grundriss erweitert werden. Dennoch habe man sich mit der Fassadengestaltung und dem Walmdach „der ursprünglichen Erscheinungsform angenähert“, findet der Planer.

Die Jury lobt an dem Entwurf die „zusammenhängenden, gut proportionierten Neubauten, die sich in der Höhenstaffelung mit ihren zwei und drei Geschossen sehr gut in die Umgebung einfügen“. Die mit dem First in Nord-Süd-Richtung ausgerichteten, langgezogenen Gebäude haben Satteldächer, die mit Photovoltaik bestückt werden sollen. Positiv hob die Jury weiter die Tiefgaragenzufahrt von der Schützenstraße und den Erhalt einiger Bestandsbäume hervor. Die mit einem Preisgeld von 20 500 Euro bedachte Arbeit „integriert sich sowohl in der städtebaulichen Setzung wie auch in der Ausarbeitung der Grundrisse und Fassaden sehr feinfühlig in den Kontext“, befanden die Preisrichter.

Den mit 15 500 Euro dotierten zweiten Preis sprach die Jury Axel Frühauf von Meck Architekten München zu. In dessen Entwurf sind im nahezu unveränderten Gasthof fünf Wohneinheiten vorgesehen, 20 weitere sind in einem großen, viergeschossigen Baukörper im Süden des Grundstücks geplant. Mit 8000 Euro und einem dritten Platz wurde der Beitrag der Freisinger Architekten Kerstin und Johannes Dantele ausgezeichnet, an dem der Jury vor allem der schonende Umgang mit dem alten Baumbestand gefiel. Außerdem wurde ein Anerkennungspreis von 6500 Euro an das Büro Witting Brösdorf in Leipzig vergeben.

Die Häuser mit Holzfassaden auf dem Schmucker-Areal in Utting: Vor drei Jahren wurde dort noch gebaut. Die Siedlung mit Mietwohnungen wurde ebenfalls von den WWA-Architekten geplant.
Die Häuser mit Holzfassaden auf dem Schmucker-Areal in Utting: Vor drei Jahren wurde dort noch gebaut. Die Siedlung mit Mietwohnungen wurde ebenfalls von den WWA-Architekten geplant. (Foto: Alessandra Schellnegger)

In den kommenden Monaten soll die Rathausverwaltung mit den WWA-Architekten Nachgespräche zur Feinabstimmung der Planung führen, kündigte Bürgermeisterin Perzul an. Die Schautafeln mit den vier Siegerbeiträgen werden im ersten Stock des Rathauses noch zwei Wochen lang ausgestellt und können während der Öffnungszeiten besichtigt werden. Die Bürgermeisterin rechnet mit einer Planungsphase von einem Jahr, während der Fachplaner und Bautechniker hinzugezogen werden. Ein konkreter Bauantrag könnte dem Gemeinderat Ende nächsten Jahres vorliegen, mit der Fertigstellung der Wohnungen ist frühestens gegen Ende 2028 zu rechnen.

Nach jahrzehntelanger Pause stemmt sich die Marktgemeinde seit einiger Zeit verstärkt der Wohnungsnot entgegen. 2020 wurden in Neudießen 18 Sozialwohnungen in zwei Baukörpern fertiggestellt. Im vergangenen Herbst kaufte Dießen von einem Bauträger 17 fast schlüsselfertige Mietwohnungen in drei Neubauten am Waffenschmiedweg. An der Straße Neudießen war eigentlich geplant, für die insgesamt 54 Gemeindewohnungen dort einen inklusiven Spielplatz für alle Generationen anzulegen. Die Kostenkalkulation dafür belief sich zuletzt auf 400 000 Euro, eine Förderung mit EU-Leader-Mitteln ist beabsichtigt. In seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat aber beschlossen, die Bauarbeiten vorerst nicht auszuschreiben. Man will sich die Option offen halten, auf dem Areal weitere Wohnungen zu errichten.

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