Süddeutsche Zeitung

Wohnen:Zu wenig "kritische Masse"

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Tutzing fehlt Grundstock für eigene Wohnungsbaugesellschaft

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Macht es für Tutzing Sinn, eine kommunale Wohnungs- und Grundstücksgesellschaft zu gründen, um günstigen Wohnraum zu schaffen? Eher nicht, ist das Fazit, nach der ausführlichen Stellungnahme eines Fachreferenten in der jüngsten Gemeinderatssitzung zu einem Antrag der Grünen. Die Gemeinde sollte über "mindestens 200 bis 300 Wohneinheiten, eher mehr" verfügen, über freie Grundstücke und Gewerbeeinheiten, verdeutlichte der Vorstand des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen, Andreas Pritschet. Es fehle die nötige "kritische Masse".

Der Verband unterstütze rund 470 Mitgliedsunternehmen, erklärte der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Davon seien rund 90 kommunale Wohnungsunternehmen - auch so große wie die GWG und die Gewofag in München, und 340 Wohnungsgenossenschaften. Auch bei Neugründungen berate der Verband, 2018 etwa in Erlangen, Neu-Ulm und Bischofswiesen. Allen kommunalen Wohnungsbaugesellschaften gemeinsam sei, so Pritschet, "den sozialen Hintergrund mit wirtschaftlichem Erfolg zu verknüpfen". Als denkbar für eine relativ kleine Gemeinde wie Tutzing mit 10 000 Einwohnern hält er eine interkommunale Wohnungsbaugesellschaft mit Nachbarn. Erlangen beispielsweise habe sich mit dem Umland zusammengetan, der Landkreis Fürstenfeldbruck mit mehreren Gemeinden. Allerdings müsse so ein Zusammenschluss wirtschaftlich sein: "Der Selbstzweck allein bringt's nicht." Zwar sind die finanziellen Bedingungen relativ leicht zu erfüllen - um eine Wohnungsbaugesellschaft zu gründen, müssten lediglich 25 000 Euro bei einem Notar hinterlegt werden. Allerdings brauche man eine Hausverwaltung, einen Buchhalter, müsse einen Jahresbericht erstellen. "Personalmäßig schaut es schwer aus", sagte Pritschet mit Blick auf den leeren Markt.

Grünen-Gemeinderat Bernd Pfitzner widersprach dem Personalbedarf: "Das suggeriert, wir bauen einen Riesenwasserkopf mit fünf Vollzeitkräften auf." Pfitzner erläuterte noch einmal, warum die Seegemeinde mit einer entsprechenden Gesellschaft "innovative Wege" beschreiten soll: den Mangel an günstigen Wohnraum in Tutzing lindern, kommunale Liegenschaften besser verwalten bei gleichzeitiger Entlastung der jetzt zuständigen Rathausmitarbeiter, Entkoppelung vom kommunalen Hauhalt, um einfachere Kreditaufnahmen zu ermöglichen, etwa für Renovierungen. Schon im vorigen November hatte der Gemeinderat grundsätzlich übereingestimmt, dass es dringend mehr erschwinglichen Wohnraum am Ort geben sollte. Mehrheitlich sah das Gremium jedoch eine eigene Wohnungsbaugesellschaft nicht als geeignet an. Rathauschefin Greinwald sah sich von Pritschet nun bestätigt. Sie wie auch Vertreter von CSU, SPD, Tutzinger Liste und Bürger für Tutzing hoben hervor, dass der "Verband Wohnen im Kreis Starnberg" die Bedürfnisse der Gemeinde mit abdecke. Tutzing gehört zu den 13 Verbandsmitgliedern. Der Verband errichtet, bewirtschaftet und verwaltet Wohnungen. Derzeit baut er in Tutzing 70 Einheiten Am Kallerbach. Vize-Bürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg (CSU) möchte mit dem Verband ausgelotet sehen, wie er Tutzing entlasten könnte. Laut Greinwald ist der Verband auch geneigt, ein kleines Grundstück der Gemeinde in Kampberg zu bebauen. Beschlossen wurde, dass sich mit dem gesamten Themenkomplex der Hauptausschuss näher befassen soll.

Ausdrücklich begrüßte Greinwald das Engagement von vier Tutzinger Bürgern für eine private Baugenossenschaft. Am Donnerstag, 24. Januar, ist dazu um 19 Uhr eine erste Informationsveranstaltung im Tutzinger Hof.

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Quelle:
SZ vom 21.01.2019
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