Wörthsee:Südlich von Stockholm

Lesezeit: 2 min

Gudrun Mittermeiers spielstarke Band "Somersault" tritt bei der Eröffnung des Alten Bahnhofs Steinebach auf.

Gerhard Fischer

SteinebachMitten im Konzert drehte sich die Sängerin Gudrun Mittermeier nach rechts um, deutete auf Fany Kammerlander und sagte: "Fany ist die beste Cellistin südlich von Hamburg, nein: südlich von Stockholm." Gut, man könnte sagen: Bestimmt gibt es in Bromölla in Südschweden oder in Bjæverskov in Dänemark noch eine bessere Cellistin. Aber das wäre kleinlich. Fany Kammerlander ist klasse, sie war die herausragende Musikerin an diesem Mittwochabend. Somersault", die Band von Gudrun Mittermeier, trat zur Neueröffnung der Kneipe am Bahnhof Steinebach auf. Mittermeier sagte, es sei eine Ehre, dass sie die Erste sei, sie freue sich und sie käme gerne wieder. Was man halt so sagt. Und sie lobte "die netten Leute", die sie hier kennenlernen durfte. Die netten Leute", das sind die neuen Eigentümer des Alten Bahnhofs Steinebach, die neuen Betreiber, die neuen Wirte, die neuen Bedienungen. Eigentümer und Betreiber - das sind die selben Leute, denn Hermann Schweigert und Dietlind von Laßberg, die das 108 Jahre alte Haus im Januar erworben hatten, führen es nun auch. Sie fanden nämlich bis jetzt keinen Wirt. "Wir hatten etwa 50 Bewerbungen", sagt Schweigert, "und wir haben auch mit allen gesprochen, aber es war einfach kein geeigneter Wirt dabei". Also machen sie es selbst: von Laßberg, der Versicherungsmakler Schweigert, seine beiden Kinder und ein paar Freunde, die am Tresen und als Bedienungen helfen. Und spätestens bis Ostern soll sich dann zeigen, wer von ihnen allen Wirt wird im Alten Bahnhof Steinebach. Wer es kann. Wer es mag. Wer seine bisherige Arbeitsstelle für den Kneipen-Job aufgeben will. Es macht uns allen Spaß", sagt Schweigert, "und am Anfang muss man halt ein bisschen Nachsicht mit uns haben, wenn nicht alles klappt." Und wenn manches noch provisorisch ist: Die schlichten Stühle, auf denen die Gäste am Mittwoch saßen, waren von der Gemeinde geborgt. Die eigenen sollen bis zu diesem Samstag geliefert werden. Immerhin, einen "Super-Koch" haben sie gefunden, sagt Schweigert, "einen Profi, der bisher einen Werkvertrag hat, aber hoffentlich ganz bei uns bleiben wird". Ab Mitte November ist das Lokal mittwochs bis sonntags geöffnet, samstags gibt es geschlossene Gesellschaften, mittwochs eine kulturelle Veranstaltung. "Somersault" machte den Anfang, es war die erste öffentliche Veranstaltung im Alten Bahnhof Steinebach. Es war ein guter Anfang, in einem voll besetzen Lokal, das luftiger, offener, steriler ist als früher. Gudrun Mittermeier hat eine prima Band, zu ihr gehören neben Fany Kammerlander der Drummer der Bananafishbones, Florian Rein (Percussion), und Martin Kursawe (Gitarre). Sie spielen wie aus einem Guss, es sind meist Stücke aus dem neuen Album "The Solitude and Me.". Ist das Funk, Blues, Pop? Eine Mischung? Sie selbst sprechen von "gesungenem Impressionismus", "traumverlorener Musik" und "charmanter Melancholie". Manchmal fühlt man sich an Aimee Man erinnert, an ihren sanften Songwriter-Pop. Manchmal auch an Xavier Naidoo, mit dem Gudrun Mittermeier einmal eine Platte gemacht hat. Handwerklich ist die Band klasse. Alles andere ist Geschmackssache. Gudrun Mittermeier, die mit dem Komiker Michael Mittermeier verheiratet ist, hat die Lieder selbst geschrieben, es geht um Verlassenwerden, Einsamkeit und Tod. Häufig auch um Kraft. Zwischen den Liedern redet sie über die Lieder, das ist manchmal anstrengend, denn sie kokettiert mit einer mädchenhaften Unsicherheit. Zusammen mit den Klängen, die auch zart sind, und ihrem Kleid, das weiß ist wie die Unschuld, ist das ein bisschen zu viel: zu viel Sanftmut.

Das erste Konzert neu eröffneten Steinebacher Bahnhof. Foto: Fuchs (Foto: Franz Xaver Fuchs)
© SZ vom 29.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: