Wörthsee:Songs für die Insel

Wörthsee: Die Natur spielt auch in ihren Texten eine Rolle: die vier Mitglieder von "Vorteilspack".

Die Natur spielt auch in ihren Texten eine Rolle: die vier Mitglieder von "Vorteilspack".

(Foto: oh)

Die junge Band "Vorteilspack" aus Herrsching und Germering hat mit eigenständiger und ungewöhnlich reifer Musik ihren Platz zwischen "Kings of Convenience" und "Notwist" gefunden.

Von Gerhard Summer, Wörthsee

So schnell kann es gehen: Ende November 2012 starteten Vorteilspack als Duo, Anfang 2013 wurde die Gruppe zum Trio, kam im Sommer beim Bandwettbewerb Emergenza bis ins Bayern-Finale in der Münchner Muffathalle und entschied im Mai 2014 den Bandcontest der Jugendhäuser im Landkreis Starnberg für sich. Die Formation gewann damals einen Aufnahmetag in den Tutzinger Red-Rooster-Studios von Peter Maffay.

Inzwischen ist Vorteilspack zum Quartett geworden, zu den Gründungsmitgliedern Max Grüner und Jakob Schuster (beide Gitarre, Gesang) sowie Jonas Dannecker (Klarinette, Drums, Gesang) kam im Sommer 2015 noch Elias Finsterlin dazu (Bass und Synthesizer). Die Gruppe, deren Altersdurchschnitt gerade mal bei 21 Jahren liegt, hat schon zwei Platten herausgebracht. Und so unwahrscheinlich es klingen mag: Das auf CD und auf Vinyl erschienene jüngste Album "Dreamconstruct" ist musikalisch so eigenständig und reif, dass man an ein kleines Wunder glauben mag.

Wie ein paar Freunde am Lagerfeuer

Natürlich hat auch diese nach einer Großpackung Barilla Spaghetti Nr. 5 benannte Band aus Herrsching und Germering Vorbilder. Sie schätzt vor allem die Elektroniktüftler Notwist aus Weilheim. Sie mag aber erstaunlicherweise auch die altmodischen Singer-Songwriter der Siebzigerjahre, hält viel von den unaufgeregten stillen Kings of Convenience und der Art, wie die Alternative-Band Alt-J ihre Themen vorantreibt. Trotzdem haben die Vier ihren eigenen Stil.

Sie selbst nennen ihre Musik "Psycoustic" und "Indietronic". Man könnte auch sagen: sehr entspannte, minimalistische, schwermütige, traumverhangene und wunderschöne Songs für die Insel. Der Gesang ist oft zweistimmig. Klassik- und Westerngitarren prägen die Songs zwischen Pop, Folk, Jazz und Rock. Oft hört sich das so an, als säßen ein paar Freunde rauchend und mit Gitarren, Klarinette, Saxophon und Percussion rund ums Lagerfeuer und schauten zu, wie das Leben vorüberzieht.

Und das Schönste an "Dreamconstruct" ist, dass die Stücke dieses Albums nicht geradlinig wie auf Schienen laufen. Immer wenn es zu ruhig und zu melancholisch wird, gibt es eine Wendung, mischt sich ein neu dazugekommenes Instrument ein, nimmt die Musik Fahrt auf und steigert sich wie im Titelsong zu einer Hymne, die von Fleetwood Mac oder Pink Floyd stammen könnte. Dazu kommt noch, dass sich diese jungen Musiker scheinbar nichts mehr beweisen müssen und viel davon halten, sich Gastmusiker ins Homerecording-Studio zu holen, zum Beispiel eine Bassklarinettistin. Vielleicht ist es diese Offenheit und Abgeklärtheit, die ihre Songs so relaxed klingen lässt.

Jakob Schuster schreibt die meisten Texte für die Herrschinger Könige der Entspannung. Er erzählt gerne vom "Kreislauf des Lebens", hat ein Faible für Märchen, packt Selbsterlebtes rein. Er sagt dazu: Lyrics, "die sich nicht aufdrängen". In "The Stranger, the Eagle & the Whale" zum Beispiel geht es darum, wie die Sonarwellen eines Schiffes einen Walfisch in die Irre leiten. Jakob Schuster studiert inzwischen in München Medizin, Max Grüner akustische Gitarre in Dresden und Jonas Dannecker Musik auf Lehramt. Elias Finsterlin macht eine Ausbildung zum Tontechniker. Die Songs schreiben vorwiegend Schuster und Grüner, einige Stücke sind auch zu dritt entstanden.

Keine Freunde von festen Strukturen

Hierarchien oder feste Strukturen mögen die Soundtüftler ohnehin nicht. Für sie ist es wichtiger, "für alles offen zu sein", genau zu überlegen, an welchen Stelle einem Song Reduktion gut täte, oder auch mal im Heimstudio zehn Stimmen übereinander zu schichten, bis es passt, wie Jakob Schuster und Jonas Dannecker sagen.

Musik ist für die Band, die im Alten Bahnhof in Steinebach probt, längst zur Leidenschaft geworden. Derzeit planen Vorteilspack ein Video zu dem Lied "Mountains of the Moon" und eine Live-Studio-Session mit Bläsern, um einen älteren Song neu arrangieren. In zwei Wochen sind die Vier beim Fest "Heim.Art" am Chiemsee zu erleben Natürlich wäre es schön, wenn sie von ihrer Musik leben könnten, sagt Jonas Dannecker, "klar ist das der Traum". Aber sie wollen das nicht erzwingen. Vorteilspack halten es mit dem Kommerz wie ihre Vorbilder: "Notwist ist immer in der Indie-Schiene geblieben."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: