Wörthsee:Sie will nur spielen

Constanze Lindner, bekannt aus der BR-Comedyserie "Die Komiker", zeigt gerade ihr erstes Soloprogramm. Wenn sie nicht arbeitet, geht sie mit ihrem Mops Bruno Opel in Wörthsee spazieren

Gerhard Fischer

WörthseeSie lacht immer. Wenn man sie trifft, fällt das sehr schnell auf. Außerdem wird rasch klar, dass man mit Constanze Lindner nicht nur über Constanze Lindner reden kann, sondern auch über jemanden wie Bruno Opel. Das ist ihr Mops. Sie spricht gleich am Anfang von ihm. Sie sagt, dass er einen "großartigen Charakter" habe, dass er drei Jahre alt sei und kerngesund. Es ist wichtig, dass er gesund ist, denn der Mops, den Constanze Lindner vor Bruno Opel hatte, starb mit zwei Jahren an Herzversagen. Er hieß Paul Porsche. Vielleicht hatte er zu schnell gelebt. Und vielleicht hat sie deswegen ihren zweiten Mops Bruno Opel genannt.

Kabarettistin Constanze Lindner

Kabarettistin Constanze Lindner, foitografier in Stegen am Ammersee.

Foto: Franz-Xaver Fuchs

(Foto: STA Franz X. Fuchs)

Loriot hat einmal gesagt, ein Leben ohne Möpse sei möglich, aber sinnlos. "Er hatte Recht", sagt Constanze Lindner.

Irgendwann, es mögen 15 Minuten mit dem Mops-Gerede vergangen sein, spricht Lindner auch von sich. Sie kann das gut, das Von-sich-Erzählen, aber man darf sie nicht danach fragen, wann etwas stattgefunden hat. Wann sie zum ersten Mal auf der Bühne stand? Wann sie bei den "Komikern" im BR angefangen hat? Wann sie nach Wörthsee gezogen ist? Vergangenheit ist nicht ihr Ding, die Zukunft übrigens auch nicht. "Ich lebe voll in der Gegenwart", sagt sie. Beneidenswert. Sollte der Bestseller "Sorge dich nicht, lebe!" jemals verfilmt werden, man müsste Constanze Lindner für die Hauptrolle gewinnen.

Ihre Gegenwart sieht so aus: Sie dreht mit Eva Mähl, Florian Simbeck und Christian Springer "Die Komiker", sie arbeitet als Synchronsprecherin, sie zeichnet mit Helmut Schleich Ludwig Thomas Erster Klasse auf - und sie ist gerade mit ihrem ersten Soloprogramm unterwegs. Es heißt: "Es wird gestanzt heut' Nacht".

Eine Figur in diesem Programm heißt Cordula Brödke. Sie trägt eine Zahnspange, eine grüne Wollmütze und eine riesige, schwarze Brille. Man kann sagen, Constanze Lindner hat sich sehr hässlich hergerichtet. Beim Monopoly gibt es diese Ereigniskarte, auf der steht: "Du hast den zweiten Platz in einem Schönheitswettbewerb gewonnen." Derjenige, der sie zog, musste sich früher von den hämischen Mitspielern anhören: "Ja, den zweiten Platz hinter Helga Feddersen." Heute könnten sie sagen: "Ja, den zweiten Platz hinter Cordula Brödke."

Brödke ist auf der Bühne in einen Herrn Bauer verliebt. Aber sie hat sich noch nie getraut, ihn anzusprechen. Sie ist ängstlich. Und wahrscheinlich würden ihr die richtigen Worte nicht einfallen.

"Ich mag sie sehr", sagt Constanze Lindner, "sie ist ein Mensch, der nicht zwischen den Zeilen lesen kann - wenn jemand sagt, er sammle für Brot für die Welt, dann schickt sie Brot in die Welt".

Natürlich ist Cordula Brödke doof, sie ist hibbelig und sie kann einem gewaltig auf die Nerven gehen. Aber offenbar spricht sie viele Menschen an. Constanze Lindner sagt, die Leute würden "sofort auf Cordula Brödke reagieren". Das liegt wohl daran, dass sie polarisiert: Die einen finden sie schrecklich, die anderen liebenswert. "Michi Altinger hat einmal zu mir gesagt, es sei wichtig, dass die Figuren polarisieren, sonst sind sie zu beliebig", sagt Constanze Lindner. Altinger, ihr Kabarett-Kollege, ist einer von denen, die sie ermutigt haben, mit einem Soloprogramm aufzutreten. Auch Helmut Schleich, Christian Springer, Hannes Ringlstetter und Alexander Liegl haben sie angeschoben. Altinger und Liegl sind Co-Autoren ihres ersten Soloprogramms.

Es gibt viele Gründe, warum jemand auf die Bühne geht, um Kabarett zu machen: Manche wollen missionieren, manche sind Profilneurotiker, manche treibt die Wut über die herrschenden Verhältnisse. Constanze Linder sagt, nichts davon treffe auf sie zu. Sie wolle nur unterhalten. Man könnte auch sagen: Sie will nur spielen.

"Ich bin nicht politisch", sagt sie, "mir liegt eher das Unbeschwerte". Das überträgt sich aufs Publikum. Neulich hat sie in Pfaffenhofen an der Ilm gespielt, nach der Vorstellung kamen viele Menschen zu ihr, um ihr zu gratulieren oder einfach um mit ihr zu reden. Eine Frau sagte: "So viel habe ich seit vier Jahren nicht gelacht." Das spricht einerseits für Lindner, andererseits gegen die Freunde der Frau.

Man sagt ja, dass Gene und Sozialisation für die Mentalität eines Menschen verantwortlich sind. Vielleicht hat Constanze Lindner fröhliche Gene mitgekriegt, aber in jedem Fall half die Kindheit: die Mutter eine coole Journalistin mit kurzen, roten Haaren, nette Geschwister, liebe Freunde, einen schwulen Nenn-Papa, der nebenan in der Schellingstraße wohnte. Viele Menschen kümmerten sich um die kleine Constanze, die als Klassen- und Freizeitclown aufwachsen konnte und bei 1,58 Metern damit aufgehört hat. Die Schule an sich war nicht ihr Ding, immerhin schaffte sie die Mittlere Reife, aber danach ging es eher locker weiter: Barkeeperin, für das Amüsement zuständige Mitarbeiterin in einer Kleiderboutique, Ausbildung zur Fotografin, Teilhaberin einer kleinen Marketingfirma - solche Sachen machte sie, bis sie, als Autodidaktin sozusagen, auf die Bühne ging. Wann? Irgendwann halt.

Damals also, in den Wochen des Irgendwanns, sagte sie sich, sie werde sich zwei Jahre Zeit geben, um als Comedian Fuß zu fassen. Es klappte. Heute ist sie 40, und es kann so weitergehen, wenn es nach ihr ginge. Wenn nicht? Sie hat nicht diese Existenzängste wie andere Freischaffende. "Ich bin ein Stehaufmännchen, mir fällt schon was ein", sagt sie; vielleicht drehe sie dann das Musical "Der weiße Mops vom Wörthsee".

Als das Gespräch beendet ist, fährt sie mit ihrem Mini davon. Sie muss Bruno Opel abholen.

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