Süddeutsche Zeitung

Wörthsee:Kulturfest ersatzlos gestrichen

Die erste Veranstaltung im Alten Bahnhof Steinebach 2018 hat viele Besucher angezogen - deshalb sollte sie wiederholt werden. Doch nun haben die Eigentümer des Alten Bahnhofs den geplanten Termin im Oktober abgesagt.

Von Christine Setzwein

Es war eine Premiere nach Maß. Vor knapp einem Jahr hat die Gemeinde Wörthsee ein großes Kulturfest im Alten Bahnhof Steinebach gefeiert und damit 300 Besucher angezogen. Der Erfolg hat die Initiatorinnen Juliane Seeliger-von Gemmingen, Klaudija Glas und Sabine Ströer angespornt. Das zweite Kulturfest, das nun für Mitte Oktober geplant war, sollte noch größer werden, mit mehr Musik und großformatigen Gemälden. Doch daraus wird nichts. Wie Seeliger, die Kulturbeauftragte der Gemeinde, mitteilt, fällt das Fest aus. Die Eigentümer des Alten Bahnhofs teilten vergangene Woche mit, dass sie aus privaten und gesundheitlichen Gründen vorerst alle Termine im Bahnhof streichen müssten.

"Wir bedauern das sehr, haben aber natürlich Verständnis und arbeiten jetzt schon an der Veranstaltung für 2020", sagt Juliane Seeliger-von Gemmingen über die überraschende Absage. Ein derartiges Kulturfest auf hohem Niveau sollte zur Institution werden. Alles sei gut organisiert gewesen. Eine Suche nach einer vergleichbaren Location sei leider erfolglos geblieben "und so musste schweren Herzens allen Künstlern wieder abgesagt werden". In Frage wäre noch das Rathaus gekommen, aber zu dem Termin läuft bereits eine Ausstellung. Wenn mehr Zeit gewesen wäre, hätte man sicher einen anderen Veranstaltungsort in Wörthsee gewinnen können, meint Seeliger-von Gemmingen, "aber so kurzfristig war das nicht möglich".

Auch Dietlind von Laßberg, die zusammen mit ihrem Mann Hermann Schweigert den Alten Bahnhof vor knapp zehn Jahren gekauft und aufwendig saniert hat, bedauert die Absage. Aber ihr Mann falle aus gesundheitlichen Gründen für mehrere Wochen aus, "und alleine schaffe ich das nicht", sagt sie. Vorerst wird es bis in den November hinein keine Veranstaltungen im Alten Bahnhof geben.

Das erste Kulturfest, das Seeliger-von Gemmingen initiiert hatte, zog viele Besucher nicht nur aus Wörthsee an. An einem strahlenden Herbsttag im vergangenen Oktober waren Gemälde und Skulpturen, Jugendkunst und die Gewinnerbilder des Kinder- und Jugendfotowettbewerbs zu sehen. Drei Bands spielten, es traten eine Kindertheatergruppe und Jugend-Poetry-Slammer auf.

Damit hatte auch der "Kulturbahnhof" seinem Namen wieder Ehre gemacht. Seitdem das Haus nicht mehr täglich öffnet, gibt es etwa einmal im Monat ein Konzert, ansonsten wird es für private Feiern vermietet. Die Gastronomie habe sich nicht mehr gerechnet, begründeten die Eigentümer diesen Schritt vor vier Jahren. Schweigert hat die Gemeinde Wörthsee immer wieder aufgefordert, den Bahnhof zu übernehmen, denn es sei an der Gemeinde, die freie Kultur besser zu unterstützen. Wenn die Kommune den Kirchenwirt kaufen könne, könne sie auch den Bahnhof kaufen, meinte er. Er und seine Frau werden den Steinebacher Bahnhof voraussichtlich nur noch bis Ende 2020 behalten.

Das Angebot der Grundstückseigentümer an die Kommune zum Erwerb des Bahnhofgebäudes samt Umgriff, wurde vom Gemeinderat diskutiert, aber im Juni abgelehnt. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass sich die Gemeinde mit der Kaufsumme und den laufenden Kosten finanziell übernehmen würde, sagt Bürgermeisterin Christel Muggenthal. "Und wer sollte ihn betreiben?" Die Absage des Kulturfests bedauere sie, "aber ich verstehe es".

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Quelle:
SZ vom 11.09.2019
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