Wirtschaft:Schicht für Schicht

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Eos-Gründer Hans J. Langer ist in eine spezielle Hall of Fame für Pioniere des industriellen 3D-Drucks aufgenommen worden. Seine Firma wächst und wächst

Von Otto Fritscher, Krailling

Lässig steht Hans J. Langer da: im dunklen Sakko, gestreiften Hemd, statt einer Krawatte ein Seidentuch. Große, graue Kästen stehen hier hinter einer Glasscheibe in dem großzügigen Foyer und Langer sagt: "Hier im Technologiezentrum befindet sich die weltweit größte Ansammlung von industriellen 3D-Druckern, rund 100 sind es." Sie stehen in den Labors hinter dem Showroom von Eos, der stetig wachsenden Firma im Kraillinger Gewerbegebiet KIM. Langer ist der Firmengründer. Gegenüber steht ein Neubau mit silbern schimmernder Alu-Fassade. Platz kann eine dynamische Firma wie Eos nie genug haben.

Langer ist ein beredter Mensch: "Mit Angela Merkel gesprochen - Harvard and Stanford - SZ-Wirtschaftsgipfel", das sind nur einige der Worte, die im Gespräch mit Langer fallen. Ein Top-Manager der deutschen Wirtschaft, ein Aushängeschild. Aber dennoch ist dieser 65-Jährige, gut gebräunte Mann auf dem Boden geblieben - selbst wenn er einen Preis nach dem anderen einheimst und jetzt noch in eine spezielle "Hall of Fame" für 3D-Druck in England aufgenommen wird. Von "Mut, Hingabe und ausgeprägtem Geschäftssinn" ist in der Laudatio die Rede. "Ich hab' schon an ein großes Ding geglaubt, als ich 1989 Eos gegründet habe, aber dass sich das Unternehmen so entwickeln würde, das war nicht absehbar", sagt Langer, der an der Technischen Universität in München Physik studiert hat und dessen Karriere bei einer Laser-Firma begann.

Laser - gebündeltes Licht also. Eos beschäftigt sich mit einem revolutionären Herstellungsverfahren, der additiven Fertigung. Das kann man sich vielleicht so vorstellen: Bei einem konventionellen Fertigungsprozess wird Material abgetragen, gebohrt, gefräst, gesägt, bis die gewünschte Form, die gewünschte Funktion, erreicht ist - wie bei einem Bildhauer, der aus einem Baumstamm eine Statue formt. Beim industriellen 3D-Druck beginnt alles mit einer Pulverschicht, die unter Laserlicht selektiv aufgeschmolzen wird. So entsteht Schicht für Schicht ein festes Bauteil. Was einfach klingt, aber hoch kompliziert ist.

Eos-Firmengründer und Chef ist Hans J. Langer. (Foto: Nila Thiel)

Diese sogenannten 3D-Drucker sind kleiderschrankgroße Systeme - Mit den handelsüblichen Druckern, wie man sie für unter 100 Euro in den Elektromärkten kaufen kann, haben sie nichts gemein. Auch den Preis nicht, der schnell mal auf mehr als eine Million Euro klettert, je nach Größe und Komplexität der Anlage. Den Durchbruch schaffte Eos 2012, als die Zusammenarbeit mit dem US-Giganten General Electric begann. Es ging um Einspritzdüsen für Flugzeugturbinen, kleines aber hochpräzise Bauteile, die die Performance der Turbine erheblich erhöhen. Und die sich so präzise und kostengünstig nur mit 3D-Druckern fertigen lassen.

In EOS-Druckern gefertigte Teile finden sich auch in SpaceX-Raketentriebwerken oder Formel-1-Rennwagen. Die Anwendungspalette reicht von Zahnimplantaten über Autoteile bis zu Fußprothesen. Das 3D-Druckverfahren ist nach Ansicht von Hans Langer eine Schlüsselkomponente der digitalen Fabrik, von der alle reden. Es ermögliche digitale Produktionsprozesse, weltweit sind bereits fast 3000 3D-Drucker made by Eos in Betrieb. Die Produktionskapazität liegt aktuell bei mehr als 1000 Systemen pro Jahr.

"Wir verdienen gut", sagt Hans Langer, der bei einer Preisverleihung mal als "Game Changer" bezeichnet wurde: als einer, der die Spielregeln ändert. Eos setzte mit rund 1200 Mitarbeitern - davon 800 in Krailling - 350 Millionen Euro im letzten Geschäftsjahr um, die gesamte Langer-Gruppe mit etwa 2000 Mitarbeitern erreichte mehr als 500 Millionen Euro. Nicht zu vergessen: Eos ist ein klassisches Familienunternehmen geblieben. "Es ist kein langfristiges Fremdkapital in der Firma", sagt Langer und lacht. Räumlich geht es eng her in der Kraillinger Innovationsmeile, dem Gewerbegebiet KIM, und hier hat Eos nicht nur zwei beeindruckende Neubauten neben die alten Firmengebäude hingestellt, sondern noch Büroflächen dazu angemietet. Die Produktion ist kürzlich nach Maisach ausgelagert worden, weil in der KIM einfach nicht mehr genügend Platz war.

Vielfältige Formgebungen für die unterschiedlichsten Anwendungen, etwa in der Luftfahrt und der Medizintechnik, werden bei Eos mit 3D-Druckern hergestellt. (Foto: Nila Thiel)

Wöchentlich gehen Angebote bei Langer ein, von Weltkonzernen, von chinesischen Investoren und sonst wem, die ein Ziel haben: Eos zu übernehmen. Er kann sich jedoch nicht vorstellen, Eos, die von ihm 1989 gegründete Firma, aus der Hand der Familie zu geben.

Wie viel arbeitet Langer eigentlich so an einem Tag, in einer Woche? Er denkt kurz nach und sagt dann: "Ich arbeite jeden Tag, denke aber auch viel nach, und das sehr gründlich." Langer ist einer der Firmenchefs, die auch loslassen und delegieren können. Er ist inzwischen CEO und Chairman der Eos Group, einem Unternehmensverbund in Familienbesitz, kümmert sich um die Strategie, um Zukunftsprojekte, gibt die großen Linien vor. Das Tagesgeschäft erledigen andere. "Viele Manager denken zu wenig nachhaltig", sagt er.

Abgehoben ist Langer nur dann, wenn er mit einem Segelflugzeug in den Lüften ist. "Da ist mir schon der ein oder andere gute Einfall gekommen", berichtet er. Langer selbst bezeichnet sich als "Visionär, der Technikentwicklungen früh erkennen kann". Die Entwicklung von Eos von einer "Bastelbude" zum Weltmarktführer im industriellen 3D-Druck von Kunststoffen und Metallen ist für Langer nicht nur eine persönliche Erfolgsgeschichte.

Er glaubt, dass die mehr als 1000 Hidden Champions - in Deutschland verborgene, weitgehend unbekannte Spezialisten und Weltmarktführer - der Kern für den Erfolg der Wirtschaft in Deutschland sind. Sind für Eos, keine Konkurrenten in Sicht? Doch, es gebe Firmen, die auch industrielle 3D-Drucker anbieten. Kurze Pause. "Aber die meisten sind Kunden von uns, weil sie unsere Kerntechnologien und unsere Patentlizenzen nutzen", sagt Langer. Eos hält seit einem langen Patentrechtsstreit, den das Unternehmen seinerzeit gewann, die wichtigsten Patente auch in den USA. Die Kosten waren hoch. "Aber das musste ich riskieren", sagt Langer.

Apropos die Amerikaner: "Das Silicon Valley hat das Consumer Internet groß gemacht. Diejenigen, die das industrielle Internet groß machen werden, finden sie hier in Deutschland." Langer hätte auch sagen können: Hier in Krailling.

© SZ vom 02.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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