Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft:Langer Atem

Der Tutzinger Jan von Hofacker hat viel Zeit und Geld in die Entwicklung des "Powerbreathers" gesteckt. Mit Erfolg: An der nächsten Generation des Doppelschnorchels wird bereits gearbeitet

Von Otto Fritscher, Tutzing

Eigentlich kommt Jan von Hofacker aus der Welt des Geldes und der Finanzen. Der Tutzinger hat für mehrere Großbanken und renommierte Privatbankiers gearbeitet, Family Offices geführt, wie es im Wirtschaftsdeutsch heißt, und Startups aufgebaut. Nun sitzt er ganz entspannt auf der Couch in seiner Tutzinger Villa, Wohnsitz seiner Familie schon seit mehr als 100 Jahren, und hält ein Ding in den Händen, das man erst auf den zweiten Blick identifizieren kann: Es ist ein Schnorchel, aber keiner, wie man ihn üblicherweise für ein paar Euro kaufen kann. Das Gerät, "Powerbreather" - auf Deutsch etwa: Superatmer - genannt, hat zwei Röhren aus Kunststoff, über die frische Luft eingeatmet wird; die verbrauchte Luft wird über das Mundstück ausgeatmet. "Damit habe ich mich die letzten fünf, sechs Jahre intensiv beschäftigt", sagt von Hofacker und lacht.

Der 56-Jährige ist allerdings nicht jeden Tag mit dem etwas seltsam anmutendem Ding zum Schnorcheln in den Starnberger See gegangen, er war eher im Münchner Dantebad oder samstags im Pöckinger Hallenbad anzutreffen, wenn das Wasser dort 28 Grad warm ist. "Die Leute haben schon geschaut, als ich den Powerbreather dort immer wieder getestet habe", erklärt von Hofacker. Sein Job war es in den vergangenen Jahren nämlich, den Schnorchel mit den zwei Schläuchen mit einem fünfköpfigen Team serienreif zu entwickeln - und dann auch in den Handel zu bringen. Dafür hat von Hofacker 2014 eigens eine Firma gegründet, die Ameo Sports GmbH. Und das durchaus mit Erfolg, sagt von Hofacker, der aus einer Unternehmerfamilie stammt, eine Banklehre und ein Betriebswirtschaftsstudium absolviert hat. Mehr als 60 000 Schnorchel hat von Hofacker mittlerweile verkauft. Erst seit kurzem ist der Schnorchel auch im Tutzinger Sportfachgeschäft erhältlich.

Fast 85 Prozent der Bestellungen kommen über Amazon und Co. herein. Der größte Absatzmarkt sind die USA, aber auch in Deutschland sind schon 20 000 Powerbreather über die Theke gegangen. Geholfen hat dabei, dass das Gerät für sein Design mit einem Red-Dot-Award ausgezeichnet wurde und auch auf der europaweit führenden Sportartikelmesse Ispo in München mit einem Preis ausgezeichnet worden ist. Apropos Preis: 89 Euro kostet ein Powerbreather, mit etwas Zubehör können es auch 129 Euro werden. Damit zielt Ameo auf ein anderes Kundensegment als die billigen Schnorchel, mit denen Kinder im Freibad, im See oder im Meer herumtollen. Drei Viertel der Kunden sind Männer im Alter zwischen 35 und 55 Jahren.

Das erste Mal ist von Hofacker schon vor zwölf Jahren mit dem Doppelrohr-Schnorchel in Berührung gekommen. Über einen Freund lernte er einen damals 70-jährigen Germanisten auf Ibiza kennen, der seit langem an so einem Gerät tüftelte. "Eine tolle Idee, die man unbedingt an den Markt bringen muss", war sein Fazit nach einem Testschwimmen im Meer. Die Investoren rund um seinen Freund wollten die Produktidee zunächst selbst als Patent verkaufen, große Sportartikelfirmen bissen aber nicht an. Von Hofacker bewies Geduld, wartete zu, kaufte schließlich die Idee samt aller Patente und gründete 2014 die Ameo Sports GmbH, um den Powerbreather weiterzuentwickeln. "Wenn ich so etwas mache, dann richtig", sagte er. Business-Angels, also Geldgeber, stießen hinzu und steuerten Kapital bei. Mittlerweile sind drei Millionen Euro für Entwicklung, Vertrieb und Personal investiert worden. Ameo habe aber mittlerweile den Break-even erreicht, betont der Gründer. Das Team tüftelt inzwischen an der zweiten Generation des Powerbreathers. Produziert wird das Gerät in China, aber von einem Deutschen, der auf Kleinserien spezialisiert ist. Eine Frage noch: Ist von Hofacker seit Kindesbeinen an eine Wasserratte? Nein, sagt der sportliche Mann, er sei erst über seinen Schnorchel so richtig zum Schwimmen gekommen, erklärt der Tutzinger.

Er läuft - auch einen Marathon hat der schlanke Mittfünfziger schon absolviert -, geht gern in die Berge und steigt schon mal auf ein Windsurf-Board. Oder geht eben öfters mal zum Spaß ins Wasser. "Heuer bin ich schon mehrmals durch den Starnberger See geschwommen", sagt er.

Das Tolle am Powerbreather sei, dass man keine Angst haben müsse, Wasser zu schlucken, wie es bei Verwendung eines herkömmlichen Schnorchels schon mal vorkomme. Eingeatmet wird über die parallelen Schläuche aus Kunststoff, die oben jeweils mit Ventilen versehen sind, die sich beim Atemzug, wie es in der Tauchersprache heißt, öffnen. Ausgeatmet wird über ein Ventil im Mundstück nach unten ins Wasser. "Das Wichtigste ist, dass man ganz entspannt und ganz tief einatmet, so wie beim Yoga", erklärt von Hofacker. Deshalb empfiehlt er, sich mit dem Powerbreather erst mal vertraut zu machen, indem man einfach mal im Wasser fünf Minuten ruhig atmet, bevor man loslegt.

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SZ vom 24.08.2019
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