"Wirklich um einen Ausnahmefall":Nach Drogenfund geläutert

19-Jähriger weist Abstinenz nach und muss lediglich Sozialstunden leisten. Sogar die Gerichtskosten bleiben ihm erspart

Von Armin Greune, Starnberg

Wer gerade zugeben musste, so viele Drogen besessen zu haben, dass er als krimineller Dealer gilt, erwartet wohl kaum das richterliche Lob, er habe "alles richtig gemacht". Tatsächlich bezogen sich die Worte des Vorsitzenden Ralf Jehle ausschließlich auf das sogenannte Nachtat-Verhalten des 19-jährigen Angeklagten. Im November 2015 förderte die Polizei bei einer Durchsuchung seines Zimmers 125 Gramm Marihuana, ein Bröckchen Haschisch und 10,5 Gramm Amphetamingemisch zu Tage. Allein die Cannabismenge hätte ausgereicht, einen Dauerkonsumenten ein Jahr lang zu versorgen - der Verdacht lag also nahe, der junge Mann wollte seinen Lebensunterhalt mit dem Rauschgifthandel bestreiten.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte einen Wirkstoffgehalt von exakt 7,64 Gramm - bei mehr als 7,5 Gramm ist die Grenze zur "nicht geringen Menge" überschritten und der Drogenbesitz wird als Verbrechen gewertet und strafrechtlich besonders scharf verfolgt. So verwies auch die Anklägerin vor dem Starnberger Jugendschöffengericht darauf, dass ein Erwachsener bei diesem Tatvorwurf mit einer Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr rechnen müsse - zumal es sich bei Amphetamin um eine sogenannte harte Droge handle. Der 19-Jährige wurde aber nach Jugendstrafrecht beurteilt. Und wegen des vorbildlichen Lebenswandels nach dem Rauschgiftfund verzichtete das Gericht sogar auf Arrest und beließ es nur bei der Auflage, 64 Stunden gemeinnütziger Arbeit abzuleisten.

Es handle sich eben "wirklich um einen Ausnahmefall", sagte Richter Jehle in seiner Urteilsbegründung. Nachdem die Eltern von den Drogenproblemen ihres Sohns erfahren hatten, war ein erstes Gespräch bei einer Suchtberatungsstelle ohne Erfolg geblieben. Schließlich wusste der Vater sich keinen anderen Rat mehr, als den seinerzeit 18-Jährigen bei der Polizei anzuzeigen und damit die Durchsuchung des eigenen Hauses in Andechs in Kauf zu nehmen. Danach sei der junge Mann "regelrecht zusammengebrochen" und habe "sein Leben komplett umgestellt", sagte sein Verteidiger Winfried Folda. Es folgte ein zweites Beratungsgespräch, nach dem sich der Angeklagte aus dem alten Bekanntenkreis löste und fortan die Finger von Drogen ließ. Seine Abstinenz konnte er mit einem Attest nachweisen, für das er im Lauf des vergangenen Jahres sechs, vorher nicht angekündigte Urinproben abliefern musste. Mit dem Verzicht auf Rauschgift gelang es dem jungen Mann doch noch, das Gymnasium mit dem Abitur abzuschließen. Inzwischen hat er sich vom Elternhaus gelöst, lebt in München in einer Wohngemeinschaft und hat sich dort einer Studentenverbindung angeschlossen. Unter diesen Umständen konnte selbst die Staatsanwältin keine "schädlichen Neigungen" mehr erkennen. Auf ihren Antrag hin blieben dem 19-Jährigen sogar die Gerichtskosten erspart.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: