Jahresrückblick 2024Freie Bahn für die Flugzeuge

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Bürgerwind-Geschäftsführer Robert Sing auf einem der Berger Windräder. In Gauting ist er mit seinen Plänen gescheitert
Bürgerwind-Geschäftsführer Robert Sing auf einem der Berger Windräder. In Gauting ist er mit seinen Plänen gescheitert (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das Gautinger Windkraft-Projekt scheitert an Sicherheitsauflagen. Dafür laufen die Planungen für eine ganze Reihe von Anlagen an der Lindauer Autobahn und im Forstenrieder Park weiter. In zwei Jahren sollen sich die ersten Rotoren drehen.

Von Michael Berzl, Starnberg

Vor allem im Norden des Fünfseenlands ist eine ganze Reihe von Windrädern geplant. Die Standorte befinden sich auf Gautinger, Gilchinger, Kraillinger und Wörthseer Flur sowie in unmittelbarer Nachbarschaft in den Nachbarlandkreisen Fürstenfeldbruck oder München. Der bürokratische Aufwand, bis so ein Stromgenerator steht, ist enorm. Diverse Gutachten sind nötig, Auswirkungen auf Landschaft und Tierwelt werden unter anderem untersucht. In Gauting scheitern die Planungen schließlich an der Luftfahrt, denn der Sonderflughafen Oberpfaffenhofen benötigt Sicherheitsrouten für den Fall, dass eine Landung einmal im ersten Anlauf missglückt. Und da stünden die Rotoren im Weg. Ein Konflikt, der sich so leicht nicht aus dem Weg räumen lässt. Darum gibt der Vertragspartner der Gemeinde Gauting im September auf.

Zusammen mit dem einschlägig erfahrenen Ingenieurbüro von Robert Sing mit Sitz in Landsberg war die Bürgerwind Gauting GmbH & Co. KG gegründet worden. Insgesamt sieben Standorte südlich von Buchendorf und bei Königswiesen standen zur Debatte. Die Gesellschaft sollte in Zusammenarbeit mit der Gemeinde die weitere Entwicklung und das damit verbundene Risiko übernehmen; die Bürger sollten sich finanziell beteiligen können, wie das auch in der Gemeinde Berg schon geschehen war. Doch daraus wird nun nichts. Angesichts der Einwände wegen der Flugsicherheit seien Kosten und Aufwand nicht abzuschätzen, hieß es in Sings Erklärung zur Einstellung der Planungen.

Ein Grund ist auch, dass die Anlagen, die derzeit gebaut werden, deutlich höher sind als etwa die Windräder bei Berg. Bei einem Informationsabend in Gauting nannte Sing eine Höhe von 255 Meter. Die Kosten bezifferte er auf zehn Millionen Euro pro Stück.

Das Aus in Gauting bedeutet aber nicht das Aus für die Windkraft im Landkreis Starnberg. In anderen Gemeinden laufen die Vorbereitungen und Prüfungen weiter. So wollen die Gilchinger zusammen mit den Nachbargemeinden Alling und Schöngeising und unter Federführung der Stadtwerke Fürstenfeldbruck zwei Windräder errichten. Dort rechnet man mit einem Baubeginn im ersten Halbjahr 2027. Auf Wörthseer Flur bereitet die Familie Toerring den Bau von fünf Anlagen vor; die Standorte befinden sich nördlich der Lindauer Autobahn zwischen der Ausfahrt Wörthsee und Etterschlag. Dort ist das Büro Beermann als „Windkümmerer“ eingeschaltet; zumindest teilweise soll ebenfalls eine Bürgerbeteiligung möglich sein. Der benötigte Grund ist bereits gepachtet. Nach jetzigem Zeitplan ist die Inbetriebnahme für Ende 2026 vorgesehen.

Im Kreuzlinger Forst, ebenfalls in der Nähe der Lindauer Autobahn, befinden sich die Kraillinger Standorte. Aber auch dort könnte es Probleme mit den Einflugschneisen geben. Eine ganze Reihe von Anlagen könnte außerdem im Forstenrieder Park entstehen. Dabei arbeiten die Gemeinden Neuried, Schäftlarn, Pullach und Baierbrunn zusammen. Zwei der vorgesehenen Standorte sind etwa zweieinhalb Kilometer von Buchendorf entfernt.

Wo Windräder geplant sind, melden sich auch die Kritiker wie hier vor dem Kraillinger Rathaus.
Wo Windräder geplant sind, melden sich auch die Kritiker wie hier vor dem Kraillinger Rathaus. (Foto: privat)

Und fast überall melden sich auch die Kritiker, sammeln Unterschriften oder versuchen es so wie in Gauting sogar mit einem Bürgerbegehren. Sie wehren sich gegen „gigantische Industrieanlagen“, sorgen sich um Vögel, die geschreddert werden und warnen vor dem Wertverlust von Immobilien. Sogar der ehemalige bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil mischt da mit, der meint: „Der höchst schützenswerte Grüngürtel im Süden von München ist der am wenigsten geeignete Standort für Windkraft.“

Die vier Windräder auf einer Anhöhe über Berg bleiben im Fünfseenland noch für Jahre die einzigen Anlagen in der Größenordnung, die fleißig Ökostrom produzieren. Ein Vorbild in ökologischer Hinsicht und laut Sing auch wirtschaftlich ein Erfolgsmodell. Für die Teilhaber zahle sich die Investition aus. Bis zu 80 Windräder müssten es nach Berechnung von Experten sein, damit die vom Landkreis angestrebte Energiewende klappt. Dass solche Zahlen je erreicht werden, erscheint aber nach dem jetzigen Stand der Dinge ziemlich ausgeschlossen.

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