Gymnasium Herrsching:Torf für Torf

Gymnasium Herrsching: Naturschützer kritisieren, dass durch den Bau des neuen Gymnasiums in Herrsching ein wertvolles Moor zerstört wurde.

Naturschützer kritisieren, dass durch den Bau des neuen Gymnasiums in Herrsching ein wertvolles Moor zerstört wurde.

(Foto: privat)

Das Gilchinger Wildmoos wurde kürzlich zum Teil renaturiert. Diese Maßnahme reicht laut Experten aber nicht aus, um auch nur annährend die Menge Kohlendioxid auszugleichen, die gleichzeitig durch den Abbau der Torfschicht am künftigen Schulstandort in Herrsching ausgestoßen wurde.

Von Patrizia Steipe, Herrsching

Es ist zwar bereits ein Jahr her, dass der Bagger die bis zu einem halben Meter mächtigen Quellmoortorfschichten an der Mühlfeldstraße abgeschoben hat, um alles für den Bau des Herrschinger Gymnasiums bereit zu machen, doch der Verlust des Biotops wiegt bei der Starnberger Kreisgruppe des Bund Naturschutz (BN) in diesen Tagen besonders schwer. Der Grund sind die Berichte des Landratsamts Starnberg und der beteiligten Naturschutzbehörden über die erfolgreichen Maßnahmen zur Renaturierung des Gilchinger Wildmooses.

Dabei beurteilt die BN-Kreisgruppe Starnberg die Wiedervernässung in der benachbarten Gemeinde als "absolut notwendig und dringlich, damit keine klimaschädlichen Gase mehr entweichen und auch wegen der speziellen Vegetation, die nur in nassen Mooren vorkommen kann", heißt es in einer Mitteilung. Trotzdem sehen die Kreisgeschäftsführerin Helene Falk und das Vorstandsmitglied Burkhard Quinger das Schutzprojekt angesichts der andernorts massiven Zerstörung von Quellmoortorf "in unschöner Weise relativiert", wie die beiden betonen. Es sei nämlich genauso wichtig, bereits in Holz oder im Torf gebundenes Kohlendioxid (CO₂) nicht wieder freizusetzen. Genau das soll im Wildmoos, das wegen der darin angelegten Entwässerungsgräben auszutrocknen drohte, erreicht werden - und genau das Gegenteil ist an der Gymnasiumsbaustelle passiert.

Bis es dazu kommt, dass neuer Kohlenstoff im Erdreich gespeichert werden kann, müsse das Gilchinger Moor erst wieder wachsen. Ein jahrelanger Prozess, "wenn es überhaupt dazu kommt, da die Niederschläge hier im Zuge des Klimawandels dazu womöglich nicht mehr ausreichend sind", so die düstere Prognose der beiden Herrschinger Biologen. Bisher hätten die Niederschläge nämlich "gerade so" für ein Moorwachstum ausgereicht. Doch wenn bereits durchschnittlich 100 bis 200 Millimeter weniger Regen auf einem Quadratmeter Fläche im Jahr falle, sei es damit vorbei, "dann wird sich kein Moor mehr bilden können".

Bei einem optimistischen Szenario mit viel Regen betrüge das Torfwachstum, "und das auch nur auf Teilflächen", etwa einen Millimeter im Jahr, rechnen die beiden Biologen vor. Die Folge: Selbst im günstigsten Fall würde es Jahre dauern, bis im Gilchinger Wildmoos diejenige Menge an CO₂ wieder gebunden sein wird, die durch den Gymnasiumsbau bereits freigesetzt wurde. Am Ammerseeufer wurden schließlich mehr als 1500 Quadratmeter der wertvollen Torfschicht weggebaggert, kritisieren die BN-Sprecher. Bei einer durchschnittlichen Torfdicke von 25 Zentimetern würde das bedeuten, dass etwa 350 Kubikmeter Torfböden entfernt wurden, lautet das Fazit der Herrschinger Naturschützer. Das könne durch die Wiedervernässung im Wildmoos keinesfalls kompensiert werden, denn um die verlorene Torfmenge neu zu bilden, müsste ein Moor "mindestens eine Ausdehnung von 35 Hektar umfassen". Das sei mehr als das Doppelte des renaturierten Bereichs im Wildmoos.

Gutachten nicht gebührend gewürdigt

Der BN habe zwar damals im Rahmen der Genehmigungsverfahren Einspruch gegen die Zerstörung des Herrschinger Biotops erhoben und auch ein Gutachten vorgelegt, doch das sei nicht gebührend beachtet worden. Es habe wohl der politische Wille dafür gefehlt, mutmaßt Quinger. Wegen mangelnder Aussicht auf Erfolg sei deswegen auch nicht prozessiert worden. Angesichts solcher Beispiele, die nicht mehr zeitgemäß seien, mahnen Falk und Quinger: "Die Zerstörung von Moorkörpern muss der Vergangenheit angehören." Schließlich, so Quinger, bedeuten Maßnahmen gegen den Klimawandel "nicht nur Windräder zu bauen".

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