Wild aus Wörthsee:Auf den Hirsch gekommen

Landwirt Martin Sanktjohanser will im Kiebitzmoos in Auing ein Rotwildrudel ansiedeln. Weil die Tiere größer sind als Damwild, geben sie auch mehr Fleisch. Das will seine Frau Anita dann im Hofladen verkaufen

Von Christine Setzwein, Wörthsee

Bier aus Wörthsee gibt es schon, Käse und Eier auch. In nicht allzu ferner Zukunft wird auch "Wild aus Wörthsee" angeboten. Im Kiebitzmoos in Auing ist bereits eine große Fläche - genau gesagt drei Hektar - eingezäunt. Noch steht kein Hirsch dort, aber bald wird Landwirt Martin Sanktjohanser dort ein Rotwildrudel ansiedeln.

Mit einem männlichen und zehn weiblichen Tieren, die er aus der Region bezieht, will der 57-Jährige anfangen. Pro Hektar sind vier Tiere erlaubt, zwölf könnten es also werden, dazu kommt die Nachzucht. "Ich wollte noch mal was Neues aufbauen", sagt Sanktjohanser. Was Neues und was weniger Anstrengendes für's Alter. Für die Zeit, wenn Tochter Vroni, gelernte Landwirtin, den Hof übernommen hat.

Wie ein Wildgehege funktioniert, hat sich der Auinger Landwirt bei der Familie Hemberger in Andechs angeschaut. Dort gibt es bereits seit 1992 Wildspezialitäten aus der eigenen Metzgerei. Schon lange sind die Hembergers von Dam- auf Rotwild umgestiegen, sagt Juniorchefin Monika Hemberger. Weil sie größer sind und damit mehr Fleisch geben, das auch besser schmecke. Rothirsche seien auch viel weniger scheu als Damhirsche, wenn sie sich einmal an ihre Umgebung gewohnt haben, sagt sie.

Wild aus Wörthsee: Ein Wäldchen, eine Wiese, ein Bach und ein Zaun: Auf dem drei Hektar großen Grundstück im Kiebitzmoos hat der Auinger Landwirt Marin Sanktjohanser alles, was er für ein Rotwildgehege braucht.

Ein Wäldchen, eine Wiese, ein Bach und ein Zaun: Auf dem drei Hektar großen Grundstück im Kiebitzmoos hat der Auinger Landwirt Marin Sanktjohanser alles, was er für ein Rotwildgehege braucht.

(Foto: Arlet Ulfers)

Insgesamt gibt es im Landkreis Starnberg 14 Gehegewildhalter, berichtet Landratsamtssprecher Stefan Diebl. Das größte Gehege mit 114 Hirschen und Hirschkühen steht in Andechs, das kleinste mit drei Tieren in Starnberg. Für ein Wildgehege sind einige Voraussetzungen nötig: Unter anderem muss für die Tiere eine Deckung vorhanden sein, entweder ein Wald oder eine Schutzhütte, es muss natürliches Wasser geben und bei Rotwild einen mindestens zwei Meter hohen Zaun.

Für Martin Sanktjohanser ist ein Rothirsch ein imposanter Anblick. Wichtig ist ihm neben den Einnahmen aus der Rotwildzucht, dass das Grundstück im Moor nicht mehr intensiv landwirtschaftlich bewirtschaftet wird. Seit 1888 ist der Hof in Auing im Besitz der Familie Sanktjohanser, wird in fünfter Generation bewirtschaftet. Damit er weiter im Vollerwerb geführt werden kann, reichen die 40 Milchkühe im Stall, die pro Tag zwischen 700 und 800 Liter Milch geben, längst nicht mehr aus. Aktuell zahlen die Molkereien um die 35 Cent für den Liter, 2016 waren es gerade einmal 25 Cent. "Der Milchpreis ist praktisch seit 30 Jahren gleich", sagt Sanktjohanser.

Rotwild in der Brunftzeit

Ein Rothirsch in seinem Revier.

(Foto: dpa)

Schon früh hat sich die Familie zusätzliche Einnahmequellen gesucht und gefunden. Ehefrau Anita Sanktjohanser hat sich 2005 einen eigenen Hofladen eingerichtet und das Angebot ständig erweitert. Sie verkauft die Eier ihrer Hühner, Nudeln, Mehl, Hanfprodukte, Apfelsaft vom Obst eigener Bäume - und bald auch Hirschfleisch. Die Milch wird auf dem Hof zu Käse verarbeitet. Wenn der Hofladen geschlossen hat, spuckt der Automat Eier, Käse, Aufstriche und sogar Kuchen im Glas aus.

Die 51-Jährige kümmert sich auch um die Gesundheit der Kühe. Bevor der Tierarzt gerufen werden muss, behandelt sie die Tiere mit alternativen Mitteln ohne Chemie. Die Milch sei noch nie beanstandet worden, und im Auinger Brunnen, um den herum die Äcker der Familie liegen, befinde sich "bestes Trinkwasser", sagt Martin Sanktjohanser. Was ihn direkt zum Thema Gülle führt. Die neue Düngeverordnung mache Bauern wie ihm schwer zu schaffen. Zwar hat er schon vor Jahren für seine Kühe und Kälber einen planbefestigten Lauf-Stall gebaut mit Hochboxen, wo die festen und flüssigen Ausscheidungen der Tiere gleich getrennt werden können und so deutlich weniger Gülle anfällt. Aber nach der neuen Verordnung dauert die Sperrfrist, in der sie auf die Felder ausgebracht werden darf, zwei Monate statt einem. Also wohin mit dem Zeug? Entweder lagern oder vor und nach der Sperrfrist mehr auf einmal ausbringen. "Über kurz oder lang", sinniert Martin Sanktjohanser, "werden wir die Milchwirtschaft aufgeben müssen."

Deer in the SEFAG Forestry near Barcs, Hungary

Ein Damhirsch streift durchs Gelände.

(Foto: dpa)

Da kommt der Verkauf von fettarmem Wildfleisch recht. Im Herbst 2019 könnten die ersten Hirsche geschlachtet und verarbeitet werden. Das werde ein junger Metzger in Pähl übernehmen, von dem auch Wurst im Auinger Automaten angeboten wird. Tochter Vroni, 28, hat auch schon wieder eine neue Idee. Sie will Christbäume pflanzen. Der erste Versuch mit 600 Pflanzen ist allerdings gründlich fehlgeschlagen: Wegen des heißen und trockenen Sommers heuer sind alle vertrocknet.

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