Süddeutsche Zeitung

Weßling:Gehaltszettel bleibt tabu

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Sozialstaffelung der Weßlinger Kindergartengebühren scheitert an Absage der Eltern

Von Wolfgang Prochaska, Weßling

Die Kindergartengebühren können das Familienbudget ganz schön strapazieren. Vor allem Haushalte, die keinen Großverdiener haben, geraten an ihre finanziellen Grenzen. Deshalb war es dem Weßlinger Gemeinderat wichtig, eine Sozialstaffelung der Kindergartengebühren einzuführen. Wer also weniger verdient, der sollte auch weniger bezahlen. In Starnberg und in Herrsching gibt es diese einkommensabhängigen Gebühren. Mehr Gerechtigkeit wollte das Gremium schaffen. So gut das Anliegen auch gemeint war, es stieß nicht bei allen auf Gegenliebe, auch nicht bei den Eltern, deren Kinder eine Einrichtung besuchen. Da die Gebühren nach dem Einkommen gestaffelt werden sollen, müssten die Familien der Verwaltung auch ihren Gehaltszettel zeigen. Wie Bürgermeister Michael Muther in der Sitzung des Gemeinderats am Dienstag, als das Thema Kindergartengebühren auf der Tagesordnung stand, berichtete, wollen sich die Eltern "aber nicht beim Einkommen in die Karten schauen lassen". Das ergab eine Umfrage unter den Eltern. Auch die Kirche, zu der ein Kindergarten gehört, lehnte die Sozialstaffelung ab. Angesichts dieser Verweigerungshaltung könne auch die Verwaltung nicht tätig werden.

Muther ist wegen des "riesigen Aufwands für die Verwaltung" ohnehin kein Freund der angestrebten Regelung. "Wir bräuchten eine zusätzliche Halbtagskraft", sagte er. Fraglich war auch, ob dadurch mehr Gebühren eingenommen werden würden. Zwar betrage das Defizit im Kinderbetreuungsbereich inzwischen eine halbe Million Euro, aber die Mehreinnahmen, so glaubt Muther, würden durch neues Personal gleich wieder ausgegeben. In der Diskussion bedauerten viele Gemeinderäten die fehlende Akzeptanz. Wolfgang Frieß meinte: "Ich finde es schade, dass wir die Verwaltung nicht dazu bewegen können." Willibald Karl erinnerte aber an die Prämisse des Rechnungsprüfungsausschusses, an die Wirtschaftlichkeit zu denken. Muther schlug ein Alternativ-Modell vor: Jene einkommensschwachen Familien, deren Antrag auf finanzielle Unterstützung vom Landratsamt abgelehnt wird, sollen von der Gemeinde finanzielle Hilfe erhalten. Dazu soll die Verwaltung eine Gebührenermäßigung erarbeiten. Dies wurde mehrheitlich beschlossen.

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Quelle:
SZ vom 27.01.2017
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