Süddeutsche Zeitung

Weßling:Geduldsspiel Umfahrung

Der Bau der Umgehung verzögert sich um sechs Monate, da die Grundstücksverhandlungen länger brauchen

Von Wolfgang Prochaska

Mehr als 25 Jahre haben die Weßlinger schon gewartet. Nun müssen sie sich noch weiter in Geduld üben. Denn der Bau der Weßlinger Umfahrung wird sich um ein halbes Jahr verzögern. Damit wird die Straße, die Weßling vom Durchgangsverkehr entlasten soll, erst 2017 fertig. Das wurde in der Mitgliederversammlung des Vereins Verkehrsberuhigung Weßling am Mittwoch bekannt. Der Grund für die Verschiebung liegt in den langwierigen Grundstücksverhandlungen, die immer noch nicht abgeschlossen sind. Bürgermeister Michael Muther (Freie Wähler), der mit der SPD-Bewerberin Susanne Mörtl und Grünen-Kandidat Wolfgang Frieß in den Pfarrstadel gekommen war, hofft aber, dass schon in Kürze eine Einigung mit den Eigentümern erzielt werden kann. Zwei Grundstücksbesitzer wollen partout nicht verkaufen. Der Gemeinderat habe deshalb die Enteignung beschlossen, sagte Muther.

Das war aber nicht die einzige Überraschung des Abends. Veränderungen gab es auch im Verkehrsberuhigungsverein, der bekanntlich für die Umfahrung ist. Denn Stefan Ostermayer stand bei den Neuwahlen nicht mehr zur Verfügung. Seine Begründung: Durch einen Todesfall habe er ein Grundstück geerbt und gehöre nun zu den Grundstücksbesitzern der Umfahrung. "Ich habe mich deshalb entschlossen, bei dieser Wahl nicht mehr anzutreten." Das war äußerst geschickt, denn so nahm Ostermayer all jenen den Wind aus den Segeln, die ihm praktisch unterstellten, er würde den Bau der Straße deshalb forcieren, weil er finanziell profitiere. Zur neuen Vorsitzenden gewählt wurde Felicitas Leitner. Die Allgemeinärztin kandidiert für die CSU auf der Gemeinderatsliste. Ihr Stellvertreter ist Roland von Rebay.

Leitner kam gleich die Aufgabe zu, die drei Bürgermeisterkandidaten zur Weßlinger Verkehrspolitik zu befragen. Denn angesichts der jüngsten Verzögerungen herrscht beim Verein doch eine gewisse Nervosität, ob nicht ein neuer Gemeindechef das Projekt noch kippen könnte. Die rechtliche Bindungskraft des Bürgerentscheids ist inzwischen abgelaufen. Bürgermeister Muther betonte: "Der Bürgerentscheid gilt nicht nur ein Jahr. Das wäre Schindluder treiben mit den Bürgern." Dafür erhielt er großen Applaus. Auch die SPD-Kandidatin Susanne Mörtl bekannte: "Ich akzeptiere den Entscheid, natürlich." Nur Wolfgang Frieß von den Grünen tat sich schwer: "Ich werde als Bürgermeister die Umfahrung umsetzen, auch wenn ich kein Freund der Straße bin."

In der Fragerunde durften die Kandidaten auch ihre Vorstellungen erläutern, wie sie sich eine künftige Hauptstraße vorstellen und wie ein Verkehrskonzept für Weßling ausschauen könnte. Einig waren sich alle darin, dass die Hauptstraße verkehrsberuhigt werden muss. Zudem gelte es, die Oberpfaffenhofener Ortsmitte neu zu planen und die Gautinger Straße zur Gemeindestraße herunterzustufen. Besonders die Hauptstraße lag allen am Herzen. Die Wunschliste, genannt Rahmenplanung, ist lang. Am liebsten wäre allen, wenn die Straße zu einer gleichberechtigten Verkehrsfläche für alle entwickelt würde - Stichwort: "Shared Space". Als Vorbild gilt die Ortsmitte von Pöcking, allerdings wollen die Weßlinger mehr Grün haben und nicht nur Pflaster. Auch Tempo 30 gehört zu dieser Forderung. Das Umsetzen dieser Wunschliste, das glaubt Muther, wird aber seine Zeit brauchen. Bekanntlich schöpft Weßling finanziell nicht aus dem Vollen und der Bau der Umfahrung (etwa drei Millionen Euro) und die neue Schule werden die Gemeindekasse weiter belasten. "Wir werden uns bei der Rahmenplanung herauspicken, was sinnvoll ist."

Frieß präsentierte hingegen ein Konzept, das schon einen Schritt weiter ist. Ihm geht es um die Errichtung einer Infrastruktur, die zur Verkehrsvermeidung beiträgt. Deshalb will er mehr Busse, Radstraßen, einen Radverleih und Läden in der Ortsmitte.

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Quelle:
SZ vom 22.02.2014
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