Süddeutsche Zeitung

Weßling:Der Blick des Meisters

Ortsarchivar Erich Rüba widmet Max Doerner anlässlich dessen 80. Todestags eine Ausstellung in der Gemeindegalerie. Der ehemalige Professor der Akademie der Bildenden Künste hatte eine Ferienwohnung in Weßling, wo er malte

Von Patrizia Steipe, Weßling

Die Erstausgabe des Standardwerks "Malmaterial und seine Verwendung im Bilde" von Max Doerner hat Ortsarchivar Erich Rüba in die Vitrine der Gemeindegalerie gestellt. In den 30er-Jahren sei die "Malerbibel" sogar ins Japanische übersetzt worden. Gerne hätte Rüba eines der Bücher aus der 24. Auflage dazu gestellt. Doch das 2011 erschienene und überarbeitete Werk ist bereits ausverkauft. Max Doerner (1870 bis 1939) war aber nicht nur Restaurator und Professor der Akademie der Bildenden Künste in München, sondern auch Landschaftsmaler. Viele seine Bilder sind in Weßling und Umgebung entstanden, wo sich Doerner in seiner Ferienwohnung vom Akademiealltag erholte.

Anlässlich des Todestages, der sich am 1. März zum achtzigsten Mal jährt, hat Rüba die Ausstellung "Max Doerner - ein feinsinniger, temperamentvoller Landschafter" kuratiert. Viele der 30 Bilder stammen aus Privatbesitz. Der Sammler Rüba sowie Weßlinger Bürger haben einige beigesteuert. Zu den Landschaftsmotiven hat der Kurator historische Fotos sowie Dokumente und Erläuterungen gestellt, so dass die Besucher eine lebhafte Vorstellung von den Umständen der Entstehung der Bilder bekommen können. Dabei beschreibt Rüba nicht nur die idyllischen Ausflüge des Malers, sondern geht auch auf dessen Rolle im Dritten Reich ein. Drei Monate nach der Machtergreifung 1933 tritt der Maler der NSDAP bei. "So ist Doerner eine typisch deutsche Erscheinung in seinem Glauben an das NS-Regime", meint Rüba. Fünf Jahre später stirbt der 68-Jährige nach langer Krankheit.

Vor 100 Jahren hatte sich Doerner in den Sanktjohanser Hof eingemietet. Aus seiner Wohnung konnte er sowohl auf den Kalkofenberg wie auf den Weßlinger See blicken - beides sind beliebte Motive Doerners. Aber auch den Hof selbst hat er auf Leinwand gebannt. Als Naturliebhaber hat der Maler ausgedehnte Wanderungen unternommen und sich von den wechselnden Lichtspielen von Wasser, Himmel und den Jahreszeiten inspirieren lassen. Seine jüngeren Werke wie eine liegende Kuh zeigen noch deutlich die Handschrift eines akademischen Malers. Über die Jahre wird der Pinselstrich dynamischer, der Farbauftrag wirkt kraftvoll und frei. Der ausgewiesene Experte von Maltechniken wendet diese auch an. In einigen seiner Werke bestehen die Pinselstriche aus diagonalen, breiten Schraffuren. Damit nimmt der Maler das Statische aus seinen Landschaften.

In einem Ausstellungsraum hat Rüba eine Leinwand zwischen eine Fensterscheibe gesteckt. Auf der einen Seite sieht man das Bild eines Städtchens, auf der anderen eine Landschaft. Es ist nicht die einzige Leinwand, die beidseitig bemalt ist, berichtet Rüba. Er vermutet, dass dies der damaligen Materialknappheit geschuldet sein könnte. "Blick vom Kreuzberg in Weßling" heißt ein Bild, auf dem der Maler die Kirche, den Pfarrstadel und im Vordergrund das Wasserhäusl gemalt hat. Daneben hat Rüba das Foto des noch völlig unbewaldeten Kreuzbergs gestellt. Bei "Winterbläue am Weßlinger See" stehen zwei stämmige Weiden im Vordergrund. Dazu gibt es ein Foto vom Faschingsdienstag am zugefrorenen See, auf dem man die beiden Weiden am Café am See sieht. Oft sind es auf den ersten Blick alltägliche Szenen, die Doerner inspiriert haben. Die leuchtenden Geranien vor dem Fenster oder ein bewölkter Himmel. Das Motiv "Weßlinger See mit Kirche" zeigt den See mit seinen kleinen Booten, im Hintergrund sieht man die Kirche. "Das ist der Weßlinger See so wie wir ihn lieben", sagt Rüba. Das Bild gehört der Gemeinde. Der verstorbene Bürgermeister Hans Thomas Mörtl hatte es für die Kommune erworben. Heute ist nach dem Maler der Max-Doerner-Weg benannt, der von der Hauptstraße Richtung See abzweigt.

Die Ausstellung in der Weßlinger Gemeindegalerie ist bis zum 23. Juni freitags und sonntags jeweils von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

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Quelle:
SZ vom 11.02.2019
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