Werkschau:Der Baum der Hoffnung

Tutzing, Pol.Akademie Ausstellung Darwish

Zuheir Darwish verkauft seine Bilder, um mit dem Erlös seine Landsleute und Menschen in Not zu unterstützen.

(Foto: Georgine Treybal)

Der syrische Künstler Zuheir Darwish malt seine Bilder mit einer besonderen Technik. Er stellt derzeit in der Politischen Akademie in Tutzing aus

Von Katja Sebald, Tutzing

Der Künstler trägt Lederhose und Turban, seine Frau eine kurdische Tracht. Es war eine ungewöhnliche Vernissage, die am Dienstag im Rahmen der Tagung "Gesellschaftliche Integration von Flüchtlingen" in der Akademie für Politische Bildung stattfand. Und mehr als ungewöhnlich sind auch die Bilder von Zuheir Darwish, der in den vielen Jahren, die er in Gefängnissen und dann in deutschen Asybewerberunterkünften verbrachte, zu malen angefangen hat.

Zuheir Darwish, 1976 in der zu Syrien gehörenden Kurdenstadt Qamishlo geboren, ist seit einigen Jahren mit der Deutschen Susanne Greiner verheiratet. Er lebt und malt heute in Unterföhring. Seit er vor einigen Jahren in einer Ausstellung das erste Bild verkaufte, unterstützt er seine Landsleute, die in Flüchtlingslagern in der Türkei oder im Nordirak leben. 2015 gründete er mit seiner Frau den Flüchtlingshilfeverein "Baum der Hoffnung e.V", dem der Erlös aus dem Verkauf seiner Bilder zugute kommt. Das Ehepaar reiste mehrmals in die Grenzgebiete, um Menschen in Not mit Geld und Hilfsgütern zu versorgen. Sie unterstützen derzeit eine Bäckerei in Gaziantep im Süden der Türkei, die kostenlos Brot an Flüchtlinge ausgibt, außerdem ein Hilfsprojekt für Bedürftige in Mardin sowie eine Schule im Flüchtlingscamp Kawrgosk nahe Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan.

Darwish gehörte als syrischer Kurde in seiner Heimat zu einer ethnischen Minderheit, die vom Assad-Regime wie auch von extremistischen Islamisten verfolgt wird. Er floh als Staatenloser über den Libanon und die Ukraine, kam schließlich nach Deutschland, wo er im Jahr 2000 einen Asylantrag stellte. Zehn Jahre lang, bis zur Anerkennung als Flüchtling, verbrachte er mit seiner inzwischen fünfköpfigen Familie in verschiedenen Sammelunterkünften in der Oberpfalz. 2011 lernte er auf einer Demonstration seine jetzige zweite Frau kennen. Die Heirat mit der Deutschen hat sein Bleiberecht gesichert, aber "das war nicht der Grund", betont Susanne Greiner in der Diskussion bei der Ausstellungseröffnung. Es sei "Schicksal", dass Bayern seine neuen Heimat geworden sei, sagt Darwish selbst, mit dem Kopf aber sei er immer noch in der alten Heimat - deshalb auch das kurdische Kopftuch. Jetzt will er mit Schulen und Bildung, aber auch mit materieller Hilfe dafür sorgen, dass andere Menschen in ihrer Heimat bleiben können und "etwas anderes machen als Krieg führen".

Man muss kein Psychologe sein, um in den Bildern von Zuheir Darwish das Trauma zu sehen, das er zu verarbeiten sucht. Flucht und Heimatlosigkeit, Angst und Verzweiflung, Trauer und Tod - das sind die Themen, die er in diesen zutiefst emotionalen Bildern zum Ausdruck bringt. Schon im Gefängnis habe er auf die Wände gezeichnet, erzählt Darwish. In den Wartejahren als Asylbewerber, ohne Geld und ohne Arbeit, habe er zu malen begonnen. Weil er aber keine Farben kaufen konnte, benutzte er die Lebensmittel aus den Essenspaketen: Kaffee, Olivenöl oder Seife. Heute malt er mit Acrylfarben, nur manchmal noch mit den Materialien von einst. So entstehen etwa durch die Beimischung von Öl glänzende Farbschichten und durch das Auftragen von Silikon oder das Einbringen von Linsen, Getreide oder Kaffeepulver reliefartige Strukturen. Darwish nutzt seine Finger, um die Farbe zu verteilen, auch Schüttungen ergeben abstrakte Kompositionen, aus denen er dann Figürliches herausarbeitet. Immer wieder sind es "Schatten im Wald", manchmal dicht aneinandergedrängte Menschen, die sich gegenseitig zu schützen versuchen oder aber gesichtslose Gestalten, die für eine "verwelkte Hoffnung", so ein Bildtitel, stehen. Das "Blut der Opfer" mischt sich mit dem "Rauschen des Meeres", es gibt Farbexplosionen in Orange und Rot, die für ein "Massaker" stehen, es gibt die "Narben der Hölle" und den "Schmerz des Himmels". Ein wiederkehrendes Motiv aber ist ein Baum, der tief verwurzelt ist und immer wieder neu austreibt: Es ist der "Baum der Hoffnung".

Die Ausstellung ist bis Ende Mai in der Akademie für Politische Bildung in Tutzing zu sehen. Alle Bilder können käuflich erworben werden,

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: