Mozart, Ravel und Beethoven:Generalprobe vor Publikum

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Beim Asia-Benefizkonzert mit „Wen-Sinn Yang & Friends“ spielen acht weitere Musiker von den Starnberger Musiktagen um Rudens Turku im Schloss Seefeld Werke von Mozart, Ravel und Beethoven. (Foto: Otto Klausmann/oh)

Cellist Wen-Sinn Yang und seine Freunde präsentieren im Sudhaus von Schloss Seefeld ein außergewöhnliches Konzert mit Werken, die es schon bald auf CD geben soll.

Von Reinhard Palmer, Seefeld

Es war kein Fehler, dass da im Programm unter den Bearbeitungen einiger Mozart-Werke „Alla Turku“ stand. Der österreichische Arrangeur und Komponist Alexander Krampe schnitt den Rondo-Schlusssatz der Klaviersonate A-Dur KV 331 „alla turca“ mit einer vorangestellten leidenschaftlich-virtuosen Einleitung explizit auf Rudens Turku zu. Wer den künstlerischen Leiter der Starnberger Musiktage kennt, wird die Wirkung erahnen.

Zu hören war sein feuriges Geigenspiel allerdings nicht, denn ausgerechnet der Initiator des CD-Projekts „Mostly Mozart“ fiel wegen Erkrankung aus. Aus Anlass der 25. Starnberger Musiktage in der Osterwoche gedacht, steht die Aufnahme bevor. Eine glückliche Koinzidenz, dass Wen-Sinn Yang mit von der Partie ist und zum zwölften Mal für Asia Deutschland als „Wen-Sinn Yang and Friends“ das CD-Programm sozusagen für eine Generalprobe vor Publikum nutzen konnte. Das Sudhaus war im Gastspiel bei Kultur im Schloss Seefeld brechend voll, denn die Benefizkonzerte des Cellisten Yang erfreuen sich seit jeher großer Beliebtheit.

Eine so große Besetzung ist in Seefeld selten zu hören. Dementsprechend überwältigend war auch der orchestrale Effekt, zumal die Bearbeitungen aus den Bühnenwerken Mozarts „Die Hochzeit des Figaro“, „Der Schauspieldirektor“ und mit der Arie der Königin der Nacht „Die Zauberflöte“ auf satte Fülle angelegt waren und mit packender Verve überzeugten. Als Primarius sprang hier aus dem Bayerischen Staatsorchester der kurzfristig am Vortag verpflichtete slowenische Geiger Matjaž Bogataj ein und buchstäblich ins eisig kalte Wasser: Er meisterte seinen Part mit Bravour. Auch sonst scheint es im Ensemble krankheitsbedingte Umbesetzungen gegeben zu haben. Dennoch präsentierte sich das Nonett mit Bogataj, Taia Lysy (Viola), Yang, Lluc Osca Ribera (Kontrabass), Stephanie Winker (Flöte), Kai Frömbgen (Oboe), Johannes Gmeinder (Klarinette), Malte Refardt (Fagott) und Lionel Speciale (Horn) als ein überraschend homogenes und präzis aufeinander abgestimmtes Ensemble.

Berührende Empfindsamkeit: Wen-Sinn Yang (re.) und Matjaž Bogataj. (Foto: Otto Klausmann/oh)

„Alla Turku“ wurde nicht nur wegen des Intros zum Ereignis, denn Krampe hielt sich nicht streng an den Text und fügte dem Satz, der im Grunde wenig Türkisches an sich hat, Elemente der damals in Wien modischen Janitscharenmusik hinzu. Es gelang ihm, einen echten türkischen Marsch daraus zu gewinnen. Einmal in Fahrt geraten, konnten Bogataj und Yang gleich die Duos op. 39 (Nr. 1, 3, 4, und 7) von Reinhold Moritzewitsch Glière (1874–1956) in wechselnden Rollen angehen. Der Sohn eines nach Russland ausgewanderten Sachsen und einer Polin war kein Avantgardist, vielmehr der russischen Nationalromantik verpflichtet – in reinster Form vor allem in der zart-lyrischen Berceuse (Nr. 3), in der Bogataj und Yang mit berührender Empfindsamkeit brillierten.

Wunderbar ausgesungen erklang schön melodische Lyrik über Arpeggio in der Canzonetta (Nr. 4). Die überaus originelle B-Dur-Sonate für Fagott und Violoncello KV 292 ist kein Duo mit gleichwertigen Instrumenten, ließ dennoch auch hier bedauern, dass es das einzige kammermusikalische Werk ist, das Mozart dem Fagott zugedacht hatte. Ob die zwei überlieferten Fagott-Konzerte jemals existiert haben, ist eher fraglich. Mit der packenden Sonate mit den beschwingten Rahmensätzen um ein Andante-Duett bewiesen Refardt und Yang Mozarts glänzende Einfühlungsfähigkeit in die Besonderheit der Besetzung, auch wenn vermutlich das Cello als Teil einer Continuo-Gruppe gedacht war.

Mozarts Quartette mit einem Blasinstrument und Streichern haben nicht selten einen konzertanten Charakter. Jedenfalls ist die Bläserstimme stets bravourös angelegt. So etwa das Oboenquartett F-Dur KV 370, für das Frömbgen dennoch eine überaus einfühlsame Lösung fand. Er hob seine Oboenstimme nur hauchdünn hervor und milderte ihr Temperament, um selbst in den tänzerisch-vergnüglichen Rahmensätzen eine blühende Geschmeidigkeit im Ensemblespiel zu gewinnen. Für den Meisteroboisten der nach München umgezogenen Mannheimer Hofkapelle Friedrich Ramm komponiert, durfte ein virtuoser Impetus dennoch nicht fehlen, ebenso die sangliche Schönheit des Instruments in der melancholischen Klage des Mittelsatzes.

Nachdem der 22-jährige Mozart die Flötenstimme im beliebten D-Dur-Quartett KV 285 einem versiert dilettierenden Arzt zugedacht hatte, war Winkers Aufgabe nicht gar so virtuos: Als Primaria eines sorgfältig ausbalancierten Ensembles fokussierte sie vielmehr das unentwegte Changieren im Klang wie in der Charakteristik. Ihren großen Auftritt im Adagio-Mittelsatz mit wehmütigem Gesang über Pizzicato-Begleitung kostete sie auf berührend schönmusikalische Weise aus.

Das erfrischend muntere Schluss-Rondeau begeisterte einmal mehr und setzte einen heiteren Schlusspunkt. Mit dem frenetischen Applaus vor der Pause, als das Nonett zu euphorischer Stimmung führte, konnte der Schlussapplaus zwar nicht mithalten, doch war die verkehrte Dramaturgie reisetechnisch notwendig: Als das Flötenquartett die Laune steigen ließ, waren zwei Musiker schon auf dem Weg zum Flughafen.

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