Sport:Ohne Wind übers Wasser fliegen

Lesezeit: 3 Min.

Jan Grebe auf seinem Proxyfoil. (Foto: Arlet Ulfers)

Jan Grebe hat ein Sportgerät entwickelt, mit dem sich im Winter wie im Sommer über den See gleiten lässt. Das Proxyfoil braucht dafür weder Wellen noch Motor oder Segel.

Von Katharina Dahme, Starnberg

Er sieht so aus, wie Surfer eben aussehen: Jan Grebe steht braun gebrannt, mit langen, von der Sonne gebleichten Haaren am Ufer des glitzernden Wassers und grinst. Die Badeshorts mit Hawaii-Blumen und das bunte Hemd komplettieren das Bild.

Der Beach-Boy-Ingenieur hat ein neues Sportgerät erfunden, das Proxyfoil. Wenn er damit über den See hüpft, sieht es so aus, als würde er streckenweise fliegen. Doch bevor er zu fliegen beginnt, erzählt der 52-Jährige von seiner Erfindung. Die erste Idee dazu entstand etwa 2004. „Ich wollte andere Wege als die Surf-Industrie gehen“, sagt er. Diese produziere nämlich ganz schön viel Sondermüll und dem Starnberger See fehlt es einfach an großen Wellen.

Bis seine Idee dann verwirklicht wurde, dauerte es ein wenig. Der Corona-Lockdown kam da gerade recht. „Was willst du da anderes machen, als zu basteln?“, sagt Grebe und lacht. Und so begann er in seiner Werkstatt bei sich zu Hause zu schrauben und zu rechnen. Unzählige Excel-Tabelle voll, meint er. Bis er zufrieden war, brauchte es um die 20 Prototypen. „Jede Woche was ausprobieren, jede Woche was verändern“ war sein Credo. Und als es funktionierte, patentierte er das Proxyfoil. Ein echtes Starnberger Original also. Der Ingenieur hat schon immer an Booten und anderen Wassersportgeräten getüftelt, aber das Proxyfoil ist seine ganz eigene Erfindung. Bis jetzt hat er ungefähr eine Handvoll verkauft, das Proxyfoil kostet zwischen 1500 Euro und 2500 Euro. Längere Stange, breitere Griffe, kleinerer Flügel: Jedes Gerät wird auf die Bedürfnisse der Nutzenden angepasst. Jan Grebe stellt das Sportgerät selbst her und ist mit den Verkaufszahlen zufrieden: „Es ist ja auch etwas ganz Neues!“ Trotzdem bräuchte er ein bisschen Unterstützung und würde sich deshalb über einen Marketing-affinen Mitstreiter freuen.

Das Proxyfoil besteht aus Aluminium, Edelstahl und Holz. Durch die Materialien und den Fakt, dass das Gerät in seine Einzelteile zerlegt werden kann, führt das einerseits zu einem leichten Transport, andererseits kann es getrennt recycelt oder weggeworfen werden. Die Nachhaltigkeit ist dem Starnberger sehr wichtig: „Das ist einfach zeitgemäß.“ Es kann auch direkt vor der Haustür losgelegt werden und keiner muss „den Wellen nach Ägypten hinterherfliegen.“ CO₂-arm ist es also auch. Durch das Einklappen der Stange passt das Gerät in jeden Kofferraum und kann sogar auf dem Rücken umhergetragen werden. Das Gerät wiegt nur knapp zehn Kilogramm und ist „reduced to the max“: Nichts ist überflüssig. Also kann nicht viel kaputtgehen. Und wenn doch: Die wenigen Einzelteile sind individuell ersetz- und reparierbar. „Es gibt nichts, was sich knickt und biegt“. So kann ein Proxyfoil lange verwendet werden.

Der Erfinder ist stolz auf sein Proxyfoil. (Foto: Arlet Ulfers)
Das Proxyfoil: Die lange Stange mit den Griffen kann eingefahren und eingeklappt werden. Der Flügel aus Holz kann je nach Anforderung kleiner und größer sein. (Foto: Arlet Ulfers)

Jetzt ist es so weit: Es geht ins Wasser! Jan Grebe verschwindet kurz hinter ein paar Bäumen, dann hört man ein Platschen und plötzlich fliegt eine Gestalt aus den Büschen am Ufer hervor. Durch schwingende Bewegungen erzeugt er einen Vor- und Auftrieb. Dabei nimmt er ganz schön an Geschwindigkeit auf. Proxyfoils mit einem großen Holzflügel sind langsamer, aber es kann länger gefahren werden. Geräte mit kleinerem Flügel können bis zu 20 Stundenkilometer schnell werden: „So schnell, aber so simpel“ schwärmt Grebe. Trotz des Tempos ist das Gerät sehr leise. Mit den kleinen Proxyfoils kann er auch Kunststücke und Sprünge aus dem Wasser ausführen. Darin liegt auch der Reiz für die Jüngeren, meint er: „Das Ganze soll wie ein Skateboard wirken. Es können zwar kurze Strecken gefahren werden, aber es schaut cool aus und macht Spaß!“

Kurze Strecken deshalb, weil es sehr anstrengend ist, gerade in der Sonne. Sobald Grebe aufhört, sich zu bewegen, versinkt er im See. Das Proxyfoil hat keinen Motor und wird durch pure „human power“ betrieben. Auch das war Jan Grebe wichtig: der sportliche Aspekt. Ein Proxyfoil zu bewegen, benötigt ein gewisses Können. „Ohne einen gewissen Schwierigkeitsgrad wäre es ja langweilig, aber in drei Tagen kann man es schon lernen.“ Und dann kann man sich steigern: von breiten Flügeln zu kurzen und dann zu den Kunststücken. Und das im Winter, wie im Sommer. Durch einen Neoprenanzug und die ständige Bewegung ist es im Winter nicht kalt. So wird es nie langweilig.

Grebe und sein Proxyfoil in Aktion. (Foto: Arlet Ulfers)

Es war Grebes Idee, sich an der versteckten Badestelle zu treffen. „Ich habe nirgends meine Ruhe, wenn ich mit dem Proxyfoil unterwegs bin.“ Und auch hier stehen schon bald die wenigen Besucher am Ufer und schauen interessiert dem Mann auf dem Wasser zu. „Das hab’ ich ja noch nie gesehen“, „Ist das neu?“, und „Spaßig schaut’s schon aus“ sind nur ein paar der Kommentare. Aber Grebe freut sich über die Aufmerksamkeit. „Ich habe noch nie was Schlechtes zu hören bekommen!“ Das mache ihn schon stolz. Aber mit dem Namen ist er noch nicht ganz zufrieden. Deshalb: „Immer her mit den neuen Ideen!“

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